Berlin. Die kalte Jahreszeit ist da und wie jedes Jahr steht der Reifenwechsel an. Alles, was Autofahrer über Winterreifen wissen müssen.

Draußen wird es nass und kalt. In einigen Regionen Deutschlands hat es sogar schon geschneit. Höchste Zeit für eine wintergerechte Autobereifung! Doch woran erkennen Autofahrer gute Reifen? Was ist der Unterschied zwischen Winterreifen und Allwetter-Reifen? Wann sollte man die Reifen wechseln? Diese und weitere Fragen beantworten hier:

1. Warum sind Winterreifen im Herbst und Winter sicherer?

Winterreifen bieten bei Schnee und Eis mehr Haftung als Sommerreifen. Technisch gesehen unterscheiden sich Reifen für den Winter vor allem durch die Gummimischung und das Profil von den Sommermodellen: Winterreifen besitzen eine weiche Gummimischung, die bei kalten Temperaturen für kürzere Bremswege sorgt.

Außerdem besitzen Winterreifen viele Lamellen, also kleine wellenförmige Einschnitte in den Profilblöcken, die maßgeblich dazu beitragen, dass der Winterreifen auf Schnee und Eis eine bessere Haftung hat.

2. Wann sollte man zu Winterreifen wechseln?

Ein festes Startdatum für den Reifenwechsel gibt es in Deutschland nicht, denn es handelt sich um eine „situative Winterreifenpflicht“, so der Automobilclub ADAC. Als Faustformel gelte aber der Zeitraum von „O bis O“ – also Oktober bis Ostern. Denn erster Nachtfrost und Eisglätte kommen meist überraschend und jeder Autofahrer sollte dann bereits gerüstet sein. Lesen Sie hier: Kinderbonus und Co.: Die wichtigsten Änderungen im Oktober

3. Woran erkennt man (gute) Winterreifen?

Ob ein Reifen für den Einsatz im Winter zugelassen ist, lässt sich an der Reifenkennzeichnung ablesen: „Entscheidend ist das Alpin-Symbol, also das Bergpiktogramm mit Schneeflocke auf der Reifenwand“, sagt Michael Schwämmlein vom Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV). Dieses Symbol dürfen nur Reifen tragen, die eine Mindestgriffigkeit auf Schnee aufweisen.

Daneben sind bis zum 30. September 2024 auch noch Reifen mit der M+S-Kennzeichnung (Matsch und Schnee) für den Winter zugelassen, sofern die Pneus bis Ende 2017 produziert wurden. Die Kennzeichnung ist allerdings nicht gesetzlich geschützt und manchmal auch auf nicht-wintertauglichen Ganzjahresreifen zu finden.

Winterreifen bieten bei Schnee und Eis mehr Haftung als Sommerreifen. Doch wann sollten Autofahrer die Reifen wechseln? Als Faustformel gilt der Zeitraum von „O bis O“ – also von Oktober bis Ostern. (Archivbild)
Winterreifen bieten bei Schnee und Eis mehr Haftung als Sommerreifen. Doch wann sollten Autofahrer die Reifen wechseln? Als Faustformel gilt der Zeitraum von „O bis O“ – also von Oktober bis Ostern. (Archivbild) © imago/Marius Schwarz

Wer neue Reifen braucht, kann sich an Testergebnissen orientieren. Aktuell hat der ADAC 15 Reifen für Autos der unteren Mittelklasse (205/55 R16 H) und 13 Pneus für SUVs und Vans (235/55 R17 V) getestet und je Dimension zwölf empfehlenswerte gefunden, die „gut“ beziehungsweise „befriedigend“ abschneiden.

Lesen Sie hier: Winterreifen – Worauf sollte man beim Kauf achten?

4. Welcher Winterreifen passt zu welchem Auto?

Welcher Reifen der richtige für das Auto ist, kann der Fachmann im Reifenhandel, im Autohaus oder in der Kfz-Werkstatt am besten beurteilen. Die Entscheidung ist abhängig von der Größe der benötigten Reifen, vom Nutzungsverhalten und nicht zuletzt vom Budget. Von Billigreifen ist jedoch eher abzuraten, da diese in Tests nahezu durchgehend schlecht bewertet werden; Markenreifen schneiden in der Regel besser ab.

