Berlin. Mit „Wetten, das war’s…?“ verabschiedet sich Frank Elstner vom TV. Eine sehenswerte Show mit Beichten, Tränen und einer Versöhnung.

Das Konzept ist simpel: Zwei Gäste an einem Tisch bei einem Glas Wein. Frank Elstners Abschied von Kamera und Mikrofon ist äußerlich weitaus ruhiger und unprätentiöser, als es „Wetten, dass…“, die Show, die er erfand, jemals war. Bei „Wetten, das war’s“ gibt es statt lauter Showmusik und Konfetti tiefgründige Gespräche, die es in sich haben.

Das TV-Urgestein dreht bei Netflix eine letzte Ehrenrunde seines Talkshow-Projekts, das seit April 2019 auf YouTube zu sehen war. Für seinen YouTube-Kanal war Elstner damals mit einem „YouTube Goldene Kamera Digital Award“ geehrt worden – als Newcomer.

„Wetten, das war’s“: Netflix-Show mit hochkarätigen Gesprächspartnern

In seiner Netflix-Show führt er das Talkformat fort – diesmal mit Klaas Heufer-Umlauf, Joko Winterscheidt, Lena Meyer-Landrut, Charlotte Roche und Daniel Brühl.

Sie alle kommen zu Elstner an den Tisch, als wenn sie die letzten in einer Bar wären, es drei Uhr nachts wäre und sie sich dann erst trauen würden, sich zu dem großen Entertainer zu setzen. Doch Elstner führt die Gespräche auf Augenhöhe: Als Klaas Heufer-Umlauf ihn die ersten paar Minuten des Gesprächs siezt, bietet er ihm sofort das Du an.

In den jeweils etwa 40 Minuten, die eine Folge dauert, plaudert Heufer-Umlauf über seine Ausbildung zum Friseur und erzählt, dass er privat eigentlich keinen Kontakt zu Joko Winterscheidt hat. Charlotte Roche spricht viel über Bücher und zeigt Elstner ihr Organspendeausweis-Tattoo. Der muss im Gespräch mit der Moderatorin und Autorin erkennen, dass er ziemlich unmodern ist.

Lena Meyer-Landrut, Klaas Heufer-Umlauf, Frank Elstner, Joko Winterscheidt und Charlotte Roche in der Show „Frank Elstner – Wetten, das war's..?
Lena Meyer-Landrut, Klaas Heufer-Umlauf, Frank Elstner, Joko Winterscheidt und Charlotte Roche in der Show „Frank Elstner – Wetten, das war's..?". © dpa | -

Lena Meyer-Landrut: Tränen beim Wiedersehen mit Frank Elstner

Am emotionalsten ist aber die Unterhaltung mit Lena Meyer-Landrut. Elstner erinnert sich mit der Sängerin an ein gemeinsames verpatztes Interview am Rande des Eurovision Song Contests, den sie 2010 gewann.

In dem Gespräch hatte die Sängerin dem Entertainer zum Teil sehr schnippisch geantwortet, ihn vor laufender Kamera bloßgestellt. Bei ihrem Wiedersehen zeigen sich Elstner und Meyer-Landrut aber versöhnlich – und es fließen Tränen.

Frank Elstner sagt gleich zu Beginn zu ihr, dass er sich bei entschuldigen müsse: „Lena, ich habe keine besonders guten Fragen gestellt, das gebe ich zu.“ Als er nach dem Interview nach Hause gekommen sei, hätten selbst seine Kinder nur den Kopf über ihren Vater geschüttelt. Noch heute mach er sich Vorwürfe, auch weil Meyer-Landrut nach dem Interview einen Shitstorm kassierte.

Die Sängerin rührt die Entschuldigung zu Tränen, Elstner reicht ihr, ganz der ältere Herr, der er ist, ein Taschentuch. „Ich fange sofort an zu weinen, wenn Sie das so nett sagen“, erklärt sich die 29-Jährige. Aber auch sie blickt heute anders auf die Situation zurück: „Ich muss mich auch entschuldigen“, sagt sie schluchzend zu ihm, „ich war einfach überfordert, müde und noch nicht professionell.“

