Stadtroda. Udo Polzer vom Asklepios-Fachklinikum über Menschen mit übersteigertem Selbstwertgefühl.
Eine alte Dame reist mit ihrem Wellensittich ohne einen Cent in der Tasche an die Russisch-Litauische Grenze – „Dieses Beispiel zeigt, dass Maniker durchaus Überzeugungskraft haben können“, erklärt Udo Polzer, Ärztlicher Direktor des Asklepios-Fachklinikums Stadtroda. „Zentrales Symptom der Manie ist das gesteigerte Selbstwertgefühl mit Größenideen, die eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten betreffend. Maniker sind unrealistisch, was die eigenen Begabungen betrifft, auch im geschäftlichen Bereich.“
Wut, Wahnsinn – das bedeutet der aus dem Altgriechischen stammende Begriff „Manie“ übersetzt. „Die rein manische Erkrankung ist deutlich seltener als die depressive Erkrankung“, so der Chefarzt der Klinik für Allgemeine Psychiatrie/Psychotherapie, Gerontopsychiatrie und Suchterkrankungen. Häufiger sei die bipolare Störung, bei der die Patienten zwischen Depression und Manie hin und her pendeln.
Die Manie kann mit oder ohne wahnhafte Symptome auftreten. Der Übergang zwischen einer reinen Manie und Wahn ist bei diesen Patienten häufig fließend. Aus den Größenideen kann dann etwas Wahnhaftes hervorgehen, das nicht mehr zu korrigieren ist. Im Zentrum kann entweder eine euphorische oder eine gereizte Stimmung stehen. „Wenn die Manie nicht so ausgeprägt ist, dann können die Betroffenen als eloquente Leute erscheinen und der Kracher auf jeder Party sein, der die ganze Gesellschaft unterhält.“
Akut manische Menschen haben ein deutlich verringertes Schlafbedürfnis. Die ganze Nacht durchzumachen, kann die Manie wiederum noch weiter triggern. Charakteristisch ist ein starker Rededrang; ein quasi ununterbrochenes Reden. Dieses kann in eine sogenannte Ideenflucht übergehen, einer Denkstörung, die durch schnelles, sprunghaftes Denken gekennzeichnet ist. Dabei fehlt der rote Faden. Die Gedanken werden häufig nicht zu Ende gebracht. Motorische Unruhe und starke sexuelle Aktivität sind außerdem häufig. Nicht selten führt die sexuelle Überzogenheit zum Fremdgehen. Auch Kaufrausch ist nicht selten. Polzer erinnert sich an einen Patienten, der gleich drei Traktoren auf einmal gekauft hatte.
Problematisch ist, dass aus einer manischen Stimmung heraus häufig Dinge verspekuliert werden. Geld wird in den Sand gesetzt und Beziehungen aufs Spiel. Die Betroffenen können sich relativ schnell zugrunde richten.
Rededrang, Euphorie oder das Gefühl der Extravaganz sind Symptome, die bei Manie auftreten können. „Eine Manie kann mitunter häufig in eine Depression übergehen, nämlich wegen der Schuldgefühle für das, was an Chaos womöglich angerichtet wurde“, erklärt Polzer. „Manie ist ein extrem angenehmer Zustand. Die Betroffenen fühlen sich toll, zeigen keine Krankheitseinsicht und wollen nicht ins Krankenhaus. Häufig kommen sie über Zwangseinweisungen, etwa nach einer Schlägerei, oder weil sie anderweitig mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind.“
Manien seien mit Medikamenten, die den Antrieb vermindern und den Schlaf fördern, innerhalb einiger Wochen gut behandelbar.