Berlin. Eine halbe Milliarde Euro investieren namhafte Firmen in das Heidelberger Start-up Aleph Alpha. Doch was macht es so besonders?

Es wurde erst 2019 gegründet, aber Anfang der Woche konnte sich das Heidelberger Start-up Aleph Alpha über einen außergewöhnlichen Geldregen freuen. Insgesamt 500 Millionen US-Dollar (486 Millionen Euro) haben verschiedene Investoren zusammengetragen, um den deutschen Hoffnungsträger in Sachen Künstlicher Intelligenz (KI) auf ein neues Level zu heben. Den ganz Großen soll es Konkurrenz machen, ChatGPT von OpenAI oder Microsoft. Eine halbe Milliarde: Das ist die zweitgrößte Finanzierungsrunde im Bereich KI, die es in Europa bisher gegeben hat.

Aleph Alpha entwickelt große Sprachmodelle mit KI-Funktionen, ähnlich wie das kalifornische Start-up OpenAI mit ChatGPT. Das Unternehmen aus Heidelberg hat sich aber auf Anwendungsfälle für die öffentliche Verwaltung und die Industrie spezialisiert. Sein Sprachmodell heißt Luminous.

Aleph Alpha: Das ist der Unterschied zu ChatGPT

Im Gegensatz zu ChatGPT richtet sich Luminous nicht vorrangig an Endkunden, sondern bildet vielmehr die Grundlage für Anwendungen in Unternehmen oder Behörden. Aleph Alpha hat beispielsweise in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg einen virtuellen Assistenten entwickelt, der Verwaltungsmitarbeiter bei der Dokumentenrecherche und beim Schreiben von Vorlagen unterstützen soll. Auch im Kundenservice – beispielsweise wenn Kunden online eine Frage haben – kann die KI eingesetzt werden.

Aleph Alpha gilt als deutsches Vorzeige-Start-up. Noch 2022 gewann es den Deutschen Gründerpreis. Und jetzt diese Mega-Investition: Vier Jahre nach der Gründung spielt Aleph Alpha endgültig bei den ganz Großen mit. An der Spitze steht einer, der schon Erfahrungen bei eben diesen gesammelt hat: Jonas Andrulis. Bevor er Aleph Alpha gründete, hat er beim Tech-Konzern Apple im kalifornischen Cupertino in der Führungsebene gearbeitet. Zurück in der Heimat, gründete Andrulis 2019 mit dem ehemaligen Deloitte-Manager Samuel Weinbach (35) schließlich Aleph Alpha.

Andrulis zählt zu den führenden KI-Experten in Deutschland – dank seiner jahrelangen unternehmerischen Erfahrung, aber auch durch seine Arbeit im Silicon Valley. Wie wichtig Andrulis als Führungsfigur von Aleph Alpha ist, zeigt nun auch die 500-Millionen-Investition – und das Vertrauen, das die Investoren eben in Andrulis haben.

Diese Firmen investieren 500 Millionen Dollar in das Start-up

Sieben Firmen investierten jetzt in das noch junge Start-up, darunter Branchenriesen wie SAP, Bosch oder die Schwarz-Gruppe, der Mutterkonzern von Lidl. Die gemeinsame Hoffnung: Durch die Investition soll KI-Technologie nach europäischen Datenschutzstandards gefördert werden. Und Aleph Alpha soll im internationalen Wettbewerb mit milliardenschweren Konkurrenten mithalten können.

Jonas Andrulis ist der Gründer des KI-Unternehmens Aleph Alpha. Er hat bereits für Apple gearbeitet.
Jonas Andrulis ist der Gründer des KI-Unternehmens Aleph Alpha. Er hat bereits für Apple gearbeitet. © DPA Images | Bernd Weißbrod

Ein erheblicher Anteil der Investitionssumme fließt in Form einer Kapitalzusage des Innovation Park Artificial Intelligence (Ipai), einem Projekt der Dieter Schwarz Stiftung. Bis 2027 soll Ipai im baden-württembergischen Heilbronn das größte Forschungszentrum Europas für KI werden. Aleph Alpha und Ipai wollen bei der weiteren Forschung kooperieren.

Die Schwarz-Gruppe wird nach Informationen des „manager magazin“ mehr als zehn Prozent an Aleph Alpha übernehmen und damit größter Anteilseigner. 100 Millionen Dollar aus der Finanzierungsrunde kommen demnach allein vom Lidl-Konzern, weitere 300 Millionen Euro stelle der Konzern gemeinsam mit seiner Stiftung für die Forschungs- und Entwicklungsarbeit des Start-ups zur Verfügung.

KI: Warum Vertrauen in die Technologie wichtig ist

Neben Schwarz beteiligt sich Bosch Ventures, eine Beteiligungsgesellschaft von Bosch, mit dem größten Kapitalanteil. „Aleph Alpha steht für vertrauenswürdige KI – und das passt sehr gut zu unseren Werten bei Bosch“, sagt Bosch-Geschäftsführerin Tanja Rückert dieser Redaktion. KI sei für Bosch eine Schlüsseltechnologie, sagte Rückert weiter. Seit 2018 gebe es im Konzern mehr als 1000 KI-Patente.

„Künstliche Intelligenz ist allgegenwärtig. Sie zu erforschen und verantwortungsbewusst einzusetzen ist der Grund dafür, warum wir in Aleph Alpha investieren“, erklärte Rolf Schumann, Co-CEO Schwarz Digits. Man wolle Vertrauen in diese Technologie aufbauen und sie noch stärker in den Alltag integrieren. Auch Bosch-Geschäftsführerin Rückert sprach über Vertrauen in die neue Technologie. „Wir sind der Überzeugung: Künstliche Intelligenz wird sich nur durchsetzen, wenn der Mensch ihr vertraut.“ Bosch beispielsweise habe sich im Frühjahr 2020 einen eigenen KI-Kodex gegeben, „eine Selbstverpflichtung zu nachvollziehbarer KI zum Wohle des Menschen“, so Rückert weiter.