Berlin. Die Zahl der Coronavirus-Infektionen in Deutschland steigt. Bei „Lanz“ wurde deutlich, dass die Krise auch Prominenten Sorgen bereitet.

Es sei eine „unglaubliche Herausforderung für uns alle“ sagt Olaf Scholz gleich zu Beginn der Sendung „Lanz“ am Donnerstagabend. Der Bundesfinanzminister spricht bei Markus Lanz mit belegter Stimme, er ist erkältet. Ein Corona-Test fiel negativ aus. Zum Glück, denn in der Corona-Krise arbeitet Scholz’ Ministerium gerade unter Hochdruck.

„Ich bin ebenso besorgt wie die Bürgerinnen und Bürger“, meint der SPD-Politiker in Bezug auf die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie. Gleichzeitig zeigt sich Scholz aber auch ein wenig optimistisch: Der Schuldenabbau der letzten Jahre würde sich nun auszahlen und den Sozialstaat gut absichern. Er hoffe, dass die Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung von Unternehmen greifen und kleinen Betrieben schnell mit unbürokratischen Krediten und der neuen Regelung zur Kurzarbeit geholfen werde.

Markus Lanz – das waren die Gäste:

  • Olaf Scholz, Vizekanzler und Bundesfinanzminister (SPD)
  • Peter Tschentscher, Bürgermeister von Hamburg (SPD)
  • Stephan Pusch, Politiker im Heinsberger Landrat (CDU)
  • Prof. Melanie Brinkmann, Virologin
  • Tim Mälzer, Koch

Coronavirus Thema bei „Lanz“: Zwei von Tim Mälzers Betrieben vor dem Aus

Starkoch Tim Mälzer bezweifelt derweil, dass sich die Hoffnungen des Ministers erfüllen. Wegen der laufenden Miet- und Personalkosten stünden derzeit zwei seiner Firmen vor dem möglichen Aus, sagt Mälzer: „Sehr viele Kosten werden in der Gastronomie direkt aus den Einnahmen gedeckt, gerade nach schwachen Monaten wie Januar und Februar.“

Und wenn es einem Unternehmer wie Mälzer so ergeht, wie sieht es dann erst für die kleine Pizzeria an der Ecke aus? Der Fernsehkoch möchte nun zumindest die Kapazitäten in seinen leeren Restaurants nutzen, um Mahlzeiten für all jene zu kochen und auszuliefern, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, also im Krankenhaus, an der Supermarktkasse oder als Polizeistreife.

Coronavirus: Hamburger Bürgermeister möchte Ausgangssperre vermeiden

Das kann Peter Tschentscher, Hamburgs Erster Bürgermeister, nur loben. Er glaubt, die Schließung von Restaurants, Cafés und Läden habe schon jetzt einen Effekt auf die Ausgehfreudigkeit der Hamburger. Über Lageinformationen durch die Polizei halte er sich aktuell darüber auf dem Laufenden, wie viele Betriebe gegen die Auflagen verstoßen oder ob noch Menschengruppen in Hamburg sind.

„Es nützt nichts, immer härtere Regeln einzusetzen und dann hält sich niemand daran“, so Tschentscher. Er wolle eine Ausgangssperre vermeiden, doch dafür müsse sich jeder einzelne Bürger verantwortungsvoll verhalten: „Wir können nicht hinter 1,8 Millionen Menschen in Hamburg mit der Polizei hinterher sein. Deswegen muss schon ein großer Teil von selbst mitziehen“, so der SPD-Bürgermeister.

Coronavirus bei „Lanz“: Krankenhäuser müssen Zeit gewinnen

Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch, in dessen Kreis es den bisher größten Ausbruch des Virus in Deutschland gab, appelliert ebenfalls an den gesunden Menschenverstand der Zuschauer: „Ich will nichts unversucht lassen, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Und wenn die Leute nicht vernünftig werden, brauchen wir eben die Ausgangssperre.“

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Ein Verbot, das Haus oder die Wohnung unnötig zu verlassen, könnte die Infektionskurve abflachen lassen, die Zahl der neuen Übertragungen reduzieren.

Das stelle eine wichtige Ressource für die Krankenhäuser da, erklärt die Virologin Prof. Melanie Brinkmann: „Wir brauchen vor allem Zeit. Nicht nur für Vorbereitung und Materialbeschaffung in den Krankenhäusern, sondern auch, um kluge Entscheidungen zu treffen.“ Ohne diesen Zeitvorsprung und eine Abflachung der Kurve würde es zu „kriegsähnlichen Zuständen“ in den Krankenhäusern kommen, so die Virologin.

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Virologin Brinkmann: 100.000 Infizierte in Deutschland wahrscheinlich

Die Entscheidung über mögliche Ausgangssperren liegen nun bei den Landesregierungen. Versucht man es mit einem totalen Shutdown wie in China, selbst wenn es die Wirtschaft immens beschädigt? Auch Brinkmann spricht sich weiterhin dafür aus, dass man lediglich seine Kontakte auf ein Minimum reduziere. So würde man vermeiden, dass das Virus auf andere übertragen wird – auch wenn noch nicht gesichert ist, dass man selbst krank ist.

Denn das ist ja gerade das Gefährliche an SARS-CoV-2: Der schleichende Prozess und die lange Inkubationszeit des Virus’ sorgen dafür, dass man immer wieder explosionsartige Anstiege der Krankenzahlen beobachten kann.

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    „Mittlerweile müssen wir bei 13.000 offiziellen Fällen von einer Dunkelziffer von 100.000 Infizierten ausgehen“, so Brinkmann. In der nächsten Woche müsste dann mit etwa 300.000 Fällen gerechnet werden.

    Coronavirus bei „Lanz“ – “Die Angst darf uns nicht lähmen“

    Bei diesen Einschätzungen wird völlig klar, warum die deutsche Bevölkerung sich so verunsichert zeigt. Das darf aber nicht Überhand gewinnen, wenn es nach Peter Tschentscher geht: „Die Angst darf uns nicht lähmen. Wir müssen jetzt alle unseren Teil beitragen“, so der Hamburger Politiker am Ende der Sendung.

    Und nie war gesamtgesellschaftliches Engagement so einfach: Heute tut man anderen schon etwas Gutes, wenn man zuhause auf der Couch sitzt.

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