Berlin. Üppige Gesundheitsanalysen und eine moderne Optik zeichnen die Galaxy Watch 4 aus. Den vollen Umfang bekommen aber nicht alle Handys.

Uhrzeit, Fitnessprogramme, Gesundheitssensoren, Navigation und eine Fülle weiterer Apps: Eine Smartwatch ist für viele mittlerweile eine praktische Ergänzung zum Smartphone – und dank schönerer Designs und Wechsel-Armbändern auch eine modische Alternative zur klassischen Armbanduhr.

Wer ein iPhone hat, greift dabei meist zu einer Apple Watch. Konkurrent Samsung hatte sich nun mit der sportlichen Galaxy Watch 4 und der edleren Watch 4 Classic vorgenommen, das attraktive Gegenstücke für die komplette Android-Welt zu liefern – und sich dafür Android-Hersteller Google als Partner gesichert. Warum sich Interessenten ohne Samsung-Handy dennoch einen Kauf gut überlegen sollten, zeigt unser Praxistest.

Flachere Optik und Sportarmband: So trägt sich die Galaxy Watch 4

Zwei Wochen lang war die Galaxy Watch 4 in der kleineren von zwei Varianten (40 und 42 Millimeter Durchmesser) mit bequemem Kautschuk-Sportarmband täglicher Begleiter am Handgelenk. Die im Vergleich zur Classic günstigere Watch 4 richtet sich mit ihrer modernen Optik an Kundschaft, die sie neben dem Alltag vielleicht auch zum Sport tragen möchte. Sie ist flacher als ihre Vorgänger und trägt sich durchweg angenehm.

Hauptunterschied zur Watch 4 Classic: Das runde Gehäuse ist aus Aluminium statt aus Edelstahl und die drehbare Lünette fehlt. Leistung und Ausstattung sind praktisch identisch. Beim Kauf entscheidet also der Geschmack und das Budget.

Die Samsung Galaxy Watch 4 hat neben dem schwarzen Sportarmband noch eine Reihe weiterer Armbänder und Farben zur Auswahl.
Die Samsung Galaxy Watch 4 hat neben dem schwarzen Sportarmband noch eine Reihe weiterer Armbänder und Farben zur Auswahl. © FMG | Maik Henschke

Bedienung per Touch-Bildschirm und digitaler Lünette

Das farbstarke, kontrastreiche und helle Display hinterließ einen tadellosen Eindruck. Die Bedienung der schlauen Uhr klappte intuitiv über Fingerwischen und -tippen auf dem Bildschirm und mit den zwei Knöpfen am Seitenrand. Durch Menüs navigiert man per Wisch über eine digitale Lünette am runden Displayrand. Das erfordert etwas Fingerspitzengefühl auf dem schmalen Streifen, überzeugt aber als Konzept. Auf Wunsch lässt sich die Lünette abstellen.

Der zur Watch 3 merklich verbesserte Prozessor-Chip sorgt dafür, dass man weitgehend flüssig durch die Uhrenmenüs und -Apps wischt. Optische Ruckler kamen stellenweise vor, blieben aber die Ausnahme.

Samsungs Google-Partnerschaft: Das kann die neue Oberfläche Wear OS

Ein Wisch nach oben vom Startbildschirm aus führt zur App-Übersicht der Uhr, die nun aufgeräumter daherkommt. Sie ähnelt mit ihrer Symbolwolke jener auf der Apple Watch, ist aber weniger durcheinander, sondern stringent nach unten führend aufgebaut – das gefällt.

Die übersichtliche neue App-Ansicht kann nach eigenen Vorlieben sortiert werden. Zwei Knöpfe an der Seite genügen für die Steuerung und dienen als Sensor für bestimmte Körpermessungen.
Die übersichtliche neue App-Ansicht kann nach eigenen Vorlieben sortiert werden. Zwei Knöpfe an der Seite genügen für die Steuerung und dienen als Sensor für bestimmte Körpermessungen. © FMG | Maik Henschke

Dank des frischen Betriebssystems – offizieller Name „Google Wear OS powered by Samsung“ – sind viele beliebte Apps für die Uhr jetzt über den reich bestückten und gewohnten Google Play Store zu haben. Die Navigation mit Google Maps direkt auf der Uhr ist als Fußgänger oder Radfahrer äußerst praktisch. Bezahlen mit Google Pay wird jetzt endlich genauso unterstützt wie der Musikdienst Spotify. Musik kann auch direkt auf der Uhr gespeichert werden. Rund 8 der 16 Gigabyte Speicher sind frei verfügbar.

