Berlin. Corona-Pause bei „Hart aber fair“: Beim Thema Klimawandel gab es hitzige Debatten – und reichlich Kritik an der deutschen Politik.

Beinahe schien es so, als hätte die Corona-Pandemie das wichtige Thema Klimawandel medial verdrängt. Doch nun fragte Frank Plasberg im Montagstalk: „Auf dünnem Eis – wie viel Zeit lässt uns der Klimawandel noch?“ Diese Frage zu beantworten, trauten sich weder die Gäste noch der Moderator. Er startete „Hart aber fair“ allerdings mit einem ungewohnt düsteren Fanal: „Wir Menschen können nicht behaupten, wir hätten nicht gewusst, dass wir gerade dabei sind, die Erde zu verheizen.“

Ein Satz, den jeder in der Talkrunde unterschreiben konnte. Über das Ziel, den Klimawandel zu stoppen, war man sich denn auch einig. Doch wie so oft steckte der Teufel im Detail. Und darüber wurde zum Teil heftig gestritten.

„Hart aber fair“: Zum Thema Klimawandel diskutierten:

  • Ralph Brinkhaus (CDU): Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
  • Antje Boetius: Meeresbiologin, als Direktorin des Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung hat sie die „Polarstern“-Arktis-Expedition koordiniert
  • Hannes Jaenicke: Schauspieler, Autor etlicher Natur- und Umweltdokumentationen
  • Carla Reemtsma: Studentin, Klima-Aktivistin, Mitorganisatorin der „Fridays for Future“-Demos
  • Dirk Spenner: Unternehmer, Chef des Familienunternehmens Spenner Zement

Aufhänger für die Talkshow war die Dokumentation „Expedition Arktis“. Die lief unmittelbar zuvor im Ersten. Koordiniert hat die größte Arktis-Expedition aller Zeiten mit rund 300 Wissenschaftlern aus 20 Nationen und einem Budget von 150 Millionen Euro Antje Boetius .

Die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung erklärte in der Talkshow auch, warum ein Durchbruch in der Arktis-Forschung so wichtig ist: „Das Eis in der Arktis ist ein Indikator für die Erderwärmung. Es verändert sich enorm schnell. Schneller als wir es vorhergesagt haben. Wenn wir so weitermachen wie bisher, sind wir die letzte Generation mit eisbedeckter Arktis.“

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Hannes Jaenicke kritisiert Klimapolitik: „Es wird gelabert und gelabert“

Keine guten Aussichten für unseren Planeten. Der Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke zeigte sich daher ein ums andere Mal verärgert über die Untätigkeit der Politik: „Es wird gelabert und gelabert“, echauffierte er sich. Er sehe weder eine Energiewende noch Taten. Was wiederum CDU-Politiker Ralph Brinkhaus nicht auf sich sitzen lassen wollte: „Es wird vielleicht nicht genug getan. Aber dass wir gar nichts tun, stimmt nicht.“ Ralph Brinkhaus zählte immer wieder minuziös die Maßnahmen der Regierung auf. Die Bepreisung des Klimakillers CO2 etwa. Das ambitionierte Klimaschutzprogramm oder die Förderung von Elektromobilität.

Dennoch bekam Brinkhaus viel Gegenwind. Vor allem von Hannes Jaenicke: „Das ist alles wahr. Aber es passiert zu wenig und zu spät.“ Auch Klima-Aktivistin Carla Reemtsma war überzeugt, dass die Politik zu zögerlich agiert. Sie warnte: „Es geht nicht nur um abstrakte Bilder vom Polareis, sondern um menschliche Existenzen, die durch den Klimawandel bedroht sind. Insbesondere in Ländern, die nicht dazu beigetragen haben.“ Sie warb dafür, darüber nachzudenken, was in unserer Verantwortung liegt.

Schauspieler Hannes Jaenicke setzt sich seit Jahren für den Klimaschutz ein. Bei „Hart aber fair“ fragte er unter anderem: „Warum gibt es so viel Billigfleisch?“
Schauspieler Hannes Jaenicke setzt sich seit Jahren für den Klimaschutz ein. Bei „Hart aber fair“ fragte er unter anderem: „Warum gibt es so viel Billigfleisch?“ © dpa | Sven Hoppe

Jaenicke: „Brauchen wir dicke Autos und Billigflüge wirklich?“

Für Hannes Jaenicke lag die Antwort auf der Hand: „Jeder kann und sollte etwas tun. Wir sollten unseren Wohlstand infrage stellen. Brauchen wir dicke Autos und Billigflüge wirklich?“ Hannes Jaenicke wäre sofort für ein Verbot von Plastik. Oder zumindest für ein intelligente Bepfandung. Außerdem fragte er sich: „Warum gibt es so viel Billigfleisch?“

