Essen. Wilsberg will im realexistierenden Bielefeld einen alten Kumpel aus dem Knast holen. Der Regie gehen allerdings die Pferde durch.

Eigentlich will Georg Wilsberg (Leonard Lansink) mit Ekki Talkötter (Oliver Korittke) und Nichte Alex (Ina Paule Klink) zum Essen gehen. Doch Alex sagt ab – sie ist auf dem Weg zu einem Juristenkongress in Toronto. Und den Rest des Vorhabens erledigt ein telefonischer Hilferuf aus Bielefeld.

Ein alter Kumpel von Wilsberg sitzt im Knast. Manni Höch (Heinrich Schafmeister), Leiter des städtischen Bauamtes, soll im Rahmen des Bauprojekts „Bielefeld 23“ Schmiergelder kassiert haben.

Hauptkommissarin Springer hält Overbeck per Handy auf Trab

Wilsberg und Ekki machen sich sofort auf den Weg. Sie sind nicht die einzigen, die – zum zweiten Mal in der Geschichte der Wilsberg-Krimis – ihren Arbeitsbereich von Münster nach Ostwestfalen verlagern. Hauptkommissarin Springer weilt zwar in Kur (Rita Russek spielt im 66. Fall nicht mit), hält aber Oberkommissar Overbeck (Roland Jankowsky) per Handy auf Trab und verdonnert ihn dazu, doch mal ein Auge auf ihr in Bielefeld Psychologie studierendes Patenkind Merle (Janina Fautz) zu haben.

Im real existierenden Bielefeld steht nicht nur Mannis Ruf zur Disposition; wegen des Bestechungsverdachts ist das ganze Projekt von Bauunternehmer Herwarth (Rüdiger Klink) gefährdet. Der will auf einem Gelände, auf dem bislang Hilfseinrichtungen für Behinderte ansässig waren, ein gigantisches Einkaufszentrum errichten.

Manni war, mit guten Gründen, dafür, seine Stellvertreterin Margot Becker (Karin Giegerich) entschieden dagegen. Hat sie vielleicht etwas mit der offensichtlichen Verschwörung zu tun? Und wer ist der geheimnisvolle Journalist W., der mit angeblichen Insider-Informationen den Skandal um das Stadtentwicklungsprojekt „Bielefeld 23“ immer weiter anheizt?

Mit jedem Gag verliert die Geschichte an Schlüssigkeit

Ihre Popularität verdanken die Wilsberg-Fälle, darin dem Münsteraner Tatort nicht unähnlich, dem Etikett Schmunzelkrimi. Sehr oft bilden gerade die amüsanten, manchmal geradezu schrägen Intermezzi die Scharniere, die eine mit leichter Hand konstruierte, dabei durchaus spannende Geschichte zusammenhalten.

Doch diesmal gehen mit Buch (Stefan Rogall) und Regie (Dominic Müller) die sprichwörtlichen Pferde durch. Hinter dem ominösen Journalisten verbirgt sich ausgerechnet Merle, die sich durch den investigativen Nebenjob ihr Studium finanziert; ihr Kürzel „W.“ steht natürlich für Wallraff. Niemand wird argwöhnisch, als Wilsberg sich als angeblich neuer Hausmeister durch die Behörde schnüffelt.

Ekki beflirtet nicht nur ermittlungstaktisch Mannis Sekretärin. Overbeck, der ständig mit der Chefin telefoniert, verstrickt sich in einen Hahnenkampf mit seinem Bielefelder Pendant. Gegen diesen präpotenten, ignoranten, abgrundtief dummen Drechshage (wirklich toll: Stefan Haschke) ist er freilich ein Waisenknabe, fast ein Muster-Beamter.

Über jeden neuen Gag verliert die ohnehin nicht auf Glaubwürdigkeit bedachte Geschichte an Schlüssigkeit und Spannung. Am Ende dürfte sich auch so manch eingefleischter Wilsberg-Fan fragen, an welchem Punkt der Spaß-Faktor in Nerv-Faktor umgekippt ist.