Berlin. Bei der betrieblichen Altersvorsorge unterstützen Arbeitgeber und Staat mit Zuschüssen. Doch in der Rentenphase drohen hohe Abgaben.

  • Die betriebliche Altersvorsorge hilft Millionen Deutschen dabei, ihre gesetzliche Rente aufzubessern
  • Doch es gibt einiges zu beachten, sonst drohen in der Rentenphase mitunter hohe Abgaben
  • Wir erklären, was Sie beachten müssen, um möglichst viel aus ihrer Altersvorsorge herauszuholen

Der Blick auf die gesetzliche Rente betrübt. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung erhielten Männer im Jahr 2019 im Schnitt eine monatliche Altersrente von 1187 Euro, Frauen 764 Euro. Eine Möglichkeit, die Rente aufzubessern, ist die betriebliche Altersvorsorge (bAV).

Im nächsten Jahr muss sich der Arbeitgeber an allen Verträgen finanziell beteiligen. Für Arbeitnehmer ergeben sich Vorteile durch gesparte Sozialabgaben und Steuern. Lohnt sich das? Welche Abgaben drohen in der Rentenphase? Ein Überblick.

Welche Arten der betrieblichen Altersvorsorge gibt es?

Die beste Form für den Arbeitnehmer ist die Direktzusage oder die Pensionszusage. Dabei übernimmt der Arbeitgeber alle Zahlungen und sichert dem Beschäftigten nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeit eine Betriebsrente zu. Doch neue Beschäftigte kommen kaum noch in den Genuss einer solchen Betriebsrente. Die Unterstützungskasse kommt vor allem für die Versorgung von Führungskräften auf. Bei den weiteren Durchführungswegen – Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds – können Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam einzahlen. Der Arbeitgeber entscheidet immer, welche Form er anbietet. Hier geht es vor allem um die Direktversicherung, die gut die Hälfte der bAV-Verträge ausmacht.

Lohnt ein Neuabschluss?

Bei neu abgeschlossenen Verträgen muss sich der Arbeitgeber jetzt schon finanziell beteiligen. Es reicht nicht, dass er dem Arbeitnehmer einen Vertrag anbietet und über eine sogenannte Entgeltumwandlung direkt vom Gehalt die Einzahlungen organisiert.

Millionen Deutsche nutzen eine betriebliche Altersvorsorge, um ihre gesetzliche Rente aufzubessern.
Millionen Deutsche nutzen eine betriebliche Altersvorsorge, um ihre gesetzliche Rente aufzubessern. © dpa

„Bei diesen Verträgen muss der Arbeitgeber einen Zuschuss von 15 Prozent des Beitrages zahlen, sofern er Sozialbeiträge spart“, sagt Regina Stubel, bAV-Expertin bei der Signal Iduna. „Jedes Unternehmen muss eine bAV anbieten, die Größe der Firma oder die Zahl der Mitarbeiter spielt dabei keine Rolle.“ Ab dem nächsten Jahr müssen dann auch vor 2019 abgeschlossene Verträge gefördert werden.

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Was bedeutet das konkret?

Der Zuschuss des Arbeitgebers erhöht den Beitrag des Arbeitnehmers. Angenommen er verdient im Monat 3500 Euro und zahlt monatlich rund 130 Euro über die Entgeltumwandlung in einen Versicherungsvertrag ein, dann fließen mit dem Zuschuss des Arbeitgebers (15 Prozent von 130 Euro) monatlich rund 150 Euro in die betriebliche Altersvorsorge. „Durch Zuschuss, ersparte Steuern und Sozialabgaben liegt der effektive monatliche Beitrag für den Arbeitnehmer nur bei rund 70 Euro“, rechnet Expertin Stubel vor.

Ein Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von 2500 Euro investiert monatlich 100 Euro in den Vertrag und muss davon die Hälfte selbst aufbringen.

Lohnt sich eine Rentenversicherung?

Wenn man bei dem Versicherten mit einem Monatseinkommen von 3500 Euro nur die selbst aufgebrachten Leistungen, also rund 70 Euro monatlich über 32 Jahre (26.880 Euro), ins Verhältnis zur garantierten Kapitalleistung von 61.470 Euro setzt, so ergibt sich nach Berechnungen von Signal Iduna eine Rendite von 4,7 Prozent.

Wird eine Rendite von vier Prozent mit der Fondsanlage erreicht und steigt die Kapitalleistung, die für die Rente zur Verfügung steht, auf 84.667 Euro, so liegt die Rendite bei 6,4 Prozent. Nur die staatliche Förderung macht das Produkt attraktiv, denn tatsächlich sind 57.600 Euro in den Vertrag geflossen.

