Jena. Seit dem 1. August können in Jena die ersten Patienten in Gesundheitsappartements untergebracht werden. Wie das funktioniert erklärten gestern Vertreter der Stadt, der Uniklinik und von Jenawohnen.
Es sei eine „visionäre Brücke“ zwischen ambulanter und stationärer Patientenversorgung, sagt Felix Dondorf, Oberarzt an der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie des Universitätsklinikums Jena. Dondorf steht in einem Schlafzimmer in der achten Etage eines Jenawohnen-Blocks und schaut aus dem Fenster; gleich nebenan sein Arbeitsort, das Universitätsklinikum. Dondorf führt durch das neue Gesundheitsappartement in der Ziegesarstraße 13.
Zwei dieser Appartements sind seit dem 1. August in Betrieb, wurden bereits von Klinikpatienten genutzt. In den Gesundheitsappartements hätten Patienten die Möglichkeit, im wohnlichen Umfeld zu genesen und stets dank modernster technischer Hilfsmittel mit dem Klinikpersonal in Verbindung zu bleiben. Alle Patienten seien bisher sehr zufrieden gewesen: Es sei ein Ferienhaus-Gefühl und angenehmer als das Krankenhaus-Flair, so die Rückmeldungen, sagt Stefan Albert, der am Uniklinikum das Projekt betreut.
Lebensqualität weiter erhöhen
Eingebettet ist das Modellprojekt in die Smart-City-Strategie der Stadt und in das seit 2019 laufende Stadtwerke-Modellprojekt „Smart Quartier Jena-Lobeda“. „Die Projekte Smart City Jena und Smartes Quartier Jena-Lobeda zielen darauf ab, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern“, sagt Tobias Wolfrum, Geschäftsführer der Stadtwerke Jena und von Jenawohnen. Mit der Inbetriebnahme der beiden ersten Gesundheitsappartements sei ein Meilenstein erreicht, auf den die Stadtwerke, die Stadt und das Klinikum bereits seit 2019 kooperativ hinarbeiten. „Damit wollen wir innovative Lösungen im Gesundheitswesen erproben, um langfristig die Lebensqualität unserer Bürger und Bürgerinnen zu verbessern“, sagt Benjamin Koppe, Jenas Finanz-Dezernent, der auch Digitalisierungsbeauftragter der Stadt ist.
Doch bei dem Projekt geht es nicht nur um Jena: Was in den Blocks aus den 1970er-Jahren in der Ziegesarstraße passiert, soll evaluiert und durch eine Forschung begleitet werden, um weit über Jenas Stadtgrenzen hinaus smartes Wohnen beziehungsweise smarte Patientenunterbringung Realität werden zu lassen, sagt Dorothea Prell, Smart-City-Projektleiterin der Stadt. Das Projekt ermögliche es, Erfahrungswerte und Erprobungsräume zu schaffen, die auf andere Städte und Regionen übertragen werden könnten.
Smart-Home-Ausstattung und Blick über Lobeda
Seit 1. August biete man den Patienten, die für die Unterbringung in einem Gesundheitsappartement geeignet sind – unter anderem Transplantationspatienten –, die neue Möglichkeit in der Ziegesarstraße an. „Die Zusagequote der Patienten, die sich die Wohnungen angesehen haben, liegt bei nahezu 100 Prozent“, sagt Stefan Albert vom Uniklinikum. Kein Wunder, denn die Appartements bieten viel: Die größere der beiden Wohnungen hat 66 Quadratmeter. Im Schlafzimmer steht ein komfortables Doppelbett, dass jedoch alle Eigenschaften eines Pflegebetts vereint. Die Küche verfügt über eine höhenverstellbare Küchenzeile. Vom Balkon aus hat man einen Blick über Lobeda, das Badezimmer ist barrierearm gestaltet. Patienten können auf eine Smart-Home-Ausstattung mit Sprachsteuerung zurückgreifen, und es ist zumindest im größeren Appartement möglich, gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin einzuziehen.
Finanziert werden die Appartements zunächst von der Stadt. Für die Patienten ist die Unterbringung kostenfrei. Ob und wie in Zukunft solche Unterbringungsformen von den Krankenkassen getragen werden, welche Eigenanteile Patienten möglicherweise zahlen müssen, diese Fragen gilt es im Verlaufe des Modellprojekts noch zu beantworten. Die Einrichtung eines so genannten „Telemedizinraumes“ für digitale Arztsprechstunden im Smarten Quartier Jena-Lobeda soll den Gesundheitsaspekt im Jahr 2024 noch erweitern. Für die Gesundheitsappartements und den geplanten Telemedizinraum sind 750.000 Euro Fördermittel des Bundes eingeplant.
Otto Witte, medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums sagt: „Ambulante und tagesstationäre Patienten werden im Klinikum engmaschig medizinisch und pflegerisch betreut und können anschließend in unmittelbarer räumlicher Nähe die komfortablen Wohnräume der Gesundheitsappartements nutzen.“ Dies trage zum Wohlbefinden und damit auch zur Genesung bei, und diene auch dem Ziel, dass Patienten nach einer akuten stationären Behandlung nicht länger als medizinisch nötig im Klinikum verweilen.
Smarten Quartier Jena-Lobeda
Das Smarte Quartier Jena-Lobeda ist ein Modellprojekt der Stadtwerke Jena Gruppe, welches Mieter im Alltag entlasten und ihre Lebensqualität steigern soll. Dafür saniert Jenawohnen seit dem Jahr 2019 drei Wohnblocks aus den 1970er-Jahren im Bestand und stattet sie mit Smart-Home-Komponenten und buchbaren Services zu Gesundheit, Mobilität und Logistik aus. Bis Jahresende 2023 entstehen so im Quartier Jena-Lobeda circa 250 Wohnungen unterschiedlicher Größe, die Hälfte davon ist mietpreisgebunden.
Smart-City-Strategie
Jena wurde im Jahr 2020 vom Bundesinnenministerium ausgewählt, um für die Erarbeitung und Umsetzung von Smart-City-Strategien als Modellprojekte gefördert zu werden. Für den Weg zu einer „Smart City“ unterstützt der Bund die Stadt über sieben Jahre mit 17,5 Millionen Euro.