Oscar-Gewinner Roberto Benigni erinnert auf der Berlinale an eine bekannte Geschichte, Regisseur Christian Petzold schickt seinen neuen Film ins Rennen - und Lars Eidinger hat Tränen in den Augen.

Oscar-Preisträger Roberto Benigni hat am ersten Festivalwochenende internationalen Glanz auf die Berlinale gebracht. Der Italiener ("Das Leben ist schön") stellte am Sonntag eine Neuverfilmung von "Pinocchio" vor. Auf dem Programm stand abends der erste deutsche Wettbewerbsbeitrag - "Undine" von Regisseur Christian Petzold. Auch das Partygeschehen war in vollem Gange.

Auf einer Pressekonferenz zeigte sich der Schauspieler Benigni bestens gelaunt, scherzte und warb vor allem für die Geschichte von Pinocchio, die seiner Ansicht nach nicht nur Kinder anspricht. Der 67-Jährige spielt darin Geppetto, den Erbauer der kleinen Holzpuppe.

Regie führte Matteo Garrone ("Dogman", "Gomorrha"), der auch auf die Aktualität des Stoffs hinwies: "Die Geschichte erzählt von uns, von dem Kampf, den jeder von uns führt (...) vom Menschsein." Der Film läuft nicht im Wettbewerb, sondern in der Sparte Special Gala.

Schwung kam in die Pressekonferenz auch durch den jungen Pinocchio-Darsteller Federico Ielapi, der neben Weltstar Benigni saß und selbstbewusst Fragen beantwortete. So sagte er rückblickend über sein Alter Ego: Auch wenn er immer wieder frech gewesen sei - "am Ende ist Pinocchio ein gutes Kind".

Die Berlinale gehört neben Cannes und Venedig zu den wichtigsten Filmfestivals der Welt. Rund 340 Filme werden bis zum nächsten Wochenende gezeigt. Davon konkurrieren 18 um die Silbernen und den Goldenen Bären - mit "Undine" von Christian Petzold stand am Abend (19.00 Uhr) der erste deutsche Wettbewerber im Berlinale-Programm.

Der mysteriöse Liebesfilm erzählt von der Beziehung zwischen einer Museumsführerin (Paula Beer) und einem Industrietaucher (Franz Rogowski). Petzold erzählte unter anderem von den Dreharbeiten unter Wasser. Außerdem sollte der brasilianische Film "All the Dead Ones" ("Todos os mortos") von Caetano Gotardo und Marco Dutra, der sich mit der Abschaffung der Sklaverei befasst, im Wettbewerb folgen.

Am Samstag ging ein ziemlich ungewöhnlicher Western ins Rennen: In "First Cow" erzählt US-Regisseurin Kelly Reichardt von einer Männerfreundschaft. Zwei Außenseiter freunden sich im Wilden Westen des frühen 19. Jahrhunderts an. Sie wollen Geld mit Backwaren verdienen - und melken dafür heimlich die einzige Kuh in der Region. Das ist filmisch spannend und witzig erzählt - dabei reflektiert der Film auch heutige Fragen gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Für den enttäuschenden "Le sel des larmes" ("The salt of tears") von Philippe Garrel gab es vom sonst sehr Applaus-affinen Premierenpublikum gerade mal eine knappe Dosis der Zustimmung. Der Schwarz-Weiß-Film erzählt sehr fahrig die Geschichte eines jungen Manns in Frankreich, der zwischen mehreren Frauen schwankt.

Für einen besonders emotionalen Moment sorgte Schauspieler Lars Eidinger mit einem Statement gegen Hass in Deutschland. "Ich finde, unsere Gesellschaft ist so dermaßen vergiftet, was Hass und Missgunst angeht", sagte der 44-Jährige am Samstag mit Tränen in den Augen und zunehmend brechender Stimme vor der Berlinale-Präsentation des Films "Persian Lessons" von Vadim Perelman.

Eidinger erinnerte an einen Text des Schriftstellers Stefan Zweig (1881-1942), in dem es "um die moralische Entgiftung Europas" nach dem Ersten Weltkrieg gegangen sei. Darin habe Zweig nach einem Medium verlangt, das die Menschen wieder zusammenbringe und sich der Liebe verschreibe. "Das Internet ist ja genau dieses Medium", sagte Eidinger, "es wird aber genau für das Gegenteil genutzt".