Jena. Ein Jahr Antidiskriminierungsstelle: 30 Kontaktaufnahmen in zwölf Monaten in Jena
Ethnische Herkunft oder rassistische Gründe, sexuelle Orientierung oder Behinderung: Es gibt viele Motive, warum Menschen diskriminiert werden – auch in Jena. Mit 30 Vorfällen hat sich die Antidiskriminierungsstelle bislang beschäftigen müssen. Sie besteht nunmehr seit einem Jahr.
„Wir merken jetzt schon, dass die Dynamik steigt: Die Zahl der Anfragen nimmt seit dem Sommer zu“, sagt Dörte Thiele. Sie, Kathrin Bajohr und Andreas Amend arbeiten im OB-Bereich Büro für Migration und Integration und seit Juli 2021 eben auch für die unabhängige Diskriminierungsstelle (ADS) der Stadt. Trotz der Personalunion sei es gelungen, durch einen eigenen Internetauftritt und eine separate Rufnummer eine Abgrenzung zwischen den beiden Tätigkeitsbereichen zu schaffen und als ADS sichtbar zu werden.
Die Einrichtung der ADS war eine Maßnahmen im Zehn-Punkte-Aktionsplan der Stadt Jena gegen Rassismus. Die Mitgliedschaft in der Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR) basiert darauf, dass diese Maßnahmen nach und nach umgesetzt werden. Für OB Thomas Nitzsche (FDP) werde damit auch Jenas bisheriges Engagement im Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung gewürdigt
Dem Team ist klar, dass die bekannt gewordenen Fälle nur die Spitze eines Eisbergs seien. Die Arbeit war davon geprägt, dass ein Drittel der Ratsuchenden keinen weiterführenden Handlungsauftrag formulierten. Diesen Menschen ging es vorrangig darum, Erfahrungen zu schildern und ihren Standpunkt formulieren zu können.
Zwei Drittel der Kontakte mündeten in einen umfangreicheren Begleitprozess, der sich individuell am Auftrag und den Ressourcen der Ratsuchenden orientierte. Sofern der Wunsch bestand, holte die Antidiskriminierungsstelle Stellungnahmen ein: So beschwerte sich zum Beispiel eine Personen über eine Süßigkeit in einem Geschäft, die als „Mohrenkopf“ angeboten worden sei. Und in einem anderen Fall sei es um einen Auszubildenden gegangen, der wegen seiner ethnischen Herkunft rassistisch beleidigt worden sei.
Thiele und Bajohr bewerteten es als positiv, dass alle Aufforderungen zur Stellungnahme entweder schriftlich beantwortet worden seien oder es zumindest eine fernmündliche Rückmeldung gegeben habe. Die Einsicht, das eigene diskriminierende Handeln zu erkennen, sei allerdings nicht immer sehr ausgeprägt gewesen. In mehr als der Hälfte der Beratungsfälle musste eine Diskriminierung festgestellt werden, überwiegend handelte es sich um Rassismus: hier waren es 14 Fälle.
Zur Sache
Wann wird die ADS aktiv? Kontaktaufnahme über Webseite (Formulare), per Mail oder Telefon – auch anonym möglich; Diskriminierung hat in Jena stattgefunden und liegt nicht länger als sechs Monate zurück.
Was bietet die ADS an? Geschützten Raum für Gespräche, Einholen von Stellungnahmen und Begleitung von Gesprächen zur Konfliktlösung, Suche nach Lösungsmöglichkeiten, ortsnahen Unterstützungsangeboten und ggf. Vermittlung an spezialisierte Stellen.