Berlin. Immer mehr Elektroautos fahren in Deutschland. Mit einem Rekordauftrag will ein Logistikriese auch den Güterverkehr unter Strom setzen.

Elektromobilität boomt in Deutschland. 600.000 Batterie-Autos sind in Deutschland inzwischen unterwegs. Allein im Oktober sind rund 30.000 E-Autos neu auf die Straßen gekommen. Jeder sechste Neuwagen ist ein Stromer. Und im Güterverkehr?

Hier ist von der Wende hin zu umweltfreundlicheren Antrieben noch nicht viel zu sehen. Das wird sich bald ändern. Mit einem Rekordauftrag läutet der Logistikriese DB Schenker den Anfang vom Ende des Dieselmotors im Güterverkehr ein.

Die Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn mit Sitz in Essen wird an diesem Dienstag eine enge Partnerschaft mit dem schwedischen Elektro-Lkw-Bauer Volta Trucks eingehen. Diese umfasst eine Vorbestellung von rund 1500 vollelektrischen Lastwagen bei dem vor erst vier Jahren gegründeten Unternehmen. Dies bestätigte das Unternehmen auf Anfrage unserer Redaktion. Es handele sich um den bislang bedeutendsten Auftrag für emissionsfreie Lastwagen in Europa.

Mit dem Pilotprojekt dürfte die Elektromobilität auch im Transportsektor einen großen Schritt nach vorn machen. Bislang treibt Diesel die allermeisten der insgesamt 565.000 Lkw in Deutschland an. Der Lastwagen-Verkehr steht nach Zahlen des Umweltbundesamtes für 4,8 Prozent der deutschen Kohlendioxid-Emissionen.

Bewähren sich die E-Lkw in der Praxis?

Das ist deutlich mehr als etwa der Flugverkehr mit 3,6 Prozent. Die EU fordert von den Lkw-Bauern 15 Prozent weniger CO bis ins Jahr 2025, bis 2030 sollen es 30 Prozent weniger sein. Das Umweltbundesamt setzt sich sogar für eine Reduktion um 50 Prozent ein.

Ob mehr Klimaschutz mit Lastwagen tatsächlich gelingt, will DB Schenker mit den ersten Prototypen des Volta Zero Trucks im Frühjahr und Sommer 2022 bei Kunden unter realen Bedingungen testen. Die Erkenntnisse sollen in die Serienproduktion von 1470 E-Lkw im österreichischen Steyr einfließen.

Die 16-Tonnen-Fahrzeuge mit einer Reichweite von 150 bis 200 Kilometern will die Bahn-Tochter unter anderem im Ruhrgebiet einsetzen. Dort sollen sie Waren von Verteilerzentren in Innenstädte bringen.

E-Lkw auf vielen Strecken bereits alltagstauglich

Der Abschied vom Verbrennungsmotor kommt beim Lastwagen wohl erst später als beim Pkw. Das zeigte sich gerade bei der Weltklimakonferenz in Glasgow: Der Daimler-Konzern schloss sich auf dem Gipfel mit seiner Auto-Sparte Mercedes-Benz Cars & Vans einer Erklärung an, wonach der Verkauf von Verbrennern in führenden Märkten 2035 enden soll, weltweit spätestens 2040.

Für das Geschäft mit Lkw und Bussen gelte dies aber nicht, hieß es. Die Elektrifizierung der Fahrzeuge stehe zwar oben auf der Tagesordnung, erläuterte ein Konzernsprecher. Aber es gebe in diesem Bereich andere Zeitleisten.

Dabei werden E-Lkw immer alltagstauglicher, zeigt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung. Nach der Auswertung von 9500 Touren von 224 Lastwagen zu Filialen der Supermarktkette Rewe kam Studienleiter Patrick Plötz zu dem Ergebnis: „Die aktuell verfügbaren Reichweiten von Batterie-Lkw reichen oft heute schon aus, um alle in der Studie analysierten städtischen Lkw-Touren und fast die Hälfte der betrachteten regionalen Touren mit E-Lkw zu schaffen.“ Zum Einsatz kamen Zwölftonner, also etwas kleinere Fahrzeuge, als DB Schenker ordert.

Im Volta-Truck ohne Dieselmotor sitzen Fahrerinnen und Fahrer deutlich tiefer – das soll für mehr Sicherheit sorgen.
Im Volta-Truck ohne Dieselmotor sitzen Fahrerinnen und Fahrer deutlich tiefer – das soll für mehr Sicherheit sorgen. © Volta Trucks | Volta Trucks

Anders sieht es noch bei großen Lkw aus, die mit schweren Ladungen oft lange Strecken zurücklegen. „Bei schweren Lkw über 26 Tonnen mit sehr langen Tagestouren bleibt die Elektrifizierung nach Stand des heutigen Fahrzeugangebots allerdings noch eine Herausforderung“, sagte Plötz.

Klimaneutral mit Wasserstoff oder Batterie-Antrieb?

Doch in der Fahrzeugindustrie ist viel in Bewegung geraten. Die Truck-Sparte von Renault will in Deutschland ab Frühjahr 2022 nur noch batterieelektrische Lkw für den Verteilerverkehr anbieten. Daimler hat im Oktober die Serienproduktion von E-Lkw für Strecken bis 400 Kilometer gestartet. Und die VW-Tochter MAN baut Prototypen eines schweren E-Lkw. Die VW-Nutzfahrzeugsparte Traton plant zudem gemeinsam mit Daimler und Volvo ein EU-weites Netz von 1700 Schnellladepunkten.

Während Daimler 2027 einen Wasserstoff-Lkw auf den Markt bringen will, nimmt Traton davon Abstand. Grund seien die hohen Energiekosten für die Produktion von Wasserstoff.

Der höhere Wirkungsgrad der Batterie sei auch im Fernverkehr unschlagbar, sagte Traton-Chef Christian Levin kürzlich. Die Zelltechnik mache enorme Fortschritte. Levin nannte auch zwei Anreize zum schnellen Umstieg auf E-Lkw: eine CO2-abhängige Maut und die Freigabe von Nachbelieferungen etwa für Supermärkte.