5. Kann man Reifen unterschiedlicher Marken gleichzeitig fahren?

Wer Winterreifen aufzieht, achtet im Idealfall darauf, dass alle vier möglichst vom gleichen Modell sind und eine ähnliche Restprofiltiefe aufweisen. Wenigstens achsweise sollte sich das gleiche Reifenmodell mit möglichst ähnlichem Verschleiß drehen. Dazu rät der ADAC.

Zwar seien Reifenunterschiede in normalen Fahrsituationen ohne Belang, doch verhältnismäßig geringe Unterschiede bei den Eigenschaften könnten in Extremsituationen – wie etwa bei Vollbremsungen und hohen Kurvengeschwindigkeiten im Grenzbereich – zu schwer kontrollierbarem Fahrverhalten führen. Elektronische Helfer wie ESP können zwar einen Teil der Reifenunterschiede auffangen. Doch orientiert sich ein solches System vereinfacht ausgedrückt meist an der Leistung des schlechtesten Reifens.

Unterschiedlich hohen Verschleiß beim Profil können Autofahrer oft vermeiden, wenn sie die Räder regelmäßig von der Antriebsachse auf die nichtangetriebene Achse und wieder zurück wechseln lassen. Wer unterschiedlich stark abgelaufenes Profil entdeckt, steckt die Räder mit dem höheren Restprofil an die Hinterachse. Diese stabilisiert das Auto vor allem in Kurven und bei Aquaplaning und wirkt so einem oft von Fahrern und Assistenzsystemen nicht mehr beherrschbaren Schleudern entgegen.

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6. Sind Winterreifen besser als Ganzjahresreifen oder Allwetter-Reifen?

Rechtlich gelten Ganzjahresreifen als Winterreifen, ein Bußgeld droht also nicht. Für den Einsatz bei schwersten Bedingungen, etwa bei Tiefschnee oder in den Bergen, sind sie aber nur begrenzt geeignet. Im Sommer ist das Fahrverhalten mit Ganzjahresreifen oft „schwammiger“, die Bremswege sind etwas länger. Außerdem verschleißen Ganzjahresreifen etwas schneller. Wer häufig in Gebieten mit winterlichen oder extremen sommerlichen Bedingungen mit dem Auto unterwegs ist, sollte also nicht zum Ganzjahresreifen greifen.

„Reine Winter- wie Sommerreifen sind Spezialisten für die jeweilige Jahreszeit, während der Ganzjahresreifen einen Kompromiss darstellt“, sagt Michael Schwämmlein vom BRV. „Ein Ganzjahresreifen kommt an diese Spezialisten nicht heran. Das macht sich vor allem im Sommer durch ein schlechteres Handling und einen längeren Bremsweg bemerkbar.“

Wichtig: Wer diese Winterreifen-Regel nicht kennt, muss zahlen

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Auto Club Europa (ACE), der acht Ganzjahresreifen unter verschiedensten Bedingungen getestet hat. Das Ergebnis: Einige Modelle hatten bessere Sommerfahreigenschaften, andere konnten im Winter punkten. Unterm Strich bleibe der Ganzjahresreifen aber ein Kompromiss. „Für Wenigfahrer, die nicht auf das Auto angewiesen sind und den Wagen bei Extremwetterlagen auch stehen lassen können, sind diese Reifen aber durchaus eine Möglichkeit“, so Antonia Eckert vom ACE.

7. Wann sind Winterreifen abgenutzt und müssen erneuert werden?

Die Profile von Winterreifen sollten nach Expertenmeinung eine Tiefe von 4mm nicht unterschreiten. Doch die gesetzlichen Vorschriften für die Mindestprofiltiefe sind für Winter-, Sommer- und Ganzjahresreifen gleich: mindestens 1,6 Millimeter. Außerdem gilt es, auf das Alter der Reifen zu achten: Reifen, die über zehn Jahre alt sind, müssen ausgetauscht werden, da die Gummimischung sich verändert. Der ADAC empfiehlt bereits nach sechs Jahren einen den Austausch.

