Berlin. Viele ukrainische Geflüchtete wollen in Deutschland bleiben und sich einbringen – dafür brauchen sie allerdings auch die Möglichkeit.

Etwas mehr als eine Million Menschen sind seit dem russischen Angriff auf die Ukraine nach Deutschland geflohen. Viele von ihnen wollen mindestens einige Jahre oder aber sogar für immer in der Bundesrepublik bleiben. In einer aktuellen Befragung mehrerer Institute gaben 44 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer an, auch längerfristig nicht zurückkehren zu wollen.

Die Umfrage zeigt auch: Ein Großteil der Geflüchteten nimmt entweder an Sprach- und Integrationskursen teil oder hat diese sogar abgeschlossen, außerdem gehen immer mehr Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland einem Job nach oder würden das zukünftig gerne tun. Auch von den schulpflichtigen Kindern besuchen mittlerweile fast alle den Unterricht. Zudem leben etwa vier von fünf Ukrainerinnen und Ukrainer in privaten Unterkünften. Kurzum: Die Menschen bauen sich ein neues Leben in Deutschland auf.

Aufenthaltsrecht für ukrainische Geflüchtete gilt aktuell nur bis 2024

Gleichzeitig gilt es aktuell nicht als wahrscheinlich, dass der Krieg in der Ukraine in absehbarer Zeit enden wird. Je länger die Kampfhandlungen andauern, desto mehr werden sich die geflüchteten Menschen in Deutschland integrieren. Kinder werden in der Schule Freundschaften knüpfen, Jugendliche eine Ausbildung oder ein Studium beginnen und Erwachsene den Weg in den Arbeitsmarkt finden. Und selbst wenn der Krieg enden würde, wäre die Ukraine zunächst ein zerstörtes Land. Einen Großteil der Geflüchteten machen allerdings Frauen und Kinder aus – die sehr wahrscheinlich auch dann nicht sofort zurückkehren würden.

Gerade deswegen brauchen die Menschen aus der Ukraine Perspektiven in Deutschland. Das aktuelle Aufenthaltsrecht für Ukrainerinnen und Ukrainer zum vorübergehenden Schutz endet allerdings im März 2024. Eine Verlängerung um ein weiteres Jahr wäre möglich, muss aber auf europäischer Ebene beschlossen werden. Aus dem Bundesinnenministerium heißt es zumindest, dass sich Deutschland in der EU dafür einsetzen werde. Für den Zeitraum danach gibt es bisher noch keine Lösungen. Diese wären allerdings dringend notwendig.

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Carlotta Richter, Politik-Korrespondentin.
Carlotta Richter, Politik-Korrespondentin. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Die Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland brauchen Sicherheit

Denn: Die Forschung zeigt, dass Geflüchtete vor allem dann dazu bereit sind, viel Kraft in ihre Integration zu investieren – etwa in Form von Sprachkursen oder Weiterbildungen –, wenn sie tatsächliche Bleibe-Perspektiven haben. Eine langfristige Möglichkeit, in Deutschland zu leben, wäre jedoch nicht nur für die Ukrainerinnen und Ukrainer wichtig, sondern könnte eine Entlastung des deutschen Arbeitsmarkts bedeuten.

Während in vielen Branchen, etwa in der Bildung, ausgebildete Fachkräfte fehlen, gehören die Menschen aus der Ukraine zu der Gruppe von Flüchtlingen, die besonders gut qualifiziert sind. Laut einer Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung haben 68 Prozent der Geflüchteten im erwerbsfähigen Alter einen Hochschulabschluss und weitere 16 Prozent eine Berufsausbildung.

Bisher arbeiten jedoch viele in Jobs, für die sie eigentlich überqualifiziert sind. Notwendig für eine bessere Integration in den Arbeitsmarkt wären – neben einer weiteren Steigerung der Sprachkenntnisse – unter anderem eine schnellere Anerkennung von Abschlüssen und mehr Betreuungsplätze für kleine Kinder.

Doch noch viel wichtiger wäre für die Ukrainerinnen und Ukrainer zuallererst vor allem eines: Sicherheit. Nicht nur vor Bomben und Raketen, sondern auch für ihre Zukunft. Deswegen muss die Politik möglichst schnell eine langfristige Perspektive für die Geflüchteten schaffen. Nach allem, was diese Menschen erlebt haben, brauchen sie zumindest dabei Gewissheit – und keine weiteren Sorgen.

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