Wie funktioniert die Bezahlkarte für Flüchtlinge?

Ingo Eckardt
| Lesedauer: 3 Minuten
Statt Bargeld sollen Asylbewerber, die nicht bürgergeldberechtigt sind, im Landkreis Greiz demnächst eine Bezahlkarte erhalten, die bestimmten Einschränkungen unterliegt – beispielsweise dürfen keine Auslandsüberweisungen von dieser erfolgen.

Statt Bargeld sollen Asylbewerber, die nicht bürgergeldberechtigt sind, im Landkreis Greiz demnächst eine Bezahlkarte erhalten, die bestimmten Einschränkungen unterliegt – beispielsweise dürfen keine Auslandsüberweisungen von dieser erfolgen.

Foto: Marcus Brandt / picture alliance / dpa

Greiz/Zeulenroda-Triebes.  Landrätin Martina Schweinsburg will im Kreis Greiz eine Bezahlkarte statt Bargeld für Asylbewerber und Geduldete. Was steckt dahinter?

Am Freitag will Landrätin Martina Schweinsburg (CDU) in ihrer Funktion als Vorsitzende des Thüringer Landkreistages Einzelheiten zum nun wohl schon im Dezember startenden Pilotprojekt einer Bezahlkarte für Asylbewerber erläutern

Die Karte, mit der Betroffene zwar einkaufen, aber weder große Bargeld-Summen abheben noch Geld ins Ausland transferieren können, soll all jenen künftig als Zahlungsmittel dienen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Dort werden die Regelsätze für alle jene fixiert, die innerhalb der letzten 18 Monate eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung erhalten haben, aber auch für so genannte Kontigentsflüchtlinge und ausreisepflichtige Personen, die aus vielerlei Gründen nicht abgeschoben werden können. Bisher erhalten diese Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, ihre Taschengeld-Regelsätze als Bargeldleistung – im Monat beispielsweise bei einem Alleinstehenden 367 Euro, bei einem Paar mit kleinem Kind 909 Euro.

Bezahlkarte für Asylbewerber soll nicht nur im Landkreis Greiz kommen

Die letzte Ministerpräsidentenrunde regte an, eine Bezahlkarte einzuführen, um beispielsweise zu vermeiden, dass Gelder an Schleuser ins Ausland fließen. Nicht unter die neuen Regeln fallen anerkannte Asylbewerber, aber auch Geflüchtete aus der Ukraine, die sofort Bürgergeld beantragen können.

Kreistags-CDU-Fraktionschef Ulli Schäfer, der im kommenden Jahr neuer Landrat im Kreis Greiz werden möchte, sagt, er sei froh und dankbar, dass der Landkreis loslege. Jetzt abzuwarten, was eine Arbeitsgruppe in Berlin dazu als Beschluss erarbeitet, sei keine Option. „Alle gucken nach Greiz, weil wir jetzt loslegen“, ist sich Schäfer sicher.

IWA-Fraktionschef sieht im Vorpreschen des Landkreises Greiz eine Chance

Jens Geißler, der Fraktionschef von IWA/Pro Region im Kreistag begrüßt die Bezahlkartenregelung ebenfalls. „Wir sehen das als richtige Maßnahme. Es muss drüber nachgedacht werden, was man gegen die Kapazitätsüberschreitung im Migrationsbereich unternimmt. Eine solche Karte könnte Teil der Lösung sein. Man sieht viele arbeitsfähige gesunde Männer, die Sozialleistungen beziehen. Ich habe in meinen Unternehmen bisher keine Bewerbungen von diesen Leuten – das ist die Realität“, sagt Geißler und hofft, dass die Karte auch ein Anreiz sein könnte, das geduldete Migranten schneller in Arbeit kämen, um eigenes Geld zu verdienen.

Holger Steiniger, Mitglied der Linken-Fraktion im Kreistag, hat sich damit angefreundet, die Bezahlkarten einzuführen. Die Auszahlung von Bargeld in Asylbewerberheimen sei ein Risiko – auch für die auszahlenden Angestellten in den Asylheimen. Vieles werde in der Bevölkerung zu Recht kritisch gesehen – gerade wenn es um Überweisungen in die Heimatländer geht. Das werde damit eingedämmt. „Ein wenig Bargeld brauchen die Leute natürlich trotzdem“, ist Steiniger sich im Klaren.

Grünen-Kreisrätin im Landkreis Greiz kritisiert Idee als diskriminierend

Doris Smieskol (Grüne) erinnert daran, dass der Landkreis Greiz in Zeiten der Gutscheine keine gute Rolle gespielt habe. „Ich finde, dass dieses neue System nicht voll durchdacht ist. Die Leute können am Ende kein Eis für ihr Kind kaufen und auf keine öffentliche Toilette gehen, weil sie kein Bargeld haben. Das ist menschenunwürdig und diskriminierend“, ist die engagierte Grünen-Politikerin skeptisch.

Dirk Bergner, FDP-Landtags- und Kreistagsmitglied, erklärt, dass er es als wichtig erachte, dass endlich etwas passiert. „Wir müssen das ausprobieren“, sagt Bergner. Im Vergleich zum früheren Gutschein-System gäbe es beim Einkauf keine Anbieter-Einschränkungen für die Inhaber einer solchen Bezahlkarte. Das sei positiv.