Jena. Energiewende vor Ort (4): Stadtwerke entwickeln einen konkreten Fahrplan für die Umstellung. Investitionen werden ab 2025 schrittweise umgesetzt werden.

Von hoher energetischer Dichte, aus Strom und Wasser fast überall zu erzeugen, unter Einsatz von Ökostrom komplett frei von Kohlendioxid – Wasserstoff gilt als der vielversprechendste Weg heraus aus der Abhängigkeit vom fossilen Energieträger Erdgas. Entsprechend aktiv treiben die Stadtwerke Jena Netze die Umnutzung ihres Erdgasnetzes als Verteilnetz für grünen Wasserstoff voran.

Kein Hexenwerk

Auf der Suche nach schnellen und effizienten Methoden, den Klimawandel und seine Folgen aufzuhalten: Unsere Redaktion beleuchtet in einer kleinen Serie gemeinsam mit den Stadtwerken, dass die Energiewende vor Ort kein Hexenwerk ist.

Schon 2028 könne in Jena der erste Wasserstoff durch Stadtwerke-Leitungen fließen, sagt Christian Dornack, Bereichsleiter Strategie bei den Stadtwerken Jena Netze. Gemeinsam mit dem Branchenexperten DBI aus Leipzig entwickelt sein Team gerade einen konkreten Fahrplan für die Umstellung. Da Wasserstoff andere Eigenschaften als das mehrheitlich aus Methan bestehende Erdgas aufweist, werden derzeit alle Leitungen, Anlagen und Armaturen auf ihre Dichtigkeit hin überprüft. Fest stehe schon jetzt: Die Infrastruktur wird zu großen Teilen H2-ready sein. Notwendige Investitionen werden aktuell identifiziert und sollen ab 2025 schrittweise umgesetzt werden.

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Wasserstoff-Kernnetz verläuft entlang der Autobahn A4

„In Jena sind die Voraussetzungen zur Nutzung von leitungsgebundenem Wasserstoff äußerst günstig“, erläutert Dornack. Das geplante Wasserstoff-Kernnetz verläuft unter anderem entlang der Autobahn A4 und bringt den begehrten Brennstoff bis an die Stadttore heran. Dort soll 2027/2028 eine neue Übernahmestation entstehen und den bis dann verfügbaren Wasserstoff ab 2028 von Süden ins städtische Verteilnetz einspeisen. Da im Norden noch eine weitere Übernahmestation für Erdgas vorhanden ist, können beide Gasnetze (zunächst) parallel weiterbetrieben werden. „Niemand muss also Sorge haben, dass wir ihm einfach so den Gashahn zudrehen“, sagt Christian Dornack. Fest stehe aber auch: Wenn Jena bis 2035, die Fernwärme in Thüringen bis 2040 und Deutschland bis 2045 klimaneutral werden wollen, ist perspektivisch ein Ausstieg aus der Nutzung des fossilen Erdgases nötig. Und: „Wasserstoff wird Erdgas nicht 1:1 ersetzen können“, ist Christian Dornack überzeugt.

Christian Dornack, Bereichsleiter Strategie bei den Stadtwerken Jena Netze.
Christian Dornack, Bereichsleiter Strategie bei den Stadtwerken Jena Netze. © Stadtwerke Jena

Für Privatkunden weniger attraktiv

Inwieweit Wasserstoff in ausgewählten Quartieren künftig auch zum Heizen sinnvoll genutzt werden kann, wird aktuell im Rahmen der Kommunalen Wärmeplanung der Stadt Jena bewertet. Ein von der Stadt Jena beauftragtes Institut prüft in diesem Rahmen auch alternative Wärmelösungen für jene Stadtteile, in denen bisher mit Erdgas geheizt wird und Wasserstoff gegebenenfalls nicht geeignet wäre. Bis Ende des Jahres sollen erste Ergebnisse dazu vorliegen.

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Aus Sicht der Stadtwerke ist der Einsatz von Wasserstoff aufgrund seiner geringen Verfügbarkeit und des vermutlich hohen Preises für Privatkunden weniger attraktiv. „Wir sehen vor allem Anwendungen in Industrie und Gewerbe, außerdem in Kraftwerken, die neben Wärme auch grünen Strom erzeugen können”, schildert Dornack. Erste interessierte Ankerkunden ab 2028 konnten die Stadtwerke Jena Netze bereits für den grünen Brennstoff gewinnen. „Bis Ende Juni sollten sich weitere Unternehmen bei uns melden, die ab 2028 ebenfalls Bedarf an Wasserstoff haben“, macht Dornack den Handlungsbedarf klar. Angesprochen seien insbesondere Industriebetriebe, die künftig Wasserstoff (statt Erdgas) in der Produktion nutzen wollten. „Uns ist völlig klar, dass diese Bedarfe derzeit nur Schätzungen sein können. Dennoch sind diese für uns wichtig, um die notwendige Übernahmestation aus dem vorgelagerten Netz und das Zielnetz für Jena planen zu können.“