Die Karriere Frank Elstners in Bildern

Frank Elstner hat Fernsehgeschichte geschrieben – nicht nur mit der Erfindung von „Wetten, dass..?“. Kaum zu erkennen: Der Showmaster sitzt während einer Sendung für „Radio Luxemburg“ mit Kopfhörern an seinem Arbeitsplatz vor dem Mikrofon. Der Österreicher war zwischen 1964 bis 1983 dort tätig. Wir zeigen Bilder seiner Karriere.
Frank Elstner hat Fernsehgeschichte geschrieben – nicht nur mit der Erfindung von „Wetten, dass..?“. Kaum zu erkennen: Der Showmaster sitzt während einer Sendung für „Radio Luxemburg“ mit Kopfhörern an seinem Arbeitsplatz vor dem Mikrofon. Der Österreicher war zwischen 1964 bis 1983 dort tätig. Wir zeigen Bilder seiner Karriere. © dpa | Hannes Hemann
Bei so viel Arbeit musste Elstner auch mal entspannen, so wie hier, rauchend und zeitungslesend im Bademantel auf seinem Bett.
Bei so viel Arbeit musste Elstner auch mal entspannen, so wie hier, rauchend und zeitungslesend im Bademantel auf seinem Bett. © imago | Rolf Hayo
Frank Elstner wirkt nicht nur vor der Kamera souverän, sondern auch bei der Präsentation der heimischen Spielzeugsammlung.
Frank Elstner wirkt nicht nur vor der Kamera souverän, sondern auch bei der Präsentation der heimischen Spielzeugsammlung. © imago | Rolf Hayo
Der am 19. April 1942 geborene Elstner wechselte im Laufe seiner Kariere vom Radio zum Fernsehen. Diese Aufnahme zeigt ihn am 23. August 1971 in der Grugahalle in Essen als Moderator der Fernsehshow „Spectaculum 72“ – eine Show zugunsten des Weltkinderhilfswerkes der UNICEF.
Der am 19. April 1942 geborene Elstner wechselte im Laufe seiner Kariere vom Radio zum Fernsehen. Diese Aufnahme zeigt ihn am 23. August 1971 in der Grugahalle in Essen als Moderator der Fernsehshow „Spectaculum 72“ – eine Show zugunsten des Weltkinderhilfswerkes der UNICEF. © dpa | dpa
Frank Elstner als Spielleiter der Fernsehshow „Die Montagsmaler“ in den 1970er Jahren. Wie viele andere Shows hatte Elstner das Format selbst konzipiert.
Frank Elstner als Spielleiter der Fernsehshow „Die Montagsmaler“ in den 1970er Jahren. Wie viele andere Shows hatte Elstner das Format selbst konzipiert. © imago | United Archives
In „Die Montagsmaler“ ging es ums schnelle Raten – und das über 20 Jahre lang. Elstner moderierte von 1974 bis 1979, ehe Reinhard Mey und später Sigi Harreis (r.) seinen Posten übernahmen. 22 Jahre nach der bislang letzten Ausgabe kehrt die Show Ende August 2018 wieder zurück – mit Moderator Guido Cantz.
In „Die Montagsmaler“ ging es ums schnelle Raten – und das über 20 Jahre lang. Elstner moderierte von 1974 bis 1979, ehe Reinhard Mey und später Sigi Harreis (r.) seinen Posten übernahmen. 22 Jahre nach der bislang letzten Ausgabe kehrt die Show Ende August 2018 wieder zurück – mit Moderator Guido Cantz. © imago | United Archives
1981 erfand der in Linz geborene Showmaster die beliebte Fernsehshow „Wetten, dass...?“. Sie gilt bis heute als die erfolgreichste Fernsehshow Europas.
1981 erfand der in Linz geborene Showmaster die beliebte Fernsehshow „Wetten, dass...?“. Sie gilt bis heute als die erfolgreichste Fernsehshow Europas. © dpa | Dürrwald
Kaum ein Star kam im Laufe der vielen Jahre nicht zu „Wetten, dass..?“. Im Mai 1983 begrüßte Elstner in Saarbrücken unter anderem die Schauspielerin Ingrid Steeger.
Kaum ein Star kam im Laufe der vielen Jahre nicht zu „Wetten, dass..?“. Im Mai 1983 begrüßte Elstner in Saarbrücken unter anderem die Schauspielerin Ingrid Steeger. © imago | teutopress
Elstner moderierte „Wetten, dass..?“ von 1981 bis 1987. Thomas Gottschalk (l.) und Wolfgang Lippert (Mitte) waren neben Markus Lanz seine Nachfolger.
Elstner moderierte „Wetten, dass..?“ von 1981 bis 1987. Thomas Gottschalk (l.) und Wolfgang Lippert (Mitte) waren neben Markus Lanz seine Nachfolger. © imago | teutopress
Frank Elstner mit der Sängerin Nicole in der Sendung „Menschen 82“.
Frank Elstner mit der Sängerin Nicole in der Sendung „Menschen 82“. © imago | teutopress
Noch so ein Format, das Elstner Deutschland berühmt machte, auch wenn es ausnahmsweise nicht von ihm erfunden wurde: „Jeopardy“ moderierte er für RTL über 500 Mal.
Noch so ein Format, das Elstner Deutschland berühmt machte, auch wenn es ausnahmsweise nicht von ihm erfunden wurde: „Jeopardy“ moderierte er für RTL über 500 Mal. © imago | Horst Galuschka
Außerdem war Elstner immer für einen Spaß zu haben – und offenbar auch ein feiner Mensch. Thomas Gottschalk sagte, Elstner sei der netteste Mensch, der ihm im Showgeschäft je begegnet sei.
Außerdem war Elstner immer für einen Spaß zu haben – und offenbar auch ein feiner Mensch. Thomas Gottschalk sagte, Elstner sei der netteste Mensch, der ihm im Showgeschäft je begegnet sei. © imago stock&people | teutopress
Frank Elstner im Jahr 2008 als Moderator der ARD-Wissenschaftssendung „Die große Show der Naturwunder“. Auch abseits der Showformate beschäftigt sich Elstner mit Tieren – als Produzent und Macher von Tierfilmen.
Frank Elstner im Jahr 2008 als Moderator der ARD-Wissenschaftssendung „Die große Show der Naturwunder“. Auch abseits der Showformate beschäftigt sich Elstner mit Tieren – als Produzent und Macher von Tierfilmen. © dpa | Marc Müller
Frank Elstner im Dezember 2016 während der Aufzeichnung zur 500. Latenight-Show im Südwestrundfunk (SWR).
Frank Elstner im Dezember 2016 während der Aufzeichnung zur 500. Latenight-Show im Südwestrundfunk (SWR). © dpa | Patrick Seeger
Frank Elstner und seine Frau Britta im März 2017. Für den Fernsehmacher ist es bereits die dritte Ehe.
Frank Elstner und seine Frau Britta im März 2017. Für den Fernsehmacher ist es bereits die dritte Ehe. © dpa | Lino Mirgeler
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Frank Elstner zu Lena: „Shitstorms gab es zu meiner Zeit nicht“