Schade: Sprachsteuerung ist bislang nur mit Samsung Bixby möglich, der mächtigere Google Assistant wird laut Samsung aber noch nachgereicht.

Den Sprung vom bisherigen Tizen zu Wear OS hat Samsung gut gemeistert. Mit weiteren Verbesserungen ist zu rechnen: Allein im Testzeitraum gab es zwei Updates für die Watch 4. Schön: Die Uhr erkennt über Bluetooth, welche Apps auf dem eigenen Handy vorhanden sind und installiert diese – sofern erhältlich – automatisch.

Für Abwechslung ist gesorgt: Über 40 – teil schön animierte – Ziffernblätter stehen zur Auswahl. Und per Drittanbieter-Apps lassen sich unzählige weitere auf die Uhr holen. Das Gehäuse gibt es in Schwarz, Silber und Grün. Auch an Armbändern bietet Samsung eine breite Auswahl an Farben und Materialien.

Zwei-Finger-Sensor schätzt Anteil von Körperfett und Muskeln

Sportler können aus über 90 Trainingsmodi für draußen und drinnen wählen, darunter auch Schwimmen. Im Süßwasser oder Pool ist die Uhr dafür laut Hersteller ausreichend geschützt. Praktisch: Die Uhr erkennt Aktivitäten beim Loslegen automatisch und startet nach einigen Sekunden die Aufzeichnung oder pausiert sie bei Stillstand.

Bei Testläufen deckten sich Puls- und Distanzmessung erstaunlich gut mit dem Modell eines großen Laufuhrherstellers. Werte wie Distanz, Geschwindigkeit (Pace) oder Puls werden gut sichtbar angezeigt, auf Wunsch sogar tiefergehende Analysen wie das Verhältnis von linkem und rechtem Fuß beim Aufsetzen. Nachteil: Wischt man unterwegs mit schweißnassem Finger über das Touch-Display, bleibt der Bildschirm stark verschmiert.

Die gängigsten Messwerte für Gesundheit und Wohlbefinden deckt die Samsung Galaxy Watch 4 komplett ab. Nur Blutdruck- und EKG-Messung bleiben Besitzern von Samsung-Handys vorbehalten.
Die gängigsten Messwerte für Gesundheit und Wohlbefinden deckt die Samsung Galaxy Watch 4 komplett ab. Nur Blutdruck- und EKG-Messung bleiben Besitzern von Samsung-Handys vorbehalten. © FMG | Maik Henschke

Punkten kann die Watch 4 durch ihre üppige Gesundheitsüberwachung. Schrittzähler, Puls, Blutsauerstoffsättigung: Die gängigsten Messwerte und zahlreiche mehr sind enthalten. Auch die inzwischen übliche Schlafanalyse ist an Bord. Die Watch 4 kann nun auch eine Schnarchüberwachung, wenn das Handy direkt neben dem Bett liegt. Bei zwei Personen kann die Uhr aber nicht zuordnen, von wem das Schnarchen stammt. Die Analysen schaut man sich bequem am Handybildschirm über die passende App Samsung Health an.

Galaxy Watch 4: Kleinere Schwächen trüben das Bild

Neu: Die Uhr schätzt innerhalb weniger Sekunden durch Fingerkontakt an beiden Knöpfen die Anteile von Fettmasse, Skelettmuskeln und Wasser im Körper. Nicht medizinisch genau, aber als Orientierung für manche durchaus interessant.

Die ein oder anderen Schwächen sollten Interessenten dennoch beachten: Wer kein Samsung-Handy besitzt, muss auf EKG- und Blutdruck-Messung verzichten. Denn dafür ist die Samsung-exklusive App Health Monitor Voraussetzung. iPhones werden von der Watch 4 erstmals gar nicht unterstützt. Und der Akku hält bei dauerhaft aktiviertem Immer-An-Display auf etwas hellerer Stufe und aktiver Nutzung nicht immer bis Tagesende. Hier muss jeder seine Kompromisse für die Akkuschonung finden.

Fazit: Für Samsung-Besitzer ist die Galaxy Watch 4 zum Preis ab 269 Euro (mit LTE ab 319 Euro) dank moderner Optik, gutem Betriebssystem vielen Funktionen eine der derzeit besten Smartwatches. Für Nutzer anderer Android-Handys gilt das jedoch nur mit Abstrichen.

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