Dortmund. Bert Trautmann, Guido Buchwald, Bastian Schweinsteiger, Horst Hrubesch, Otto Rehhagel und Jupp Heynckes erweitern die Hall of Fame.

Bastian Schweinsteiger ist überrascht. Überrascht über diese besondere Ehre: Der einstige Weltklasse-Mittelfeldspieler gehört zu den insgesamt sechs Neuaufnahmen in die Hall of Fame des deutschen Fußballs, die Ruhmeshalle, die seit 2018 im Fußballmuseum in Dortmund beheimatet ist. Obwohl er doch die Karriere noch gar nicht so lange beendet hat.

Doch weil die Sportjournalisten in der Jury nun die Jahrgänge 2023 und 2024 beriefen, waren Spieler, die spätestens 2019 aufgehört haben, wählbar – und damit auch Schweinsteiger. Der Weltmeister von 2014 ist der jüngste unter den Neuzugängen für die Hall of Fame, er ist auch einer der erfolgreichsten – allerdings ging es der Jury bei ihren Diskussionen nicht allein um die Frage, wer wie viele Pokale gesammelt hat. Nein, es ging auch um die Frage, wer den deutschen Fußball geprägt oder im Ausland würdig vertreten hat. So kam eine illustre Runde aus großen Persönlichkeiten zusammen.

Bert Trautmann: Erst abgelehnt, dann verehrt

In England gilt der 1923 in Bremen geborene Bert Trautmann noch immer als einer der besten Torhüter der Geschichte. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nahmen ihn britische Truppen gefangen, 1949 unterschrieb er einen Vertrag als Torhüter beim Erstligisten Manchester City – rund 20.000 Menschen demonstrierten damals gegen diese Entscheidung.

Bert Trautmann taucht im FA-Cup-Finale mit Manchester City gegen Birmingham City nach dem Ball – und bricht sich in dieser Szene das Genick, wie sich erst nach dem Spiel herausstellen soll.
Bert Trautmann taucht im FA-Cup-Finale mit Manchester City gegen Birmingham City nach dem Ball – und bricht sich in dieser Szene das Genick, wie sich erst nach dem Spiel herausstellen soll. © Getty Images | Hulton Archive

1956 aber wurde Trautmann zu Englands Fußballer des Jahres gewählt und gewann den FA Cup. Im Finale rettete er seiner Mannschaft mit herausragenden Paraden den Sieg, obwohl er – wie sich später herausstellen sollte – während der Partie einen Genickbruch erlitten hatte. Als er nach 545 Spielen seinen Abschied von den Citizens nahm, widmete ihm der Klub ein Abschiedsspiel in einem völlig überfüllten Stadion. 2013 starb Trautmann in Spanien – im vergangenen Jahr wäre er 100 Jahre alt geworden.

Guido Buchwald: Der Mann, der Maradona stoppte

Geboren in Berlin, wurde der Abwehrspieler zur großen Identifikationsfigur beim VfB Stuttgart. Zwei Meisterschaften holte er mit den Schwaben, 1984 und 1992. Buchwald bestritt 76 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft, sein wohl größtes im Weltmeisterschaftsfinale 1990, als er den Weltklassespieler Diego Maradona überhaupt nicht zur Entfaltung kommen ließ. „Das ist eine tolle Auszeichnung und es macht mich stolz, in den elitären Kreis mit Persönlichkeiten wie Franz Beckenbauer, Wolfgang Overath, Uwe Seeler und Lothar Matthäus aufgenommen zu werden“, freut sich der 63-Jährige.

Der Schattenmann: IM WM-Finale 1990 nahm Guido Buchwald den argentinischen Ausnahmespieler Diego Maradona weitgehend aus dem Spiel.
Der Schattenmann: IM WM-Finale 1990 nahm Guido Buchwald den argentinischen Ausnahmespieler Diego Maradona weitgehend aus dem Spiel. © dpa | Frank Kleefeldt

Bastian Schweinsteiger: Der Stehaufmann

In jungen Jahren ein Hallodri, der nachts mit einer jungen Dame im Whirlpool des FC Bayern erwischt wurde. Doch der Mittelfeldspieler reifte neben und vor allem auf dem Platz, er war als Sechser über Jahre eine prägende Figur des FC Bayern und der Nationalmannschaft – und für beide Teams war es eine außergewöhnlich erfolgreiche Zeit. Mit den Bayern gewann er 2013 die Champions League, nachdem er im Jahr zuvor noch den entscheidenden Elfmeter im „Finale dahoam“ an den Pfosten gesetzt hatte.

