Arterien und Venen verändern sich mit steigendem Lebensalter. Das Resultat sind Gefäßerkrankungen. Dr. Reginald Weiß, Chefarzt der Klinik für Angiologie der Zentralklinik Bad Berka und Dr. Thomas Kohl, Chefarzt der Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie, über Diagnostik, Therapien und natürlich Prävention.

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Kann man am Zustand der Gefäße das Alter und auch Lebensstil-Sünden erkennen?

Weiß: Ja, was wir sagen können, das ist das biologische Alter. Es gibt verschiedene Gefäßuntersuchungen, nicht invasiv und auch invasiv, um die Gefäßalterung festzustellen, also zum Beispiel Gefäßablagerungen durch die Duplexuntersuchungen zu erkennen. Mein Anliegen ist auch, jungen Leuten zu erklären, dass Gefäße den Raubbau in der Jugend nicht vergessen, dazu gehört z. B. Rauchen.

Kohl: Es gibt 60-jährige Patienten, die haben Gefäße wie ein 80-jähriger. Und es gibt 80-jährige Patienten, deren Gefäße aussehen wie die eines 50-jährigen. Es gibt Untersuchungen, dass bereits im Alter von 20 bis 30 Jahren Gefäßveränderungen auftreten. Wesentliche Risikofaktoren sind Rauchen und Diabetes mellitus. Auch Fettstoffwechselstörungen und erblich bedingte Veränderungen schaden den Gefäßen.

Dr. Thomas Kohl, Chefarzt der Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie (links), und Dr. Reginald Weiß, Chefarzt der Klinik für Angiologie der Zentralklinik Bad Berka.
Dr. Thomas Kohl, Chefarzt der Klinik für Thorax- und Gefäßchirurgie (links), und Dr. Reginald Weiß, Chefarzt der Klinik für Angiologie der Zentralklinik Bad Berka. © Zentralklinik Bad Berka GmbH | Delf Zeh

Kann man selbst Durchblutungsstörungen feststellen?

Kohl: Ja, die Arm-Bein-Blutdruckmessung wird bei Durchblutungsstörungen angewandt, um erst einmal einen Hinweis zu haben. Das heißt, man misst den Blutdruck am Arm und am Bein und wenn der Blutdruck am Bein niedriger ist als am Arm, dann kann dies schon ein Hinweis auf eine mögliche Durchblutungsstörung sein.

Dann geht man zum Arzt und was passiert dann?

Weiß: Es gibt unterschiedliche Messmethoden. Es gibt die oszillographische Messung, um innerhalb von einer Minute an 4 verschiedenen Stellen die Durchblutung an den Extremitäten zu messen. Und dann, wenn das beim Hausarztbesuch auffällig ist, muss man einen Angiologen kontaktieren, um eine Doppler-Untersuchung anzuschließen. Es gibt ja nicht nur Durchblutungsstörungen am Bein, sondern auch am Arm. Das ist auch etwas, was man zuhause machen kann: den Blutdruck immer beidseitig untersuchen. Das wird häufig zu wenig gemacht.

Was sind die Warnzeichen für Aneurysmen?

Kohl: So ganz häufig ist es nicht. Eigentlich merkt man das Aneurysma nicht, es verursacht keine Beschwerden. Es gibt eine Screening Untersuchung ab 65, die jeder männliche Patient einmal in seinem Leben von der Kasse bezahlt bekommt. In jeder Hausarztpraxis existiert ein Ultraschallgerät, mit dem man die Bauchschlagader sehr gut einsehen kann. Wir sehen auch häufig Patienten, die vom Urologen überwiesen wurden, weil sich das Aneurysma beim Ultraschall der Nieren gezeigt hat. Ein Aneurysma ist bei Männern so ab 5,5 cm, bei Frauen ab 5 cm therapiepflichtig. Bei Frauen ist die Größe geringer, weil sie physiologisch bedingt ein erhöhtes Ruptur-, also Einrissrisiko haben. Bei Frauen tritt dies im höheren Alter, so ab 75 auf. Bis zu den Wechseljahren sind sie durch die weiblichen Sexualhormone geschützt, aber danach haben sie ungefähr das gleiche Risiko.

Weiß: Eine wichtige Rolle bei Gefäßerkrankungen spielt natürlich auch die Genetik. Jeder, der in seiner Familie Betroffene hat, sollte noch aufmerksamer sein. Das trifft auch auf Aneurysmen zu.

Sich regelmäßig untersuchen lassen, nicht rauchen, gesunde Ernährung und Bewegung – jeder weiß, was gut für den Körper ist. Gibt es Lebensmittel oder Sportarten, die die Gefäße mögen?

Weiß: Gesunde Ernährung, also vitaminreich, ist wichtig, viel Obst und Gemüse, wenig Fleisch, wenig Fett. Auf sein Gewicht zu achten, gehört auch dazu, ebenso wie natürlich regelmäßige sportliche Aktivität. Die Gefäße kann man auch im Alter noch trainieren.

Kohl: Bei der Bewegung ist die Regelmäßigkeit das Entscheidende. Also drei- bis viermal pro Woche ist schon gut. Je länger, umso besser und auch nicht ein ganz so hartes Training.

Weiß: Es ist heute wahrscheinlich kein Problem, 100 zu werden. Die Lebensumstände der Patienten haben sich deutlich gebessert und die Leute werden älter und das ist auch schön. Und wir leisten, so denke ich, schon einen wichtigen Beitrag, dass die Leute auch dieses Lebensalter erreichen.

Interview: Anke Geyer