Prompt lag er wieder mit Ralph Brinkhaus im Clinch, der sich übrigens auch nicht als Freund von Billigfleisch herausstellte. Vielmehr erinnerte Gastgeber Frank Plasberg daran, dass Brinkhaus Anfang des Jahres gesagt hatte: „Ich schäme mich nicht dafür, dass ich die Leute vertrete, die mit einem Verbrennungsmotor unterwegs sind, Nackensteak essen und fleißig sind. Diese Leute sind das Rückgrat unserer Gesellschaft.“

Nach einer hitzigen Debatte darüber, ob nicht eher radelnde Veganer das Rückgrat unserer Gesellschaft seien, stellte Ralph Brinkhaus versöhnlich klar: „Das Rückgrat setzt sich aus mehreren Gruppen zusammen.“ Er plädierte dafür, die Menschen insgesamt bei den Maßnahmen zum Klimaschutz mitzunehmen, statt mit dem erhobenen Zeigefinger dazusitzen und von Verboten zu reden.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus kam beim Klima-Talk bei „Hart aber fair“ kaum einmal aus der Defensive.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus kam beim Klima-Talk bei „Hart aber fair“ kaum einmal aus der Defensive. © AFP | Tobias Schwarz

Unternehmer: Für klimaneutrale Industrie braucht es andere Infrastruktur

Einen anderen, nicht minder wichtigen Aspekt beleuchtete Unternehmer Dirk Spenner . Er hat als Chef des Familienunternehmens Spenner Zement viel Erfahrung mit einem energieintensiven Industriezweig und wusste: „Wenn wir klimaneutral werden wollen, brauchen wir Unmengen an erneuerbaren Energien. Dafür ist eine entsprechende Infrastruktur erforderlich. Das heißt, dass Windräder und Pipelines da stehen werden, wo wir sie vielleicht nicht haben wollen. Wenn wir nicht bereit sind, darüber zu reden, sind wir nicht bereit für das Thema.“

Zustimmung bekam Dirk Spenner von Antje Boetius. Mit Blick auf den „European Green Deal“ der EU-Kommission sagte sie: „Wenn sich die großen Stellschrauben in der Industrie ändern sollen, braucht man dafür einen politischen Rahmen. Dann geht es voran.“

Dass mehr Klimaschutz angesichts der steigenden Erderwärmung dringend nötig ist, fanden auch die Zuschauer, die sich wie gewohnt interaktiv in die TV-Debatte einbringen konnten. Ein Vorschlag: „Weniger Konsum, weniger Reisen, weniger arbeiten, weniger Geld.“ Dafür das Zuhause hyggelig machen.

Andere waren der Meinung, man muss sich den Klimaschutz als Normalverdiener auch leisten können. Viele wünschten sich nun von Politik einfach mal mehr Wumms fürs Klima. Dass das geht, hat die Corona-Pandemie gezeigt.

