Elmar Otto über das weiterhin strittige Thema Inklusion.

Der Ministerpräsident persönlich trat beim Thema Inklusion auf die Bremse. „Mir geht es um Qualität vor Geschwindigkeit“, betonte er. Das war vor dreieinhalb Jahren.

Bodo Ramelow hatte seinerzeit erkannt, dass der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern zwar eine gute Sache sein kann – aber nicht um jeden Preis. Neben baulichen Voraussetzungen müssen allgemeinbildende Schulen auch personell darauf vorbereitet werden. Erst dann wird es gelingen, Kindern mit Förderbedarf gerecht zu werden, ohne dass Klassenkameraden sich unterfordert fühlen, die keine Hilfestellung brauchen.

Inzwischen ist das neue Schulgesetz in Kraft. „Die Schulen haben den Auftrag, Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf vorrangig gemeinsam in den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, mit Ausnahme der Förderschulen, zu unterrichten; die Förderschulen wirken dabei unterstützend mit“, heißt es dort. Die Schulordnung, die in diesem Monat beschlossen und rückwirkend zum 1. August in Kraft treten soll, schließt daran an.

Die Union indes ist nicht prinzipiell gegen gemeinsamen Unterricht, räumt der Förderschule aber weiter einen höheren Stellenwert ein. Mit der neuen Schulordnung, befürchtet der CDU-Bildungspolitiker Christian Tischner, fällt die Förderschule immer mehr hinten runter. Das Bildungsministerium sieht diese Gefahr nicht. Hier geht die Auslegung der gesetzlichen Regeln auseinander. Fest steht, dass noch nicht ausreichend viele Pädagogen für den gemeinsamen Unterricht zur Verfügung stehen. Auch über Finanzen wird gestritten. Die Herausforderungen der Inklusion bleiben also trotz verringerter Geschwindigkeit groß.

Als die rot-rot-grüne Minderheitsregierung sich mit der CDU auf einen Stabilitätspakt einigte, wurde auch ein Schulfrieden ausgerufen, um gemeinsam und nicht gegeneinander geeignete Lösungen zu suchen.

Dieser Frieden scheint immer mehr in Gefahr.

Zankapfel Inklusion an Thüringens Schulen