Berlin. Das Elterngeld ist äußerst beliebt. Mehr als sieben Milliarden Euro zahlte der Staat 2020 aus. Die Reform kennt aber auch Verlierer.

Das Elterngeld ist nach Angaben der Bundesregierung die bekannteste und beliebteste Familienleistung Deutschlands. Es gibt sie seit 2007. Ab dem 1. September greift nun eine Reform, die Eltern mehr Flexibilität bringen soll: Die Möglichkeiten für Teilzeitarbeit über das Modell Elterngeld Plus werden ausgeweitet und die strengen Vorgaben zum Erhalt des Partnerschaftsbonus gelockert. Darüber hinaus gibt es Verbesserungen für Eltern von Frühgeborenen. Ein Überblick.

Wie ist das Elterngeld geregelt?

Wer ein Kind bekommt und zur Betreuung seine berufliche Tätigkeit aussetzt, erhält in Deutschland vom Staat zwölf Monate lang Elterngeld. Diese Zeit erhöht sich um zwei Monate, wenn auch der zweite Elternteil mindestens zwei Monate beim Kind bleibt. Wichtig: Die 14 Monate in Summe müssen sich beide Eltern teilen, ob parallel oder nacheinander. Sie erhalten in dieser Zeit das sogenannte Basiselterngeld.

Die Höhe orientiert sich am durchschnittlichen Netto-Monatseinkommen, das Mutter oder Vater im Jahr vor der Geburt erzielt hat. Es beträgt beim Basiselterngeld mindestens 300 Euro und höchstens 1800 Euro pro Monat. 2020 zahlte der Staat etwa 7,2 Milliarden Euro Elterngeld aus. Lesen Sie auch: So stellt man Anträge fürs Elterngeld online

Was ist das Elterngeld Plus?

Elterngeld Plus erhalten Eltern, die ihrem Beruf für eine Zeit lang in Teilzeit nachgehen, um zu Hause mehr Betreuungsarbeit zu leisten. Die monatlichen Zahlungen fallen in der Regel niedriger aus als das Basiselterngeld, dafür ist der Zeitraum doppelt so lang. Ab 1. September darf beim Plus-Modell bis zu 32 Wochenstunden gearbeitet werden. Rechnerisch ist in vielen Fällen nun eine Vier-Tage-Woche möglich. Vorher waren es maximal 30 Stunden. Auch interessant: Kommt in Deutschland die Vier-Tage-Woche?

Gemeinsam Zeit für die Familie: Wenn Mutter und Vater Arbeitszeit reduzieren, können sie die Bezugsdauer von Elterngeld verlängern.
Gemeinsam Zeit für die Familie: Wenn Mutter und Vater Arbeitszeit reduzieren, können sie die Bezugsdauer von Elterngeld verlängern. © iStock | istock

Was steckt hinter dem Partnerschaftsbonus?

Der Partnerschaftsbonus verlängert ebenfalls den Bezugszeitraum des Elterngeldes. Er wird gewährt, wenn Eltern die Teilzeit parallel nehmen – zum Beispiel kümmert sich einer am Vormittag ums Kind und arbeitet nachmittags, der Partner macht das umgekehrt. Dafür erhalten sie zusätzlich bis zu acht Elterngeld-Plus-Monate. In Summe kann der Anspruch dann bis zu 36 Monate lang bestehen. Den Partnerschaftsbonus können auch Alleinerziehende oder getrennt Erziehende bekommen.

Wie lange muss man für den Partnerschaftsbonus in Teilzeit gehen?

Bislang mussten es vier aufeinanderfolgende Monate sein, und man bekam dann als Bonus vier weitere Monate, erklärt Sandra Thiemar vom Beratungsportal Elterngeld.net. Ab September sind zwischen zwei und vier Monaten möglich. Der Ausstieg und eine Verlängerung der Partnerschaftsmonate sind dabei flexibel möglich. Man könnte also nach zwei Monaten geteilter Elternzeit in Teilzeit sagen: Das passt nicht zur Familie, wir beenden diese Phase.