Eisbären leiden unter dem Klimawandel

Große dunkle Knopfaugen, helles flauschiges Fell: Eisbären gehören neben den Kodiak-Bären zu den größten fleischfressenden Landsäugetieren. Und sie stehen vor einem existenziellen Problem: Ihr Lebensraum schwindet. Am 27. Februar ist Welt-Eisbärentag.
Große dunkle Knopfaugen, helles flauschiges Fell: Eisbären gehören neben den Kodiak-Bären zu den größten fleischfressenden Landsäugetieren. Und sie stehen vor einem existenziellen Problem: Ihr Lebensraum schwindet. Am 27. Februar ist Welt-Eisbärentag. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
Der Eisbär ist das Symbol für die Arktis. Doch der Klimawandel und die Jagd gefährden sein Überleben. Die Organisation „Polar Bears International“, eine der größten Initiativen zur Rettung der „weißen Riesen“, schätzt einen Rückgang der Population um zwei Drittel bis zum Jahr 2050 – sollte sich bei gleichbleibenden Bedingungen nichts ändern.
Der Eisbär ist das Symbol für die Arktis. Doch der Klimawandel und die Jagd gefährden sein Überleben. Die Organisation „Polar Bears International“, eine der größten Initiativen zur Rettung der „weißen Riesen“, schätzt einen Rückgang der Population um zwei Drittel bis zum Jahr 2050 – sollte sich bei gleichbleibenden Bedingungen nichts ändern. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
In der Arktis gibt es laut Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN nur noch rund 26.000 Eisbären. Der durch den Klimawandel begründete Verlust des Packeises zählt zur größten Bedrohung für das Überleben der Tiere.  Auch in der Antarktis wird es immer wärmer.
In der Arktis gibt es laut Angaben der Weltnaturschutzunion IUCN nur noch rund 26.000 Eisbären. Der durch den Klimawandel begründete Verlust des Packeises zählt zur größten Bedrohung für das Überleben der Tiere. Auch in der Antarktis wird es immer wärmer. © iStock | Lanaufoto
Das Eis ist erschreckend weit zurückgegangen. Der Lebensraum der Eisbären schmilzt.
Das Eis ist erschreckend weit zurückgegangen. Der Lebensraum der Eisbären schmilzt. © imago stock&people | United Archives
Für die Jagdstrategie von Eisbären ist Eis wesentlich. Wenn flinke Ringelrobben aus Löchern auftauchen, um Luft zu schnappen, schlagen sie normalerweise zu. Doch ohne Eis gibt es keine Luftlöcher.
Für die Jagdstrategie von Eisbären ist Eis wesentlich. Wenn flinke Ringelrobben aus Löchern auftauchen, um Luft zu schnappen, schlagen sie normalerweise zu. Doch ohne Eis gibt es keine Luftlöcher. © imago stock&people | imagebroker
Für die Eisbären wird es immer schwieriger, Nahrung zu finden.
Für die Eisbären wird es immer schwieriger, Nahrung zu finden. © www.arctic-dreams.com | Kerstin Langenberger
Seit der Industrialisierung produziert der Mensch mehr Kohlendioxid und andere Treibhausgase, als die Natur wieder aufnehmen kann. Dieser menschengemachte Treibhauseffekt hat die Luft bereits erwärmt und führt so dazu, dass sich das Klima auf der Erde ändert.
Seit der Industrialisierung produziert der Mensch mehr Kohlendioxid und andere Treibhausgase, als die Natur wieder aufnehmen kann. Dieser menschengemachte Treibhauseffekt hat die Luft bereits erwärmt und führt so dazu, dass sich das Klima auf der Erde ändert. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
Eisbären verbringen die ersten beiden Lebensjahre bei der Mutter.
Eisbären verbringen die ersten beiden Lebensjahre bei der Mutter. © imago stock&people | imagebroker
Ihr dichtes, öliges Fell ...
Ihr dichtes, öliges Fell ... © imago/All Canada Photos | imago stock&people
... schützt den Eisbären vor Kälte und Nässe.
... schützt den Eisbären vor Kälte und Nässe. © imago | Nature Picture Library
Das potenzielle Höchstalter von Eisbären wird in freier Wildbahn auf etwa 25 bis 30 Jahre geschätzt.
Das potenzielle Höchstalter von Eisbären wird in freier Wildbahn auf etwa 25 bis 30 Jahre geschätzt. © imago | Nature Picture Library
Doch die globale Erwärmung ...
Doch die globale Erwärmung ... © imago | Nature Picture Library
... bedroht die Eisbärenpopulation.
... bedroht die Eisbärenpopulation. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
Dieses kleine Eisbär-Baby braucht sich keine Sorgen über seinen Lebensraum zu machen. Das Jungtier wurde im November in der Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen geboren. Seit Ende Februar steht fest: Es ist ein Mädchen.
Dieses kleine Eisbär-Baby braucht sich keine Sorgen über seinen Lebensraum zu machen. Das Jungtier wurde im November in der Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen geboren. Seit Ende Februar steht fest: Es ist ein Mädchen. © dpa | ---
Plüschiges Bündel mit schwarzen Knopfaugen – und ganz schön berühmt: Knut war das erste Eisbärenjunge im Zoologischen Garten Berlin seit 30 Jahren. Er wurde am 5. Dezember 2006 geboren.
Plüschiges Bündel mit schwarzen Knopfaugen – und ganz schön berühmt: Knut war das erste Eisbärenjunge im Zoologischen Garten Berlin seit 30 Jahren. Er wurde am 5. Dezember 2006 geboren. © imago | Metodi Popow
Knut wurde von Tierpfleger Thomas Dörflein von Hand aufgezogen. Die beiden erfuhren ein enormes nationales und internationales Medienecho.
Knut wurde von Tierpfleger Thomas Dörflein von Hand aufgezogen. Die beiden erfuhren ein enormes nationales und internationales Medienecho. © imago | Olaf Wagner
Im März 2011 starb Knut mit nur vier Jahren vor den Augen der Zoobesucher.
Im März 2011 starb Knut mit nur vier Jahren vor den Augen der Zoobesucher. © imago stock&people | IPON
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