Schwer gezeichnet: Bastian Schweinsteiger verlässt, gestützt von Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Physiotherapeut Klaus Eder, das Spielfeld – kehrt im WM-Finale 2014 aber trotz aller Beschwerden immer wieder zurück auf den Platz.
Schwer gezeichnet: Bastian Schweinsteiger verlässt, gestützt von Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Physiotherapeut Klaus Eder, das Spielfeld – kehrt im WM-Finale 2014 aber trotz aller Beschwerden immer wieder zurück auf den Platz. © dpa | Andreas Gebert

Mit der Nationalmannschaft gewann er in Brasilien die Weltmeisterschaft – und die Bilder, wie er sich trotz Platzwunde im Gesicht und schmerzhafter Fouls im Endspiel immer wieder aufrappelte, machten ihn endgültig zur deutschen Fußball-Ikone. „Es ist eine große Ehre, mich neben so großartigen Fußballspielern einreihen zu dürfen“, meint der 39-Jährige, als die Überraschung über die frühe Berufung überwunden ist.

Horst Hrubesch: Das Kopfballungeheuer

Erst mit 24 begann bei Rot-Weiss Essen die Profikarriere. Mit dem Hamburger SV wurde das „Kopfballungeheuer“ 1979, 1982 und 1983 Deutscher Meister und gewann 1983 den Europapokal der Landesmeister. 1980 sorgte sein Doppelpack im Europameisterschafts-Finale für den 2:1-Sieg gegen Belgien.

Sein bislang letzter von vielen Erfolgen: Horst Hrubesch coacht die deutsche Nationalmannschaft um Vivien Endemann zu den Olympischen Spielen in Paris.
Sein bislang letzter von vielen Erfolgen: Horst Hrubesch coacht die deutsche Nationalmannschaft um Vivien Endemann zu den Olympischen Spielen in Paris. © Jürgen Fromme/firo Sportphoto | Jürgen Fromme

Dass er den Kopf nicht nur zum Köpfen hat, bewies er als Trainer: Die deutsche U19-Nationalmannschaft führte er zum EM-Sieg, die U21 ebenso, bei den Olympischen Spielen 2016 holte er Silber und jüngst führte er die deutschen Frauen zu den Sommerspielen in Paris. „Ich hatte in meinem Leben immer wieder Aufgaben vor mir, für die ich viel investieren musste“, sagte der 73-Jährige. „Wenn man dafür jetzt in die Hall of Fame aufgenommen wird, ist das eine tolle Bestätigung.“

Otto Rehhagel: Der Überraschungs-Europameister

In 832 Bundesligaspielen stand der gebürtige Essener Otto Rehhagel an der Seitenlinie, damit führt er die Trainer-Rangliste mit großem Abstand an. Auch seine 1382 Punkte sind Bestwert. 14 Jahre lang trainierte er Werder Bremen, gewann nationale und internationale Titel. Doch der ganz große Triumph gelang 2004: Der EM-Titel mit Griechenland war nichts weniger als eine Sensation.

Die Sensation: Otto Rehhagel darf mit den Spielern der griechischen Nationalmannschaft den EM-Pokal in die Höhe recken.
Die Sensation: Otto Rehhagel darf mit den Spielern der griechischen Nationalmannschaft den EM-Pokal in die Höhe recken. © Getty Images | Laurence Griffiths

„Ich war 16 Jahre alt, als Deutschland 1954 Weltmeister wurde“, erzählt der 85 Jahre alte Rehhagel heute. „Dieses Spiel gegen Ungarn, dieses 3:2, hat mich stark beeindruckt. Fritz Walter, Helmut Rahn, Sepp Herberger – das waren meine Helden damals. Mit ihnen heute gemeinsam in der Hall of Fame des deutschen Fußballs zu stehen, macht mich sehr glücklich. Und auch stolz.“

Jupp Heynckes: Der Triple-Trainer

Wenige Menschen haben den deutschen Fußball so geprägt wie der am Niederrhein geborene Jupp Heynckes: In den 1970er-Jahren gewann der schnelle und torgefährliche Stürmer mit Borussia Mönchengladbach vier deutsche Meisterschaften, zudem den DFB- und den Uefa-Pokal. Mit der Nationalmannschaft wurde er Europa- und Weltmeister.

Titelsammler: Jupp Heynckes mit (von links) dem Champions-League-Pokal, dem DFL-Supercup, der Meisterschale und dem DFB-Pokal – also allen Trophäen, die er in der Saison 2012/2013 mit dem FC Bayern holte.
Titelsammler: Jupp Heynckes mit (von links) dem Champions-League-Pokal, dem DFL-Supercup, der Meisterschale und dem DFB-Pokal – also allen Trophäen, die er in der Saison 2012/2013 mit dem FC Bayern holte. © dpa | Marc Müller

Als Trainer führte er Real Madrid 1998 zum Champions-League-Sieg, mit dem FC Bayern holte er 2013 gar das Triple. Die Aufnahme in die Hall of Fame bezeichnet der 79-Jährige als große Ehre. „Deshalb freue auch ich mich, nun diesem erlesenen Kreis anzugehören“, sagt er. „Ich empfinde diese Auszeichnung als Würdigung meiner Karriere als Spieler und Trainer.“