London. Auf seinem dritten Soloalbum erzählt Brian Fallon mit viel Gefühl kleine Geschichten von Liebe, Trauer und Schmerz. Im Interview verrät der Frontmann von The Gaslight Anthem, warum ihm Trends egal sind und welchen Einfluss Bruce Springsteen auf die neue Platte hatte.

Sein 40. Geburtstag Ende Januar hat Brian Fallon ins Grübeln gebracht. "Ich denke da noch drüber nach", sagt der Sänger und Songwriter gut gelaunt im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London.

"Ich glaube, es bedeutet, dass man jetzt erwachsen ist. Aber was heißt das? Ich frage mich: Jetzt, wo ich erwachsen bin, kann ich immer noch cool sein? Oder ist es vorbei mit dem Coolsein?"

Zwei seiner wichtigsten Fans bleiben dem Frontmann der US-Rockband The Gaslight Anthem bislang treu - seine dreijährige Tochter und sein siebenjähriger Sohn. "Er findet meine Musik cool, das haut mich um", schwärmt Fallon und lacht. "Ich weiß gar nicht, wie das passiert ist. Aber meine Witze findet er total doof." Seine Tochter finde es vor allem toll, dass er überhaupt Musik machen könne. "Sie liebt es, dass ich etwas mache und daraus ein Song wird."

Seinen Kindern hat Fallon gleich den ersten Song "When You're Ready" auf seinem neuen, dritten Soloalbum "Local Honey" gewidmet. Die melancholische Ballade über die Herausforderungen des Lebens und der Liebe bestätigt damit sozusagen Fallons Status als Erwachsener, der seinem Nachwuchs ein paar liebevolle Ratschläge ans Herz legt.

Überhaupt ist "Local Honey" ein Album, das hörbar von Herzen kommt und das sich um Herzensdinge dreht. "Es geht um mein unmittelbares Zuhause und meine Familie und mein Leben", sagt Fallon. "Aber um das Tägliche, die kleinen Dinge." Auf den Albumtitel, der sich am besten mit "Honig aus der Region" übersetzen lässt, kam Fallon durch Werbeschilder in seiner Heimatstadt New Jersey.

Es ist auch viel Herzschmerz dabei. "Am meisten fehlst du mir morgens", singt der US-Musiker in "21 Days". "Wir haben uns immer beim Kaffee unterhalten. Aber jetzt muss ich einen neuen Freund finden." Es sind kleine Geschichten von großen Gefühlen, die nahegehen und manchmal von tiefer Traurigkeit geprägt sind. "Vincent" etwa erzählt von häuslicher Gewalt und den dramatischen Folgen.

Auf "Local Honey" sind weder Popsongs noch Rockhits zu finden. "Ich versuche nicht mehr, eine Radio-Single zu machen", erklärt Fallon. "Ich hätte zwar gern eine, aber das war nicht mein Ziel." Im Trend zu bleiben, zu "den coolsten Playlisten" hinzugefügt zu werden, das sei nicht seine Sache. "Nicht dass ich das nicht gern hätte und so erfolgreich wäre, aber ich weiß, dass ich da nicht mithalten könnte."

Das sei auch eine Frage des Alters, sagt er und verweist auf die erst 18 Jahre alte Sängerin Billie Eilish. "Ich kann mit ihr nicht konkurrieren. Sie ist mir weit voraus, denn sie ist die Jugend", so Fallon. "Wenn ich versuchen würde, zu tun, was gerade angesagt ist, dann würde ich mich in meinem Alter doch zum Narren machen."

Er habe "eine Platte zum Nachdenken" angestrebt. Entsprechend findet man auf "Local Honey" keine Musik für nebenbei - es lohnt sich, aufmerksam zuzuhören. Denn so richtig entfalten sich die überwiegend ruhigen und melancholischen Songs erst, wenn man den berührenden Geschichten lauscht.

Das Album ist mit acht Songs und 30 Minuten Laufzeit relativ kurz geraten. Die Hörgewohnheiten hätten sich schließlich geändert: "Niemand setzt sich hin und hört eine Stunde lang ein Album", sagt der leidenschaftliche Musikfan Fallon. "Wenn ich also ein einstündiges Album mache, würde das niemand am Stück hören."

Zudem orientierte er sich bei der Albumlänge an Musikerkollegen wie Sturgill Simpson und Tyler Childers - sowie seinem Idol und Kumpel aus New Jersey: "Es ist Bruce Springsteens Schuld", lacht Fallon. Dessen großer Klassiker "Born To Run" von 1975 bestehe ebenfalls aus acht Liedern. "Für mich fühlt sich das gut an: vier Songs auf Seite A, vier Songs auf Seite B."