Essen. Der neue Fall „Monster“ ist selbst für die rauen Verhältnisse des „Tatort“ aus Dortmund bedrückend – aber er ist auch extrem gut.

Der Fall scheint schon gelöst. Da liegt ein Mann tot in seinem Partykeller und gleich neben ihm sitzt eine junge Frau. Blutüberströmt, das Messer noch in der Hand. Reden will die mutmaßliche Mörderin (Luisa Céline Gaffron) allerdings nur mit einem: Mit Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann). Und da ahnt der erfahrene Dortmund-Tatort-Zuschauer natürlich schon: So einfach wird die Sache nicht.

Stattdessen wird es schwierig, bedrückend und düster, selbst für Dortmunder Verhältnisse. Denn im 15. Fall des „Tatort: Monster “aus der Ruhrpottmetropole geht es um Kindesmissbrauch. Und um Fabers Intimfeind Markus Graf (Florian Bartholomäi) – in beiden Fällen also um „Monster“.

Nahezu zeitgleich mit dem Mord im Keller entführt Graf die kleine Tochter von Fabers Kollegen Pawlak (Rick Okon) und lässt sie auf einer Internetseite für Pädophile live zum Verkauf anbieten. Acht Stunden bleiben den Ermittler, um das Kind zu finden, dann erfolgt der Zuschlag an den Meistbietenden.

„Tatort“ aus Dortmund: Fabers Intimfeind stellt Ultimatum

Aber Graf wäre nicht Graf, hätte er nicht eine perfide Alternative. Faber müsse sich nur selbst umbringen, dann werde er das Versteck verraten, teilt er dem Kommissar bei einem Treffen über den Dächern Dortmunds mit, bevor er sich auf spektakuläre Weise der Verhaftung entzieht. Was folgt ist ein Dortmunder „Tatort“, der untypisch ist.

Statt sich zu streiten, ist das Quartett der Ermittler dieses Mal tatsächlich ein Team, wie eine eigentlich zerstrittene Familie, die sich angesichts großer Gefahr zusammenhält. Während der verzweifelte Pawlak und Nora Dalay (Aylon Tezel) in und um Dortmund nach Spuren des Kinderschänderrings suchen, kommt es im Präsidium zum einem Psychoduell zwischen Faber und der Kellermörderin, zwischen zwei Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben.

Faber ahnt schnell, dass diese Frau mehr weiß, als sie zugibt. Was er nicht ahnt, dass sie nicht nur Täterin ist sondern auch Opfer sexuellen Missbrauchs. Und dass es ausgerechnet Graf war, der ihr geholfen hat, sich an ihren Peinigern zu retten. Wofür sie ihm nun helfen will. Was es für Faber nicht leichter macht, ihr etwas über den Aufenthaltsort des Kindes zu entlocken.

„Tatort: Monster“: Dieser Fall ist extrem gutes Fernsehen

Es gibt nichts zu lachen in diesen 90 Minuten, gibt kaum eine Szene, in der die Beklemmung vor dem Bildschirm weichen will. Nicht obwohl, sondern gerade weil Regisseur Torsten C. Fischer auf brutale Bilder weitgehend verzichtet, vieles nur andeutet. Seine größte Intensität erreicht dieser Tatort in den ruhigen Augenblicken. In Szenen, in denen ein Blick mehr sagt als viele Worte. Weil es meist ein Blick in Abgründe ist, die man sich kaum vorstellen kann. Und von denen man weiß, dass sie im echten Leben wohl noch viel tiefer sind als im TV.

Ein paar winzige Logik-Löcher im Drehbuch fallen wegen der Spannung kaum auf. Nach dem Finale ist dann nicht alles gut, einiges aber besser. Gestandenen Fahndern des echten Lebens werden auf dem Weg dahin mehrfach die Haare zu Berge stehen, so oft weichen Faber, Pawlak, Delay und selbst die immer wieder völlig fassungslose Boenisch (Anna Schudt) von der Dienstvorschrift ab. Aber das ist egal, denn am Ende ist der Tatort ja Fernsehen. In diesem Fall extrem gutes Fernsehen.

• Sonntag, 2. Februar, 20.15 Uhr, ARD: „Tatort: Monster“

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