Stuttgart/Berlin. Der Einsatz erfolgt mit einem Großaufgebot an Beamten: Zehn Staatsanwälte und 176 Kräfte des Landeskriminalamtes und der Steuerfahndung haben am Dienstag Büros des Sportwagenherstellers Porsche durchsucht.

Der Einsatz erfolgt mit einem Großaufgebot an Beamten: Zehn Staatsanwälte und 176 Kräfte des Landeskriminalamtes und der Steuerfahndung haben am Dienstag Büros des Sportwagenherstellers Porsche durchsucht. Ziele waren zudem Räume einer Steuerberatungskanzlei, eine Finanzbehörde und mehrere Privatwohnungen in Süddeutschland. Im Fokus steht die Suche nach Beweisen: Es besteht der Verdacht, „dass möglicherweise einem ehemaligen Betriebsratsmitglied der Porsche AG mit Rücksicht auf dessen Tätigkeit unverhältnismäßig hohe und damit nicht gerechtfertigte Vergütungen gezahlt worden sind“, erläuterte die Staatsanwaltschaft Stuttgart. In diesem Zusammenhang geraten sechs Beschuldigte ins Visier, „die teilweise Führungsverantwortliche der Porsche AG sind“. Sie könnten sich durch die hohen Zahlungen „unter anderem der Untreue zulasten der Porsche AG strafbar gemacht haben“. Der betroffene Ex-Betriebsrat sei dagegen nicht unter den Beschuldigten, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Unabhängig von diesem Fall ermitteln die Strafverfolger bei ihrem Einsatz zudem gegen einen Finanzbeamten des Konzernprüfungsamtes Stuttgart, einen Steuerberater und einen Mitarbeiter von Porsche unter dem Verdacht der Bestechung. So soll ein Beamter während einer laufenden Betriebsprüfung der Porsche AG geheimhaltungsbedürftige Informationen an einen Steuerberater von Porsche verraten und im Gegenzug Vorteile angenommen haben.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Stuttgarter Staatsanwaltschaft die Aktivitäten der Tochter des Volkswagen-Konzerns ins Visier nimmt. Erst vor Kurzem griffen die Ermittler hart gegen Porsche durch – und zwar im Zusammenhang mit dem Dieselskandal: Anfang Mai verhängten die Staatsanwälte gegen Porsche die empfindliche Geldbuße von 535 Millionen Euro wegen der fahrlässigen Verletzung der Aufsichtspflicht im Entwicklungsbereich – mit Blick auf den Einsatz unzulässiger Abschalteinrichtungen. Porsche akzeptierte die Buße und verzichtete auf die Einlegung von Rechtsmitteln. Für den VW-Konzern war dies ein weiterer Baustein im Abgasskandal, für den der Autohersteller international mittlerweile rund 30 Milliarden Euro für Geldbußen, Strafen und Schadenersatz leisten musste.

Allein in Deutschland laufen aktuell mehr als 60.000 Einzelverfahren gegen Volkswagen und Tochtergesellschaften. Bei den meisten handelt es sich um Klagen auf Schadenersatz oder Rückabwicklung. Darüber hinaus klagen Verbraucherschützer und der ADAC im Zuge einer Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen, der sich bundesweit schon mehr als 400.000 betroffene Autobesitzer angeschlossen haben.

Bei der aktuellen Durchsuchung stehen die Gehälter des Betriebsrates im Zentrum des Interesses. Um welchen Arbeitnehmervertreter es konkret geht, sagte die Staatsanwaltschaft nicht. Auch ein Porsche-Sprecher bestätigte nur die Ermittlungen und sagte, dass der Autobauer vollumfänglich mit den Behörden kooperiere. Nach Informationen unter anderem von „Spiegel“ und „Handelsblatt“ könnte es sich um den langjährigen Porsche-Betriebsratsvorsitzenden Uwe Hück handeln. Seine Wohnung wurde nach einem Bericht des „Pforzheimer Kuriers“ am Dienstag ebenfalls durchsucht. Er selbst ist aber kein Beschuldigter, sondern allenfalls Zeuge. Hück hatte bei Porsche jahrelang mächtige Positionen inne: Er war nicht nur Betriebsratschef, sondern auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Porsche AG und VW-Aufsichtsratsmitglied. Im Februar trat Hück von allen Ämtern zurück. Seither ist der 57-Jährige vor allem politisch aktiv: Als langjähriges SPD-Mitglied wurde er jetzt in den Gemeinderat von Pforzheim gewählt. Die Ermittlungen wegen einer zu hohen Bezahlung eines Betriebsrates bei Porsche weisen Parallelen zu Volkswagen auf. Auch bei dem VW-Konzern ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig bereits seit Frühjahr 2017 gegen ehemalige VW-Personalchefs und Vorstände wegen des Verdachts auf möglicherweise überhöhte Betriebsratsvergütungen. Auch dort zählen die Betriebsräte selbst nicht zu den Beschuldigten.

Volkswagen hatte nach Bekanntgabe der Ermittlungen die Gehälter führender Arbeitnehmervertreter für 1,5 Jahre gedeckelt. Damals erhielt der langjährige VW-Betriebsratsvorsitzende Bernd Osterloh ein Grundgehalt von rund 200.000 Euro zuzüglich Bonuszahlungen, wie er der „Braunschweiger Zeitung“ verriet. Doch seit Mitte Mai ist die Gehaltskürzung wieder Vergangenheit: Nach einem konzerninternen Vergleich bekommt nicht nur Osterloh, sondern auch 14 weitere Arbeitnehmervertreter wieder übertarifliche Bezüge.