Berlin. Die Corona-Pandemie treibt erneut die Preise für Klopapier nach oben. Denn die Papierindustrie kämpft gleich mit mehreren Problemen.

Die Auftragsbücher sind voll, doch die Rohstoffe knapp. International klagen Unternehmen über fehlende Materialien, Lieferengpässe bei gleichzeitig steigenden Energiepreisen infolge der Pandemie. Dazu zählt auch die Papierindustrie. Sie leidet vor allem unter einem Stoff, der seinen Zweck bereits mindestens einmal erfüllt hat: Altpapier.

Altpapier und Zellstoff sind die wesentlichen Bestandteile für die Papierherstellung. Ob Pappe für Kartons und Verpackungen, Druckpapiere für Zeitungen oder Hygienepapiere wie Haushaltsrollen oder Toilettenpapier – alle Papiere bestehen zu gut 80 bis fast 100 Prozent aus Altpapier verschiedener Qualitäten. Und dieses hat sich kräftig verteuert.

Preise für gemischtes Altpapier haben sich verdreifacht

Die Großhandelspreise für gemischtes Altpapier haben sich laut Statistischem Bundesamt im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 222,4 Prozent mehr als verdreifacht. Importiertes Altpapier kostete 75 Prozent mehr. Die Holz- und Zellstoffpreise kletterten um fast 46 Prozent. Die Erzeugerpreise für Zeitungspapier seien dadurch insgesamt um 13,3 Prozent gestiegen. Wellpappen zur Polsterung von Verpackungen haben sich sogar um 78,5 Prozent verteuert.

„Die derzeitige Preissituation bei Rohstoffen und Energie setzt die Papierhersteller unter einen hohen Kostendruck“, berichtet der Verbandssprecher der Papierindustrie, Gregor Andreas Geiger. Dies wirke sich auch auf die Preisverhandlungen mit Verlagen, Verpackungsindustrie und Einzelhandel aus. „Diese werden ihrerseits prüfen müssen, wie sie mögliche Preissteigerungen beim Papier an ihre Kunden weitergeben. Dies betrifft alle Arten von Papier.“

Corona: Zu wenig verbrauchtes Papier fehlt jetzt als Altpapier

Ein Grund für den Mangel an hochwertigem Altpapier, das auch für die Produktion von Zeitungen gebraucht wird, liegt darin, dass die Produktion von sogenannten grafischen Papieren in Deutschland seit Jahren sinkt – zwischen 2010 und 2020 um 32,2 Prozent.

Allein im ersten Corona-Jahr brach die Produktion um 11,5 Prozent ein, weil Unternehmen weniger Werbematerialien drucken ließen, kaum Veranstaltungsflyer gebraucht wurden und Verlage ihre Umfänge an Printprodukten reduziert haben, so das Statistische Bundesamt. Dieses Papier fehle nun für die Wiederverwertung. Hinzu kommt eine höhere Zellstoffnachfrage aus China.

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Hohe Nachfrage sorgt für Lieferengpass bei Druckpapier

Schon jetzt kommt es vorübergehend zu Lieferengpässen bei Druckpapieren vor allem für Zeitungen und Zeitschriften, berichtet Geiger. Hintergrund dafür sei auch die „deutlich angestiegene Nachfrage nach Printwerbung, mit der man die seit dem letzten Lockdown eher zurückhaltenden Konsumenten ansprechen will“.

Durch die in den Vorjahren rückläufige Nachfrage nach Druckpapieren hätten zudem viele Hersteller in Europa ihre Kapazitäten abgebaut, einige die Produktion auf die steigende Nachfrage nach Verpackungsmaterialien wie Kartons und Pappe umgestellt. „Entsprechend gibt es für diesen sprunghaften Nachfrageanstieg keine Kapazitäten“, erläutert der Papierindustrie-Sprecher.

Manche Verlagen bekommen nicht genügend Papier geliefert

Schon heute erhalten nicht alle Verlage ausreichend Papier und müssen ihre gedruckten Umfänge reduzieren. „Die drohende Unterversorgung bewerten wir als höchst problematisch“, kommentiert der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) die Situation. „Zumal in einer pandemiebedingt ohnehin schwierigen Marktsituation. Kurz: Wir rechnen damit, dass eine erhebliche Kostensteigerung bei den Rohstoffen, die zu erwarten ist, sich längerfristig auch im Preis des Produkts niederschlagen wird.“

Auch die Buchverlage sind aufgeschreckt. Kurzfristige Nachdrucke seien schwieriger geworden, berichtet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der für die Buchverlage spricht. Noch seien keine Auswirkungen auf Buchhandel und Verbraucher spürbar. „Sollte die Papierknappheit bestehen bleiben und sollten die Kosten entsprechend langfristig hoch bleiben, könnte sich das in letzter Konsequenz auf die Lieferbarkeit und die Buchpreise auswirken.“

Meistes Papier wird für Verpackungen gebraucht

Am meisten Papier und Pappe wird hierzulande für Verpackungszwecke hergestellt. Sie machen rund 58 Prozent der Produktion aus, Tendenz aufgrund des Online-Booms sowie des wachsenden Konsums und höherer Exporte steigend, so die Papierindustrie. Gut 28 Prozent entfallen auf Druckpapiere, rund 7 Prozent auf Hygienepapiere.

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Bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern haben sich die drastischen Preissteigerungen bisher vergleichsweise moderat niedergeschlagen. Toilettenpapier kostete im Oktober 4,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, Papierprodukte wie Briefumschläge, Malblöcke und Druckpapier 3,2 Prozent und Pappbecher und Filterpapiere 3,0 Prozent mehr, berichtet das Statistische Bundesamt. Damit liegen diese Produkte unter der Inflationsrate von 4,5 Prozent.