Hamburg. Spätestens seit dem «#WirSindMehr»-Konzert in ihrer Heimatstadt Chemnitz gilt Kraftklub als eine der politischsten deutschen Bands, als Vorkämpfer im Kampf gegen rechts. Jetzt kommt ihr neues Album.

Als Chemnitz im Spätsommer 2018 zum Inbegriff rechter Gewalt wurde, hielt Kraftklub dagegen. Als Antwort auf die Ausschreitungen dort organisierte die Chemnitzer Band um Frontmann Felix Kummer mit anderen Künstlern wie Trettmann oder Die Toten Hosen ein kostenloses Konzert unter dem Motto «#WirSindMehr».

Jetzt kommt das erste Kraftklub-Album seit 2017 auf den Markt: «Kargo» erscheint an diesem Freitag - und weniger politisch ist es nicht geworden. Um «Alman Angst» geht es etwa in einer bedrückenden Ballade. Sie handelt von denen, die gern «besorgte Bürger» genannt werden. «Wittenberg ist nicht Paris» thematisiert ein gefährliches neues deutschen Biedermeiertum, klagt politische Gemütlichkeit an und eine Generation, die zwar älter, aber nicht kritischer geworden ist.

«Es ist zumindest nicht so, dass wir irgendwie das als Konzept hatten und uns gedacht hätten, wir wollen eine politische Band sein. Wir wollten ja kein Agitprop oder sowas machen und sehen die Band auch nicht als Vehikel, politische Botschaften zu verbreiten», sagt Sänger Kummer im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Aber ehrlicherweise schreiben wir halt Sachen auf, die uns bewegen. Und leider leben wir in Zeiten, in denen es mir komisch vorkommen würde, einfach zu ignorieren, was gerade los ist. Wenn die Zeiten nicht so politisch wären, wären wir vielleicht gar keine politische Band.»

Gegen die deutsche Biederkeit

Für einen Song des Albums hat sich die Chemnitzer Indie-Band die Unterstützung einer anderen ostdeutschen Band geholt: Tokio Hotel. In «Fahr mit mir (4x4)» gehen sie zusammen auf die Suche nach einem Ort, in dem keine Nationalflaggen im Kleingarten gehisst werden. «Spargelfelder ziehn vorüber, wenn ich geh, komm ich nicht wieder», heißt es in dem Song gegen die deutsche Biederkeit.

Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz, der aus Magdeburg stammt und inzwischen in den USA lebt, rechnet mit seiner alten Heimat ab: «Es tut mir leid. Etwas mit Heimatministerium kann für mich keine Heimat sein.»

Wie die Zusammenarbeit der beiden Bands auf der Bühne aussehen könnte, zeigte sich zwei Tage vor der Albumveröffentlichung in Hamburg: Dort spielten Kraftklub beim Reeperbahn-Festival zusammen mit Kaulitz ein spontanes und erst am Nachmittag vorher per Twitter angekündigtes Konzert und präsentierten «Fahr mit mir» live. Kaulitz ist Teil der Jury des Reeperbahn-Festivals für den Nachwuchspreis - war also eh gerade an der Elbe.

Die Zusammenarbeit mit Tokio Hotel ist sicher ein neuer Weg für die Band - auch musikalisch. Ansonsten aber reiht sich auch das vierte Studioalbum von Kraftklub - zur voraussichtlichen Freude vieler Fans - ziemlich nahtlos ein in das bisherige Schaffen von Kummer und Co.