Berlin. Der Bundesrat hat eine neue Verordnung für Ladesäulen beschlossen. Was der Beschluss für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet.

Auch wenn es ob der hohen Spritpreise schmerzt, ist der Griff zur Giro- oder Kreditkarte beim Bezahlen an der Tankstelle oft selbstverständlich. An Ladesäulen für Elektrofahrzeuge sieht es dagegen anders aus: Häufig warten beim spontanen Besuch Registrierungen in Betreibersystemen, sind App oder Ladekarte zum Bezahlen notwendig. Damit ist ab 2023 Schluss. Neue Ladesäulen müssen dann mit EC-Kartenterminals ausgestattet werden, wie der Bundesrat am Freitag beschloss.

Immer, überall und verlässlich das Elektroauto laden, um dann einheitlich zu bezahlen: Unter diesen Gesichtspunkten hatte die Bundesregierung seit vergangenem Jahr ihre Ladesäulenverordnung überarbeitet, um sie im Juni im Bundesrat zur Abstimmung zu stellen. Da nicht alle Bundesländer eine Einbaupflicht für EC-Karten unterstützten, vertagte das Verfassungsorgan die Entscheidung – und stärkte jetzt die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ladesäulen für E-Pkw: Pflicht zum EC-Kartenterminal erst 2023

493.000 der über 48,5 Millionen Pkw fahren hierzulande rein elek­trisch. Wer mit den Stromern eine der etwa 46.000 öffentlichen Ladesäulen im Land ansteuert, der kann schnell ins Schwitzen kommen. Hunderte Betreiber bieten unterschiedliche Tarife an, fordern häufig eine Registrierung auf Webseiten oder in Apps, bevor für etwa 35 bis 70 Cent pro Kilowattstunde (kWh) geladen werden kann. Bezahlt wird dann per Smartphone-App, mit digitalen Dienstleistern wie Paypal, mit einer Ladekarte oder per EC-Karte beziehungsweise in bar. Ein einheitliches System gibt es nicht.

Das bleibt noch bis zum 1. Juli 2023 so. Erst dann müssen Betreiber neu aufgestellte Ladesäulen mit einem Terminal ausstatten, das das kontaktlose Bezahlen mit mindestens einer gängigen Debit- und Kreditkarte ermöglicht. Vorher installierte Infrastruktur muss dagegen nicht umgerüstet werden.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht keine Zukunft in Kartenzahlung

Die Entscheidung der Länderkammer ruft ein gemischtes Echo hervor. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), kritisierte, dass sich der Bundesrat für eine Technologie ohne Zukunft entschieden habe: „EC-Kartenterminals mit PIN-Pad sind kein Fortschritt, sondern bedeuten einen Rückschritt, der zusätzliche Kosten für die Nutzer verursacht, das Innovationstempo bremst und digitale Bezahldienstleister zugunsten überholter Geschäftsmodelle aus dem Markt ausschließt“, sagte die oberste deutsche Autolobbyisten unserer Redaktion.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller kritisiert die Entscheidung des Bundesrats.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller kritisiert die Entscheidung des Bundesrats. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Müller wies gleichzeitig auf den Rückstand Deutschlands und der EU beim Ausbau der Ladeinfrastruktur hin und kam zu dem Schluss, dass der Bundesrat „nicht im Sinne der schon längst digital orientierten“ Verbraucherinnen und Verbraucher entschieden habe.

Oberster Verbraucherschützer begrüßt die Entscheidung

Ganz anders sieht das Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller: „Die Entscheidung des Bundesrats ist gut für alle heutigen und vor allem zukünftigen E-Auto-Fahrer“, sagte der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) unserer Redaktion. Eine Bezahlmöglichkeit, die fast alle mit sich herumtragen, „schafft Sicherheit und Vertrauen, immer und überall laden zu können, und bringt die Elektromobilität als Ganzes voran.“

Müller verwies auf leere Handyakkus oder ungenügenden Mobilfunkempfang, die den Ladevorgang unmöglich machten. Dazu seien die Preise bei Kartenzahlung transparent und die Autofahrer behielten den Überblick. Und zuletzt: „Eine starke E-Mobilität ist wichtig, wenn die nächste Bundesregierung die Klimaschutzziele erreichen will.“

Pflicht für Schnittstelle in Ladesäulen, die Informationen in Echtzeit übermittelt

Neben dem einheitlichen System für Kartenzahlungen wird die Verwendung einer Schnittstelle zur Pflicht. Diese in der Ladesäule verbaute Kommunikationseinheit ermöglicht es, Standortinformationen und Daten in Echtzeit zu übermitteln.

So können sich E-Auto-Fahrer beispielsweise per App darüber informieren, ob eine Ladesäule gerade belegt ist. Die Pflicht einer solchen Schnittstelle soll spontanes Laden einfacher machen.