Stuttgart. Am Bahnprojekt Stuttgart 21 scheiden sich die Geister. Einer neuen Skulptur zum Thema könnte es nicht anders gehen. Die gigantische Satire-Figur mitten in der Landeshauptstadt wird sicher nicht allen gefallen. Aber das haben die Werke von Peter Lenk so an sich.

Das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 hat viele Menschen umgetrieben - nun ist der Aufreger zu wuchtiger Kunst geworden. Am Montagabend ist mit dem aufwendigen Aufbau einer Skulptur des Satire-Künstlers Peter Lenk mit dem Titel "S 21.Das Denkmal - Chroniken einer grotesken Entgleisung" vor dem Stuttgarter StadtPalais begonnen worden. Sie ist neun Meter hoch, zehn Tonnen schwer und dürfte sicher das eine oder andere Gemüt erregen.

Insgesamt sind auf der Skulptur mehr als 150 Figuren zu sehen, die an Akteure rund um das milliardenschwere Großprojekt erinnern sollen. Herzstück des Satire-Kunstwerks ist eine Figur, die an Laokoon aus der griechischen Mythologie angelehnt ist. Dieser hatte versucht, den Einzug des hölzernen Pferdes nach Troja zu verhindern, und wurde daraufhin von Schlangen umwunden und getötet. Lenks "schwäbischer Laokoon" trägt die Züge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und ringt mit ICE-Waggons statt mit Schlangen.

Rund 140 000 Euro hat das Projekt nach Angaben des 73 Jahre alten Künstlers gekostet – seine rund 3500 Arbeitsstunden nicht mitgerechnet. Ein Großteil der Kosten wurde über Spenden finanziert. Gut 110 000 Euro von knapp 780 Spendern habe er erhalten, erklärt Lenk, der bereits mit anderen oft unbekleideten Figuren, mit einem ungeschönten Blick auf Körperformen oder -teile wie dicke Bäuche, propere Hinterteile und hängende Brüste für Aufsehen gesorgt hat. Seine Werke zielen dabei meist auf Missstände in Politik und Wirtschaft und stets nimmt er auch die historische oder zeitgenössische Prominenz aufs Korn.

Sein neues und ungewöhnliches "Model", das Bahnprojekt Stuttgart 21, umfasst den Umbau des Hauptbahnhofs und die Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm. Nach letzten Schätzungen soll der Mega-Bau 8,2 Milliarden Euro kosten. Der Protest gegen das Projekt hat wie kein anderes Thema die Stadtgeschichte der vergangenen Jahre geprägt.

Die Stadt Stuttgart hatte Lenks Giganten nach wochenlangem Zögern genehmigt. Er ist nun Teil einer neuen Skulpturengalerie, die bis März zu sehen ist. Werke von Hermann-Christian Zimmerle und Erik Sturm sind bereits aufgebaut.

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