Sonneberg. In Südthüringen wäre ein AfD-Politiker fast zum ersten Landrat Deutschlands gewählt worden. Nun soll eine Stichwahl entscheiden - es gibt bereits erste Wahlempfehlungen.

Nach dem starken Abschneiden der AfD bei der Landratswahl in Sonneberg wollen auch die Thüringer Linken den CDU-Kandidaten Jürgen Köpper bei der Stichwahl unterstützen. „Auch wir werden zur Wahl von Herrn Köpper aufrufen“, sagte die Landesvorsitzende der Linken, Ulrike Grosse-Röthig, am Montag in Erfurt. Alle demokratischen Parteien im Landkreis müssten nun der Vernunft folgen „und sich auf die Unterstützung des demokratischen Kandidaten verständigen“. „Das ist eine Frage des Verantwortungsbewusstseins für die Demokratie.“

Zuvor hatten SPD und FDP bereits eine Wahl Köppers empfohlen.

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Bei der Wahl in dem südthüringischen Landkreis hatte der AfD-Bewerber Robert Sesselmann am Sonntag nach dem vorläufigen Ergebnis fast die Hälfte der Stimmen erhalten und wäre beinahe zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden. Sesselmann erhielt 46,7 Prozent der abgegeben Stimmen. Der CDU-Kandidat Jürgen Köpper erreichte 35,7 Prozent. Damit wird es in zwei Wochen zu einer Stichwahl zwischen Sesselmann und Köpper kommen. Sie ist für den 25. Juni geplant. Nur 49,1 Prozent der Wahlberechtigten hatten im ersten Durchgang ihre Stimme abgegeben.

Enttäuschung über niedrige Wahlbeteiligung

Thüringens Ministerpräsident hatte sich über die Wahlbeteiligung enttäuscht geäußert. „Die Hälfte, die nicht hingegangen ist, trägt auch ein Stück Mitverantwortung dafür, dass der AfD-Kandidat beinah aus dem Stand 50 Prozent gekriegt hat“, sagte Ramelow am Sonntagabend.

Der Thüringer AfD-Co-Vorsitzende Stefan Möller kündigte noch am Wahlabend an, die AfD werde „alle Kräfte mobilisieren, um einen Erfolg auch in der Stichwahl zu ermöglichen“. „Die Stichwahl kann ein Wendepunkt nicht nur für den Landkreis Sonneberg, sondern für unser ganzes Land werden“, so Möller. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt zeigte sich zuversichtlich, dass der CDU-Kandidat als Sieger aus der Stichwahl hervorgehen wird. „Wir sind überzeugt, dass Jürgen Köpper diese Wahl gewinnt“, erklärte Voigt.

Nach Voigts Einschätzung hat die Thüringer CDU bei der Landratswahl in Sonneberg ein noch stärkeres Abschneiden der AfD verhindert. „Die CDU ist die Kraft, die auch im ländlichen Raum das Lebensgefühl der Menschen versteht und damit auch Wähler rechts der Mitte binden kann“, sagte Voigt. Das starke Abschneiden der AfD bei der Landratswahl sei insbesondere auf die Politik der Bundes- und der Thüringer Landesregierung zurückzuführen. „Die Wähler haben ihren Protest über das, was in Berlin und Erfurt läuft zum Ausdruck gebracht, da wird tief in ihr Lebensgefühl eingegriffen.“

Landräte werden für sechs Jahre Amtszeit gewählt

In Thüringen werden Landräte für die Dauer von sechs Jahren gewählt. In Sonneberg wurde die Wahl nun außerplanmäßig nötig, weil der 2018 gewählte Landrat Hans-Peter Schmitz (parteilos) aufgrund einer langwierigen Erkrankung in den Ruhestand versetzt wurde. Damals hatte der von Linken und SPD unterstütze Schmitz die meisten Stimmen erhalten und kam auf 37,6 Prozent. Der damalige CDU-Bewerber Danny Dobmeier hatte 32,5 Prozent erreicht, Sesselmann, der damals auch schon angetreten war, 29,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang lang 2018 bei 48,4 Prozent.

Bei der aktuellen Landratswahl erhielt die gemeinsame Kandidatin von Linken und Grünen, Nancy Schwalbach, 4,4 Prozent der abgegeben Stimmen bekommen. Die Kandidatin der SPD, Anja Schönheit, kam auf einen Wert von 13,3 Prozent.

Grosse-Röthig sagte, aus ihrer Sicht sei es trotz des schwachen Abschneidens von Schwalbach nicht eindeutig, ob vor allem ehemalige Linke-Wähler zum starken Ergebnis Sesselmanns bei dieser Wahl beigetragen hätten. Das könnten nur Demoskopen klären, sagte sie. „Verloren hat in Sonneberg aber vor allem die Demokratie, denn dort sind Demokraten Demokratiefeinden auf den Leim gegangen.“

Menschen fühlen sich abgehängt

Ein Grund für das Wahlergebnis in der ländlich geprägten Region ist laut Grosse-Röthig, dass sich viele Menschen dort abgehängt fühlten. „Da ist viel Entfernungsgefühl von Politik.“ Diesen Menschen biete die AfD einfache Antworten auf komplexe Fragestellungen, die tatsächlich aber keine Probleme lösten. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, gegen dieses seit Jahrzehnten gewachsene Gefühl anzukämpfen, das oft keine objektive Grundlage habe. „Das ist nix was gestern passiert ist – und das ist nichts, was wir morgen ändern können“, sagte Grosse-Röthig.

Die Kreisvorsitzende der CDU in Sonneberg, Beate Meißner, zeigte sich ausdrücklich unzufrieden mit dem Ergebnis der Abstimmung. „Das ist ein ernüchterndes Wahlergebnis“, sagte sie. Dennoch gelte es nun nicht, Trübsal zu blasen, „sondern auf Angriff zu setzen“.