Berlin. Bäcker stehen unter Druck. Energie und Rohstoffe werden in Corona-Zeiten teurer. Was diese Entwicklung für die Verbraucher bedeutet.

Frische Brötchen oder ein krosses Brot auf dem Frühstückstisch zählen für viele zu den schönen Momenten des Alltags. Doch der Spaß könnte bald teurer werden. Denn die steigenden Energie- und Rohstoffpreise treiben vielen Bäckern Sorgenfalten auf die Stirn. Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, Michael Wippler, schließt deshalb Preiserhöhungen bei manchen Bäckereien nicht aus.

„Das Bäckerhandwerk ist ein sehr energieintensives Handwerk“, sagt Wippler im Gespräch mit unserer Redaktion. „Rein rechnerisch kommt es zu Mehrbelastungen der Betriebe von durchschnittlich 20 bis 25 Prozent.“ Allein die Preise für Energie seien um 20 bis 25 Prozent, jene für Rohstoffe wie Weizen um rund 30 Prozent gestiegen. Hinzu komme noch der höhere Mindestlohn, der die Personalkosten künftig um bis zu 22 Prozent in die Höhe treiben werde.

Corona: Welche Bäcker müssen die Preise erhöhen?

Wie viele der rund 46.000 Bäckereien und Filialen die Preise erhöhen werden, ist ungewiss. „Nicht jeder Bäcker wird die Steigerungen in voller Höhe an die Kunden weitergeben, denn die Handwerksbäcker stehen im starken Wettbewerb mit den Supermärkten“, ist Wippler überzeugt. Viele würden auch versuchen, durch Sortimentsstraffung oder Energieeinsparung den Kostenauftrieb zu bremsen. Grundsätzlich liege die Preishoheit in der Verantwortung jedes Unternehmers.

Das traditionelle Bäckerhandwerk befindet sich schon seit Jahren im Strukturwandel. Statt kleiner Familienbetriebe geht der Trend zu zentralen Produktionsstätten mit einem Netz aus Filialen. Oft werden Meisterbetriebe übernommen und in das Filialnetz einer größeren Bäckerei eingegliedert, wenn frühere Besitzer in den Ruhestand gehen.

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Gegen den Preisdruck: Immer mehr Bäcker haben Filialen

Aktuell gibt es bundesweit noch rund 11.000 Betriebe mit geschätzt 35.000 Filialen, berichtet der Verband. Dies sind gut 9000 weniger als noch in den 1960er-Jahren. Gleichzeitig gibt es aber auch Neugründungen – allein 2021 machten sich rund 400 bis 450 Bäckermeister selbstständig.

„Die Wertschätzung für die Bäcker und ein gutes Brot haben während der Corona-Zeit weiter zugenommen“, ist Wippler überzeugt. „Gerade das Bäckerhandwerk steht für Vielfalt, gelebte Brotkultur und Lebensqualität, während die Backindustrie eher zu einem uniformen Angebot führt.“ Gleichzeitig verzeichneten Café-Betriebe während der Corona-Pandemie deutliche Umsatzrückgänge.

Präsident des Bäckerverbands: Michael Wippler (67) hat in Dresden einen eigenen Familienbetrieb mit fünf Filialen und 70 Mitarbeitern.
Präsident des Bäckerverbands: Michael Wippler (67) hat in Dresden einen eigenen Familienbetrieb mit fünf Filialen und 70 Mitarbeitern. © imago images/Sven Ellger | imago stock

Corona: Bäcker suchen dringend Auszubildende und Fachkräfte

Wie in fast allen Handwerksbranchen ist es schwierig, Auszubildende und Fachkräfte zu finden. „Aktuell sind bundesweit über 2600 Stellen als Bäcker oder Bäckerin unbesetzt“, berichtet Wippler. Die Ursache beim Nachwuchsmangel liege vor allem „im demografischen Wandel und dem Akademisierungswahn. Viele junge Leute wollen noch immer lieber studieren, statt etwas Handfestes zu machen. Und dabei bietet gerade das Bäckerhandwerk viele Zukunftschancen.“

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Als gebürtiger Dresdner ist das Lieblingsprodukt von Wippler der Christstollen. Doch auch sonst gerät der 67-Jährige ins Schwärmen, wenn er über seinen Berufsstand redet. „Der Beruf des Bäckers ist abwechslungsreich, erfüllend und sinnstiftend“, sagt der Verbandspräsident.

Auch in der Pandemie: Warum Bäcker ein attraktiver Beruf ist

„Wenn man frisches Brot gebacken hat, die Ofentür öffnet und der Duft der goldbraun gebackenen Laibe den Raum erfüllt, verspürt man als Bäcker eine tiefe Befriedigung. Wenn man dann noch treue und zufriedene Kunden hat, gibt es für mich keinen schöneren Beruf.“ Zudem habe das Bäckerhandwerk den Vorteil, dass die Jobs oft in der Nähe des Wohnorts seien. „Das ist für viele Menschen von unschätzbarem Wert.“

Zugleich stehe das Bäckerhandwerk in Konkurrenz zur Backindustrie, die gegenüber dem Handwerk den Vorteil habe, dass ihre Personalkosten nur rund zehn Prozent der Kosten ausmachten, während es im Bäckerhandwerk meistens zwischen 40 und 50 Prozent sind.

Wie der Mindestlohn bei Bäckern die Kosten hochtreibt

Der Mindestlohn von zwölf Euro werde für die Branche ab Oktober noch zur größeren Herausforderung. „Er führt mittelbar zu insgesamt steigenden Personalkosten“, so Wippler. „Das gesamte Lohngefüge gerät ins Wanken.“ Manche Tariflöhne im Bäckerhandwerk lägen in den unteren Lohngruppen nur wenig höher als der Mindestlohn. Diese müssten wohl angepasst werden, um den Abstand zu ungelernten Kräften zu wahren. „Eine solide Ausbildung muss sich schließlich lohnen“, so der Verbandspräsident.

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Das Bestreben der Bundesregierung, Zucker, Salz und Fett in industriell hergestellten Lebensmitteln zu reduzieren, lehnt Wippler für das Bäckerhandwerk kategorisch ab. „Wir als Handwerk sind strikt gegen ein Rezepturdiktat. Gerade unsere traditionellen Rezepturen sind das Besondere unseres Handwerks und diese deutsche Brotkultur muss erhalten bleiben.“

Bäcker fordern weniger Bürokratie

Von der Politik wünscht sich das Bäckerhandwerk vielmehr weniger Bürokratie. Betriebe müssten von unnötigen Vorschriften entlastet werden, so Wippler und nennt ein Beispiel: „Das Verpackungsgesetz schreibt vor, im Voraus anzumelden, wie viel Pappe, Papier, Glas und Plastik der Betrieb pro Jahr braucht. Am Ende des Jahres muss dann der tatsächliche Verbrauch gemeldet werden. Für kleine Betriebe sind derartige Vorschriften kaum zu leisten.“