Erfurt. New Model Army haben die kreative Wut nicht verlernt und Lizzie No kreiert (meist) feinfühlige Songs. Wir haben in beide Alben reingehört.
Es ist eine wahre Freude, mit welch unverbrauchter Wut und andauernder Reflektiertheit die alten Herren von New Model Army auch im 44. Jahr ihres Daseins gegen Ungerechtigkeiten und (echte) politische Missstände wettern und dabei kraftvoll aus der Hüfte bollern. Justin Sullivans Stimme und Lyrics bleiben auch auf dem Album „Unbroken“ Markenkern der Band; Songs wie „I did nothing wrong“ über einen Computerfehler bei der britischen Post, wegen dem viele Mitarbeiter fälschlicherweise verurteilt wurden, ist im KI-Zeitalter aktueller denn je.
Erinnerungswürdige Kracher mit einer gelungenen Produktion sind zudem keine Mangelware, wie „Reload“ oder „Coming or Goin“. Die Band erfindet sich nicht neu – muss sie nebenbei bemerkt auch nicht. Aber sie findet hörbar immer wieder genug Muse, um nicht im eigenen Saft zu (ver)schmoren.
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Lizzie No spielt sanfte Songs – meistens jedenfalls
Mit Akustikgitarre im Caféhaus zu sitzen, dürfte der Musikerin Lizzie No liegen. Diese Carole-King-Haftigkeit ist ein wesentliches Element ihrer kreativen Natur, wie man auch auf ihrem neuen Album „Halfsies“ hören kann. Und ihr gelingen tatsächlich Kleinode wie einst Carly Simon oder James Taylor.
Dass die Frau aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn auch ein bisschen Rockerbraut kann, zeigt sie etwa in der Vorabsingle „Lagunita“ oder in „Getaway Car“. Ein gediegenes Album mit gelegentlichen Kanten, die nicht allzu schroff geschliffen sind.