Berlin. Bund und Kommunen zahlen in Hartz-IV-Haushalten oft die Wohnkosten. Die sind zuletzt stark gestiegen. Das wird für Steuerzahler teuer.

Die in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Mietpreise sorgen auch für eine Mehrbelastung der Steuerzahler. Das ist das Ergebnis einer Studie des Hannoveraner Pestel-Instituts im Auftrag der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die unserer Redaktion vorliegt.

Demnach sind die Mietpreise für Wohnungen mit einfachem Standard von Hartz-IV-Empfängern, für die Bund und Kommunen die Kosten übernehmen, von Anfang 2015 bis Oktober 2020 von 5,43 Euro Kaltmiete auf 6,96 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter angestiegen.

Hartz-IV-Wohnungen: Mehrbelastung in Höhe von 1,9 Milliarden Euro

Diesem Anstieg von 28 Prozent steht ein Anstieg der Verbraucherpreise von lediglich 7,5 Prozent entgegen. Hätten sich die Mietpreise analog zu den Verbraucherpreisen entwickelt, hätten Bund und Kommunen 1,9 Milliarden Euro eingespart, heißt es in den Berechnungen.

„Der Steuerzahler zahlt die Mieten-Explosion über die Kosten der Unterkunft mit“, sagte IG BAU-Chef Robert Feiger unserer Redaktion. Der Staat zahle 1,9 Milliarden Euro „zu viel“, so Feiger.

IG BAU-Chef spricht von „wohnungsbaupolitischer Milchmädchenrechnung“

Das Geld hätte nach Ansicht des IG-BAU-Chefs deutlich sinnvoller investiert werden können. Immerhin geben Bund und Länder pro Jahr lediglich rund 2,2 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau aus, die Mehrkosten durch die steigenden Mietkosten also mehr als 86 Prozent eines Jahresbudgets.

„Das hat viel mit einer wohnungsbaupolitischen Milchmädchenrechnung zu tun, die Bund und Länder da aufmachen. Sie unterstützen lieber Vermieter, die ihre Mieten immer weiter nach oben geschraubt haben, anstatt das Übel an der Wurzel zu packen“, so der IG BAU-Chef.

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Bundesregierung zieht Bilanz

Bundesweit sinkt die Zahl der Sozialwohnungen seit Jahren. Bundesweit gibt es weniger als 1,1 Millionen Sozialwohnungen, in den 1980er Jahren lag die Zahl allein in der alten Bundesrepublik noch bei rund vier Millionen.

Die Bundesregierung hatte es sich daher 2018 auf ihrem Wohngipfel zum Ziel gesetzt, die Wohnungsmärkte mit einer breiten Wohnraumoffensive zu entspannen. 1,5 Millionen neue Wohnungen sollten gebaut, 100.000 neue Sozialwohnungen gefördert werden. Am kommenden Dienstag wird die Bundesregierung die Bilanz ihres Vorhabens vorlegen. Zuvor hatte bereits ein breites Verbändebündnis die Wohnungspolitik der Bundesregierung kritisiert.

Wohngipfel - Lambrecht kündigt weitere Schritte zur Begrenzung der Mietpreise an

Vor dem Wohngipfel der Bundesregierung hat Verbraucherschutzministerin Christine Lambrecht weitere Schritte zur Sicherung bezahlbaren Wohnens angekündigt. „Wir werden die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen strenger begrenzen“, sagte die SPD-Politikerin unserer Redaktion. Diese Umwandlung sei oft der erste Schritt zur Verdrängung. Außerdem werde das Mietspiegelrecht reformiert, um seine Instrumente wirksamer zu machen.

Zugleich verteidigte Lambrecht die Wohnungspolitik der Bundesregierung. Seit 2018 seien wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht worden. „Wir haben die Mietpreisbremse verlängert und verbessert“, sagte sie. „Zu viel gezahlte Miete kann für bis zu 30 Monate zurückgefordert werden. Damit hat die Bremse jetzt noch mehr Kraft.“ Außerdem sei der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete von vier Jahren auf sechs Jahre verlängert worden, so die Ministerin. „Damit schlagen kurzfristige Preisanstiege in überhitzten Mietmärkten weniger stark auf die Vergleichsmiete durch.“