Winterreifen können bei richtiger Lagerung maximal acht bis zehn Jahre gefahren werden, erläutert der Auto Club Europa (ACE). Die Pneus sollten aber regelmäßig etwa auf Beschädigungen und feine Risse im Gummi überprüft werden. Das Reifenalter lässt sich an der DOT-Nummer auf dem Reifen ablesen. „Das ist ein vierstelliger Code an der Reifenwand, hinter dem sich die Herstellungswoche und das Herstellungsjahr verbergen“, erläutert Stefan Ehl von der Prüforganisation KÜS. „1620“ bedeutet beispielsweise, dass der Reifen in der 16. Woche des Jahres 2020 produziert wurde.

Eine Frau misst das Reifenprofil eines Autoreifen. Die Profile von Winterreifen sollten nach Expertenmeinung eine Tiefe von 4mm nicht unterschreiten.
Eine Frau misst das Reifenprofil eines Autoreifen. Die Profile von Winterreifen sollten nach Expertenmeinung eine Tiefe von 4mm nicht unterschreiten. © imago/blickwinkel

Eine umweltbewusste Alternative zur Reifen-Neuanschaffung stellen runderneuerte Reifen dar. „Diese Reifen kommen als umweltbewusste Alternative zu Neureifen infrage. Sie unterliegen in der Typengenehmigung ähnlichen Vorgaben wie Neureifen“, erläutert Schwämmlein vom BRV.

Hier wird der Unterbau eines gebrauchten Reifens – nachdem er auf mögliche Vorschäden durchleuchtet wurde – erneut genutzt und nur die Lauffläche mit dem Profil komplett neu aufgebaut. Wegen dem hohen Anteil von Handarbeit dabei lägen die Runderneuerten preislich oft über Billigangeboten für Neureifen aus Asien, so der Experte.

8. Riskiert man ohne Winterreifen den Versicherungsschutz? Welches Bußgeld droht?

Seit 2010 gibt es in Deutschland eine gesetzlich vorgeschriebene Winterreifen-Pflicht, wenn winterliche Straßenverhältnisse herrschen, also bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte. Wer sie missachtet, riskiert ein Bußgeld von mindestens 60 Euro sowie einen Punkt in Flensburg.

Bei einem Unfall trifft die Haftpflichtversicherung aber in jedem Fall ein. Die Vollkaskoversicherung dagegen kann grobe Fahrlässigkeit geltend machen, wenn man bei winterlichen Verhältnissen mit falschen Reifen fährt.

9. Sind Winterreifen auch im Ausland Pflicht?

Wer ins winterliche Ausland reisen will, sollte die jeweiligen Landesvorschriften kennen. In Österreich gilt eine Winterreifenpflicht vom 1. November bis 15. April, wobei die Profiltiefe 4 mm nicht unterschreiten darf. In unseren anderen Nachbarländern gibt es keine generelle Winterreifenpflicht.

„Zudem gilt in einigen Ländern eine Mitführungspflicht für Schneeketten“, sagt Experte Schwämmlein. In Skandinavien und einigen Alpenländern sind Spikereifen erlaubt, in Deutschland sind die hingegen seit 1975 verboten.

10. Wie ändert sich das Fahrverhalten mit Winterreifen?

Generell gilt: Bei Nässe und Schneeglätte sollten Autofahrer unter vom Gas, vorausschauend fahren und eine erhöhte Bremsbereitschaft aufzeigen. Der Abstand zum Vordermann sollte im Vergleich zu normalen Straßenverhältnissen deutlich erhöht werden. Wichtig ist auch eine gefühlvolle Lenkung.

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Da der Bremsweg bei Schnee und Eis bis zu fünf Mal so lang sein kann wie auf trockenem Asphalt, rät der ADAC dazu, gelegentlich eine kurze Bremsprobe auf freier Strecke zu machen. Außerdem erleichtert niedertouriges Fahren im hohen Gang das Weiterkommen auf glatten Straßen. Deshalb empfiehlt es sich bei Glätte zum Beispiel im zweiten Gang anzufahren.

Kommt das Fahrzeug auf gerader Strecke ins Schleudern, rät der ADAC dazu, auszukuppeln, zu bremsen und schnell, aber gefühlvoll gegenzulenken. ESP hilft beim Stabilisieren des Autos. Reagiert das Fahrzeug nicht mehr, hilft jedoch nur eine Vollbremsung. Ist die Fahrbahn mit Eis überzogen, etwa nach Eisregen, hilft nur eins: Auto stehen lassen, Straßendienst abwarten.

(amw/dpa)