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    Wie funktioniert die Kapitalanlage?

    Die bAV hat den Vorteil, dass es noch garantierte Leistungen gibt, während sich bei privaten Lebens- und Rentenversicherungen viele Anbieter wie die Allianz von den Garantien verabschiedet haben. „An der Einstellung zu Garantien in der bAV hat sich nichts grundlegend geändert. Die Kunden wollen Garantien, weil sie Sicherheit geben“, sagt Stubel. „In unseren Fondsprodukten verbinden wir notwendige Beitragsgarantien und Sicherungsmechanismen mit attraktiven Renditechancen.“

    Mit jeder Einzahlung fließt ein Teil des Beitrages in sichere Anlagen und ein anderer in Investmentfonds, die der Versicherte selbst auswählen kann. Oder er lässt sich beraten.

    Welche Zusatzrente bringt die bAV?

    Wenn der Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von 3500 Euro bei Vertragsbeginn 35 Jahre alt ist und die Rentenzahlung mit 67 Jahren beginnt, dann kann der Beschäftigte mit einer monatlichen Rente von 253 Euro rechnen, garantiert sind 184 Euro.

    Auch eine Auszahlung des Kapitals auf einen Schlag wäre möglich. Das wären nach der Prognose 84.667 Euro, 61.470 Euro sind garantiert. Der Arbeitnehmer mit 2500 Euro Einkommen kann mit einer garantierten Rente von 122 Euro und einer prognostizierten Rente von 169 Euro rechnen. Das sind die Werte vor Steuern und Abgaben.

    Welche Abgaben werden in der Rentenphase fällig?

    Durch Krankenversicherung und Steuern wird die Rente aus der bAV geschmälert, wie die Berechnungen von Signal Iduna zeigen. Für viele ist es ein Ärgernis, dass sie den vollen Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung auf die Rente zahlen müssen. Allerdings gibt es eine Erleichterung durch einen Freibetrag, der in diesem Jahr monatlich 164,50 Euro beträgt und der jährlich angepasst wird. Nur auf darüber hinausgehende Beträge wird dann die Kranken- und Pflegeversicherung fällig.


    Das bedeutet: Der Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 2500 Euro und einer prognostizierten Rente von 169 Euro müsste nur auf die verbleibenden 4,50 Euro den vollen Krankenkassenbeitrag entrichten. Fällt die Rente geringer aus, würden gar keine Krankenkassenbeiträge fällig.

    Der Arbeitnehmer mit dem höheren Verdienst (3500 Euro) und einer erwarteten monatlichen Rente von 253 Euro muss im Jahr rund 269 Euro zusätzlich an seine gesetzliche Krankenkasse zahlen, also mehr als eine Monatsrente.

    Und wie sieht es mit den Steuern aus?

    Auch die schmälern die Rente. Bei einer Einmalauszahlung wirkt sich das besonders ungünstig aus. Beide Modellfälle müssen rund ein Drittel des Kapitals an den Fiskus abführen. Bei einer monatlichen Auszahlung bleiben bei den Modellfällen von den 169 Euro netto 144 Euro übrig und von den 253 Euro der prognostizierten Rente 185 Euro. Krankenkassenbeiträge sind dabei berücksichtigt.

    Lohnt dann noch eine solche Vorsorge?

    Für den Arbeitnehmer mit 2500 Euro brutto zählt jeder Cent. Aus der gesetzlichen Rentenversicherung kommen aus heutiger Sicht gerade einmal 800 Euro im Monat. Knapp 150 Euro hat er nach Steuern und Abgaben mit der bAV mehr. Bezogen auf eine Einmalauszahlung des Kapitals liegt die Rendite bei knapp drei Prozent. Eine Betriebsrente kann sich also gerade für Geringverdiener lohnen.


    Bei der monatlichen Rente hängt die Rendite davon ab, wie alt der Versicherte wird. In den Tarifen ist keine Rentengarantiezeit enthalten. Die Rendite des Arbeitnehmers mit dem höheren Bruttoeinkommen fällt mit rund 2,5 Prozent nach Abgaben und Steuern etwas niedriger aus, weil er stärker von der Doppelverbeitragung der Zusatzrente durch die Krankenkasse betroffen ist.

    Wer die bAV nicht nutzt und auch nicht anderweitig vorsorgt, trifft in jedem Fall die schlechtere Entscheidung. „Die Beiträge des Arbeitnehmers sollten mindestens mit 15 Prozent bezuschusst werden“, sagt Sara Zinnecker vom Verbraucherportal Finanztip. Besser sei ein höherer Zuschuss.

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