Die Versöhnung entspinnt sich zu einem interessanten Gespräch über das Star-Dasein – heute, zu Lena Meyer-Landruts Zeit und damals, als Frank Elstner der Showmaster Deutschlands war. Meyer-Landrut erklärt, dass man Zeit brauche, um mit der Öffentlichkeit umgehen zu können: „Das Feedback ist, glaube ich, nicht sanfter geworden, aber man lernt einfach damit umzugehen.“

Und Elstner gibt zu, dass er sich gar nicht vorstellen kann, wie es der Sängerin damals nach dem Interview und natürlich auch heute ergeht: „Sie müssen mir das erklären, ich weiß das natürlich nicht so wie Sie. Denn zu meiner Zeit war das Internet nicht so wichtig.“ Einen Shitstorm habe er wohl einfach noch nie erlebt, weil es so etwas zu seiner Zeit nicht gab, erklärt der Entertainer.

Neben der emotionalen Folge mit Lena Meyer-Landrut gibt es aber auch Beichten, die eher amüsant sind. Klaas Heufer-Umlauf entschuldigt sich bei Elstner beispielsweise für einen Showstunt: „Ich schäme mich dafür, dass ich dich einmal mit Pupsspray bei „Neo Paradise“ durch das Studio gejagt habe“, erklärte der Moderator.

Frank Elstner bei einer „Wetten, dass ..?
Frank Elstner bei einer „Wetten, dass ..?"- Ausgabe im Jahr 1981. © dpa | Hans Dürrwald

„Wetten, das war’s“: Frank Elstners leiser Abschied von der Kamera

„Wetten, das war’s“ ist ein leiser Abschied – dafür aber einer mit Stil. Die Netflix-Show ist ein Querschnitt durch Frank Elstners Leben und die neue Generation der deutschen Unterhaltungsbranche. Elstner, der Grandseigneur des deutschen Show-Fernsehens, hält Hof und ist eben doch der, der nachts einer der letzten Gäste in der Bar ist und noch nicht nach Hause gehen will. Er ist Interviewer und Erzähler zugleich, ernst und mit einem Augenzwinkern.

Der Weg, den der 78-jährige TV-Entertainer für seinen Abschied gewählt hat, ist ungewöhnlich. Dass ausgerechnet eine Fernsehlegende beim Streamingdienst Netflix Adieu sagt, mag verwundern. Doch ähnlich wie schon bei seiner YouTube-Show beweist Elstner, dass er trotz des hohen Alters am Puls der Zeit ist.

"Wetten, dass...?"-Erfinder Frank Elstner 2001 an der Seite von Moderator Thomas Gottschalk. © dpa | Rolf Haid

Über die Netflix-Staffel von „Wetten, das war’s“ sagte Elstner vorab: „Ein Gespräch ist kein Boxkampf. Es geht nicht ums Gewinnen. Vielmehr ist es ein Geschenk. Und diese Sendung ist mein letztes an Sie.“ Es ist ein sehenswertes Geschenk.

Die Staffel „Frank Elstner: Wetten, das war’s..?“ mit fünf Folgen ist ab dem 12. Juni auf Netflix zu sehen.