Berlin. Corona-Kranke haben oft mit neurologischen Spätfolgen zu kämpfen. Eine neues Forschungsprojekt soll weitere Daten liefern
Extreme Müdigkeit, Gedächtnis-, Schlaf- und Konzentrationsstörungen: Viele Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, kämpfen noch Monate danach mit zum Teil starken Einschränkungen. Das ist Ergebnis neuester weltweiter Studien mit Tausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Ein Projekt in Deutschland soll helfen, Langzeitfolgen genauer zu untersuchen. Dabei geht es auch um die Frage, ob Covid-19 die Entstehung von Alzheimer oder Parkinson begünstigen kann.
Bereits im Sommer gab es Hinweise auf ein Anhalten von Symptomen nach Ende einer akuten Infektion mit Sars-CoV-2. Inzwischen, so teilt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) mit, werde immer deutlicher, „dass Betroffene vor allem mit neurologischen Spätfolgen zu kämpfen haben“. Lesen Sie dazu auch: Warum so viele Corona-Patienten vergesslich sind
Langzeitfolgen sind häufiger als Kurzatmigkeit
Eine niederländisch-belgische Untersuchung etwa hat die anhaltenden Symptome von 2113 Patientinnen und -Patienten drei Monate nach Krankheitsbeginn ausgewertet. 112 von ihnen waren stationär behandelt worden. Während der Infektion litten 95 Prozent der Kranken unter einer Fatigue, einer belastenden Erschöpfung. Drei Monate danach waren es noch immer 87 Prozent. Fatigue sei damit die häufigste Langzeitfolge von Coroana gewesen, so die Studienautoren - deutlich häufiger als Kurzatmigkeit.
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Auch eine neue Beobachtungsstudie aus Großbritannien und den USA sorgt für beunruhigende Ergebnisse. Sie ist eine der bisher aussagekräftigsten Arbeiten über Folgeerkrankungen bei Covid-19. Ausgewertet wurde eine Datenbank elektronischer Gesundheitsakten von über 81 Millionen Patienten.
Jeder dritte Patient hatte eine solche Diagnose
236.379 Menschen mit einer bestätigten Covid-19-Infektion wurden berücksichtigt. Ihre akute Erkrankung lag sechs Monate zurück. Die Wissenschaftler ermittelten Diagnosen psychiatrischer und neurologischer Folgeerkrankungen, darunter Schlaganfall, Parkinson, Demenz, Depressionen, Angststörungen oder Schlaflosigkeit.
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Jeder dritte Patient (33,6 Prozent) hatte der Studie zufolge sechs Monate nach Covid-19 eine neurologische oder psychiatrische Diagnose erhalten. Vor allem, aber nicht ausschließlich betroffen waren Menschen, die wegen eines schweren Covid-Verlaufs ins Krankenhaus eingeliefert worden waren.
Bis heute nicht frei von Beschwerden
„Neurologische Langzeitfolgen betreffen einen hohen Anteil der Covid-19-Patientinnen und -Patienten“, sagt DGN-Generalsekretär Professor Peter Berlit. Bei vielen Betroffenen verbesserten sich die Symptome zwar im Laufe der Zeit, „wir haben aber auch Patienten, die bereits in der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr 2020 erkrankten und bis heute nicht beschwerdefrei sind“, so Berlit.
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Da es sich bei Covid-19 um eine neuartige Krankheit handelt, müssten die Ursachen der Symptome und Spätfolgen geklärt werden. Um das zu erforschen, wurde eine Arbeitsgruppe Neurologie im Nationalen Pandemie Kohorten Netz etabliert. Hier fließen die Informationen nun zusammen.
Krankheitsverläufe und Spätfolgen werden erfasst
Eine von drei Säulen des Projekts, das vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert wird, ist eine populationsbasierte Plattform. Dort werden in geographisch definierten Gebieten alle Patientinnen und Patienten mit überstandener SARS-CoV-2-Infektion identifiziert und in ein diagnostisches Langzeitprogramm eingeladen. In einem sogenannten Fokuskrankenhaus der jeweiligen Region erfolgen dann die detaillierte Erfassung von Erkrankungsverlauf und Langzeitfolgen.
Große Nachbeobachtungsstudien seien immens wichtig, erklärt die Fachgesellschaft. Nicht zuletzt gelte es dabei zu ergründen, ob sich Covid-19 dauerhaft auf die Kognition auswirke und ob eine Infektion neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson beschleunigen könne.