Berlin. Die Abgasbelastung im Straßenverkehr ist für Babys und Kleinkinder im Kinderwagen besonders hoch.

Nicht nur in Zeiten der Kontaktsperre ist Bewegung an der frischen Luft Gold wert, insbesondere für Eltern mit Babys oder kleinen Kindern. Aber an viel befahrenen Straßen lauern auch Gefahren – gerade für die Kleinen, die in ihren Kinderwagen oder Buggys nur wenige Zentimeter über den Auspuffrohren von Fahrzeugen sitzen oder liegen.

Mit einem Säugling oder Kleinkind sollte man aber verkehrsreiche Strecken meiden – besonders, wenn man mit einem niedrigen Kinderwagen unterwegs ist. Denn deren geringe Liege- oder Sitzfläche könnte dazu führen, dass die Kinder deutlich mehr schädliche Abgase einatmen als Erwachsene. Das ist das Ergebnis einer Studie des britischen Global Centre for Clean Air Research (GCARE) an der Universität von Surrey.

Abgase im Straßenverkehr: Gefahr im Kinderwagen

Die Wissenschaftler schreiben im Fachblatt „Environment International“ aber auch, wie man die Schadstoff-Belastung deutlich senken kann.

Frühere Untersuchungen haben bereits belegt, dass Abgase von Verbrennungsmotoren für Säuglinge und Kleinkinder sehr schädlich sein können und derartige Schadstoffe unter anderem Folgen für die neuronale Entwicklung ebenso wie für die Entwicklung des Atemsystems haben.

Zudem atmen Kinder sehr schnell – im Verhältnis zum Körpergewicht ist ihre Atmungsrate fast doppelt so hoch wie die von Erwachsenen. Um herauszufinden, wie groß die Abgasbelastung wirklich ist, maß das Forscherteam um den Umweltingenieur Prashant Kumar die Schadstoffbelastung in drei verschiedenen Versuchen:

  • mit einem Buggy mit Blick auf die Straße
  • mit einem Wagen mit Blick auf den schiebenden Erwachsenen und
  • mit einem doppelstöckigen Buggy, in dem zwei Kinder versetzt Platz finden

Babys und Kleinkinder atmen deutlich mehr Abgase ein als Erwachsene

Mit diesen drei Wägen liefen die Forscher dutzende Male eine zwei Kilometer lange Strecke zu einer Schule und wieder zurück – einmal zwischen 8 und 10 Uhr morgens sowie zwischen 15 und 17 Uhr am Nachmittag.

Statt eines Kindes saß allerdings ein Messgerät im Buggy. Ebenso wurde die Schadstoffbelastung auf Kopfhöhe des Erwachsenen erfasst. Unabhängig vom Typ des Kinderwagens stellten die Wissenschaftler fest, dass Babys und Kleinkinder bis zu 44 Prozent mehr schädliche Abgase einatmen könnten als die schiebenden Erwachsenen.

In der Analyse der Feinstaubpartikel fanden sie vor allem Emissionen aus Brems- und Reifenteilchen. Bei den doppelstöckigen Buggys wäre das Kind auf der unteren Etage 72 Prozent mehr Schadstoffen ausgesetzt als jenes, das weiter oben sitzen würde.

Abgase in Kinderwagen: Wo die Belastung am größten ist

Diese Beobachtung der Umweltingenieure spricht dafür, dass die Sitz- oder Liegehöhe eines Kinderwagens eine große Rolle spielt. Grundsätzlich war die Belastung an Verkehrs-Hotspots wie Bushaltestellen und Kreuzungen am größten.

Babys und Kleinkinder atmen deutlich mehr schädliche Abgase ein als Erwachsene.
Babys und Kleinkinder atmen deutlich mehr schädliche Abgase ein als Erwachsene. © dpa | Wolfram Steinberg

Schon in einer früheren Untersuchung hatte das Forscherteam gezeigt, dass Kleinkinder und Babys in Kinderwagen und Buggys deutlich mehr Luftverschmutzung ausgesetzt sind als Erwachsene, die den Wagen schieben.

In welchem Alter ihr Kind besonders gefährdet ist

Problematisch ist dabei nicht nur, dass sich die Kinder aufgrund der geringen Sitz- oder Liegehöhe näher an den Auspuffrohren von Fahrzeugen befinden. Gleichzeitig, so das Ergebnis einer schwedischen Langzeitstudie von 2012, sind Autoabgase für Säuglinge und Kleinkinder besonders schädlich.

Speziell in den ersten zwölf Lebensmonaten reagieren ihre Lungen demnach empfindlich auf Luftschadstoffe: Kinder, die in jener Zeit in einer verkehrsreichen Umgebung aufwuchsen, zeigten acht Jahre später eine deutlich eingeschränkte Lungenfunktion, so das Fazit der Forscher vom schwedischen Institut für Umweltmedizin.

Abgase im Kinderwagen: Wie man sein Kind am besten schützt

Doch die aktuelle britische Studie gibt auch einen Hinweis darauf, wie Kinder geschützt werden könnten. So untersuchten die Wissenschaftler, ob Abdeckungen, wie man sie etwa als Regenschutz kennt, eine Wirkung haben. Tatsächlich reduzierten diese die Konzentration feiner schädlicher Schadstoffpartikel um bis zu 39 Prozent, bei gröberen Partikeln waren es sogar 43 Prozent.

„Unsere Untersuchungen zeigen, dass Entscheidungen wie die Art des verwendeten Kinderwagens beeinflussen können, wie groß die Schadstoffbelastung für ein Kind ist“, fasst Kumar zusammen. „Unsere Studie bestätigt, dass Kinderwagenabdeckungen und das Erhöhen der Buggyfläche Kinder unter bestimmten Bedingungen vor einer signifikanten Menge an Abgasbelastung zu schützen scheinen.“

Babys und Kinder – mehr zum Thema:

Quetschies, Fruchtriegel, Reiswaffeln: Wie gesund sind die Kindersnacks aus Drogerie und Reformhaus? Experten warnen sogar vor dieser Ernährung. Verbraucherschützer kritisieren schon lange den Zuckeranteil in Lebensmitteln und fordern weniger Süße in speziellen Kinderprodukten. Eltern, die ihre Kinder vegan ernähren, sollten diese Dinge beachten.

(zrb/dpa: Alice Lanzke)