Das aber sei nur theoretisch eine echte Option, so Thiemar. „Denn der Arbeitgeber kann die Verlängerung oder Verkürzung ablehnen.“ Schon um die Geburt des Kindes herum müssten die Eltern ihren Arbeitgebern die Elternzeit-Phasen für die zwei anstehenden Jahre verbindlich nennen. Änderungen danach seien eine Kulanz.

Auch die Stundenzahl für den Partnerschaftsbonus wurde reformiert: Man muss nun zwischen 24 und 32 Stunden pro Woche arbeiten, vorher lag die Grenze bei 25 bis 30 Stunden.

Wie viel Elterngeld erhält man in Partnerschaftsbonus-Monaten?

Grundsätzlich gilt: Das Elterngeld Plus ist halb so hoch wie das Basiselterngeld. Beim Elterngeld Plus erhält jeder Partner zwischen 150 Euro und 900 Euro im Monat, Zuschläge gibt es etwa bei weiteren kleinen Kindern im Haushalt.

Welche Tücken hat das Bonus-Modell?

Man muss den Zeitkorridor von 24 bis 32 Wochenarbeitsstunden einhalten, sonst fordert das Amt das Elterngeld zurück. Neu ist, dass nur monatsweise auf Übertretungen geschaut wird. Vor der Reform hat man die gesamten acht Zahlungen für beide Partner in vier Monaten verloren, wenn auch nur ein Elternteil in einem Monat zu viel oder zu wenig gearbeitet hat. Nun würde die zuständige Elterngeldstelle nur noch diese eine Monatszahlung zurückverlangen.

Aber das kann leicht geschehen, sagt Sandra Thiemar. Zum Beispiel, wenn das Kind erkrankt und man daher Kinderkrankentage nehmen muss. Man müsste die fehlenden Wochenstunden nacharbeiten, um für das Amt im Soll zu bleiben.

Außerdem müssen Voraussetzungen erfüllt sein, um während der Elternzeit in Teilzeit gehen zu können: „Man muss schon mindestens sechs Monate im Angestelltenverhältnis beim Arbeitgeber sein“, sagt Thiemars Kollege Michael Tell. „Der Arbeitgeber kann die Teilzeit aus betrieblichen Gründen ablehnen und es muss sich um einen Betrieb mit mindestens 15 Angestellten handeln (ohne Auszubildende, Anm. d. Red.).“ Für Selbstständige treffen diese Voraussetzungen natürlich nicht zu.

Für wen lohnt sich der Partnerschaftsbonus?

Für Eltern, die in den ersten Jahren mehr Zeit mit den Kindern verbringen wollen und die Betreuungsarbeit über gemeinsame Wochenenden hinaus zusammen leisten wollen. Sandra Thiemar aber ist skeptisch, ob die Reform hier wirklich etwas bewirken wird: „Viele Männer wollen sich nicht darauf einlassen, in Teilzeit zu gehen“, berichtet sie aus ihrer Beratungserfahrung.

Was ändert sich für Eltern von Frühgeborenen?

Mütter und Väter von Frühgeborenen erhalten ab sofort länger Elterngeld. So gibt es für jene Kinder, die sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin auf die Welt kommen, einen zusätzlichen Monat Elterngeld pro Elternpaar. Wird das Kind acht Wochen zu früh geboren, werden zwei zusätzliche Monate gewährt, bei zwölf Wochen drei und bei 16 Wochen vier. Auch interessant: Sprache der Frühgeborenen wichtiger als gedacht

Was kostet die Reform?

Um die jetzige Reform zu finanzieren, soll kein weiteres Geld dem Haushalt zufließen. Die Mehrkosten sollen dadurch gedeckt werden, dass künftig nur noch Eltern, die gemeinsam 300.000 Euro oder weniger im Jahr verdienen, Elterngeld erhalten. Bisher lag die Grenze bei 500.000 Euro. Diese neue Regelung für Paare betrifft laut Bundesregierung Spitzenverdiener, die 0,4 Prozent der Elterngeldbezieher ausmachen – etwa 7000. Für Alleinerziehende liegt die Grenze weiterhin bei 250.000 Euro. (dpa/kai)