Jena. Der Ortsteilrat schlägt vor den gestalteten Platz vor dem Rewe in Winzerla nach dem ersten Opfer des NSU zu benennen. Doch die Stadtverwaltung zögert.

Den gestalteten Platz vor dem Rewe in Winzerla nach NSU-Opfer Enver Simsek zu benennen, ist ein Vorschlag des Ortsteilrates. Dass die Stadtverwaltung eher zögerlich darauf reagiert, wird von Kommunalpolitikern kritisiert.

„Wieso der OB das ablehnt, kann ich nicht nachvollziehen“, sagte die stellvertretende Ortsteilbürgermeisterin Julia Langhammer (Linke). In Jena und insbesondere in Winzerla, wo das Trio aufgewachsen sei, spielten die Namen der vom NSU Ermordeten kaum eine Rolle. Der NSU stamme aus Jena und habe sich hier politisch sozialisiert. „Ich bin froh, dass die Bürgerbefragung ergeben hat, dass die Winzerlaer den Namen in den öffentlichen Raum bringen wollen“, sagte Langhammer. Ähnlich sieht das der stellvertretende Ortsteilbürgermeister Marcus Komann (SPD): „Ein aussagenarmer Name reicht hier nicht. Die Opfer verdienen ein angemessenes Gedenken.

Jena stelle sich unter OB Nitzsche nicht der Verantwortung, die aus dem NSU-Terror zu ziehen sei, kritisierte die Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke). „Wir werden uns dafür einsetzen, dass weitere Straßen und Plätze in Jena nach den Opfern des NSU benannt werden“, kündigte sie an.

Stadt: Aufwand für Rewe sei zu hoch

Die genannten und weitere Stadtratsmitglieder wie Komann (SPD) und Friedrich-Wilhelm Gebhardt (SPD), zugleich Ortsteilbürgermeister von Winzerla, kündigten an, den Vorschlag des Ortsteilrates in den Kulturausschuss einzubringen.

Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) schloss sich der Meinung seiner Verwaltung an. Grundsätzlich sei es ein sehr hoher Aufwand für Rewe mit der Anschrift Max-Steenbeck-Straße 48, sollte ein neuer Straßenname zugewiesen werden. Nach Angaben der Verwaltung sei es besser, eine Gedenktafel für alle NSU-Opfer beispielsweise am Jugendklub „Hugo“ anzubringen. Sollte der Platz vor der Kaufhalle umbenannt werden, sei „Platz der Demokratie“ die bessere Wahl, sagte Stadtsprecher Kristian Philler auf Anfrage unserer Zeitung.

Enver Simsek war das erste Opfer des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“. Der Inhaber eines Blumenhandels in Schlüchtern in Hessen wurde am 9. September 2000 an seinem Blumenstand in Nürnberg niedergeschossen.

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