Ingo Glase über Erleichterungen für Geimpfte.

Solidarität. Das fast vergessene Wort hört man in letzter Zeit immer häufiger. Das Wörterbuch erklärt es mit dem Zusammenhalt, dem Miteinander.

Auch in der Debatte um Erleichterungen für Geimpfte und Genesene wird es oft benutzt. Ob zu Recht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Warum sollten die Geimpften und Genesenen noch länger auf ihre Freiheiten warten? Sie sind ja geschützt. Auch Handel, Gaststätten und Hotels kämen wieder zu ihrem Geschäft. Also bitte etwas Solidarität!

Andererseits wurden bisher meist ältere Menschen geimpft, natürlich, keine Frage, sie hatten ja auch das höchste Risiko, die schwersten Verläufe. Deswegen muckten die Jüngeren ja auch nicht auf, als es um die Impfreihenfolge ging – aus Solidarität. Können dafür die Geimpften jetzt nicht noch ein bisschen warten? Bis alle geimpft sind? Aus Solidarität? Es ist ja nicht so, dass sich die meisten Jüngeren nicht impfen lassen wollten – sie durften einfach nicht.

Doch jetzt hat der oft beschworene Impf-Turbo ja offenbar gezündet. Mit der Freigabe von Astrazeneca kann sich schon jetzt, Anfang Mai, jeder impfen lassen. Und sollte es auch tun. Aus Solidarität der Gemeinschaft gegenüber.

Auf der Strecke bleiben die Kinder und Jugendlichen. Für sie gibt es noch keinen Impfschutz. Doch sie mussten genauso zurückstecken wie die Erwachsenen. Einsames Homeschooling und Kontaktverbote haben sie beim Lernen und Entwickeln gestört.

Der deutsche Ethikrat befürchtet Spannungen, wenn sich das Leben der Erwachsenen normalisiert, das der Kinder aber nicht. Deswegen sollten sich Politik, Forschung und Gesellschaft jetzt auf die jungen Menschen konzentrieren.

Nicht nur aus Solidarität. Sondern vor allem für eine gemeinsame Perspektive.