Köln. Stefan Raab hält an seiner ESC-Konkurrenz fest: Beim “Free ESC“ setzt sich ein Profi durch. Eine Sängerin liefert ein Polit-Statement.

Dass Stefan Raab große Leidenschaften für den Eurovision Song Contest (ESC) hegt, ist bekannt. Als dieser dann im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie ausfalle sollte, konnte der ehemalige Moderator das nicht hinnehmen – und kreierte seinen eigenen ESC, den „Free ESC“. Zwar findet in diesem Jahr das Original statt, aber auf seinen Ableger wollte Raab dennoch nicht verzichten. Und so traten am Samstagabend 16 Länder gegeneinander an.

Moderiert wurde die Live-Show auch diesmal wieder von Conchita Wurst und Steven Gätjen. Eine nicht ganz nachvollziehbare Entscheidung. Zwar sind beide bekannte Gesichter, die mit dem ESC verbunden sind, aber sie harmonieren so gar nicht. Wer sich auf pointierte Anmoderationen einstellte, musste den Sendersuchlauf starten. Stattdessen gab es zahlreiche Versprecher und gescheiterte Witze.

Gewinner ist Irland, in Gestalt eines Altmeisters

Wie schon im vergangenen Jahr traten prominentere und weniger prominente Musiker nacheinander für ihr Heimatland in Köln an. Dabei waren die Auftritte sehr durchwachsen. Hatte man bei Juan Daniél (52 Punkte), der für Spanien antrat, noch den Eindruck, dass der Newcomer mit seiner Nervosität zu kämpfen hatte, standen da andere musikalische Schlachtschiffe wie Rea Garvey für Irland oder „Udo Lindenberg“ alias Helge Schneider für Deutschland auf der Bühne, die sich reichlich wenig von den Kameras und der Stimmung beeindrucken ließen. Auch interessant: Kult-Wrestler New Jack mit 58 Jahren verstorben

Entsprechend fielen auch die Punkte aus: Mit 116 Punkten gewann Rea Garvey mit „The One“ für Irland. Dahinter folgte Danny Vera mit „Roller Coaster“ für die Niederlande (94 Punkte). Den dritten Platz teilten sich Milow mit „ASAP“ für Belgien (77 Punkte) sowie Amy MacDonald mit „Statues“ für Schottland (77 Punkte). Wie schon im vergangenen Jahr belegte Deutschland den vierten Platz mit Helge Schneiders „Supergeiler Helge Schneider“ (69 Punkte). Mehr zum Thema:"Let's Dance": Trip-Tänze sorgen für sexuelle Energien

Helge Schneider mimte
Helge Schneider mimte "Panik"-Ikone Udo Lindenberg. © Foto: Willi Weber/ProSieben/dpa

Elif richtet kämpferische Worte an Menschen in der Türkei

Ein Höhepunkt war der Auftritt von Elif mit „Alles Helal“ für die Türkei. Den fünften Platz belegte sie 68 Punkten. Mit einem blauen Auge und einem großen Kratzer stand sie im schwarzen Ganzkörperanzug auf der Bühne. Damit wollte die 28-Jährige ein Zeichen setzen, nicht weniger als ein politisches Zeichen sollte es sein.

„Ich wollte die Chance nutzen, um für alle Menschen - die unsichtbar und stumm gemacht werden - zu singen und die Zuschauer_innen auf die Unfreiheit und Gewalt an Frauen und LGBTQIA+ Mitgliedern in der Heimat meiner Eltern aufmerksam zu machen“, erklärte die Sängerin auf Instagram. Natürlich sei das kein rein türkisches Problem. Aber dort sei die Situation besonders schlimm. Auch interessant: Warum der Party-Sommer auf Mallorca wohl ausfallen wird

"Blümchen" schwächelt - und wird abgestraft

Zwar sind auch beim ESC immer wieder Auftritte dabei, die einen verwundert und mit zugeklappten Ohren auf der Couch sitzen lassen, aber darauf hätte man nun eigentlich bei dem neuen Ableger verzichten können. Aber nicht mit Raab. Mit „Gold“ trat Jasmin Wagner im goldenen Jäckchen für Kroatien auf – und erlangte völlig zurecht den letzten Platz (18 Punkte).

Da sich „ProSieben“ ausnahmsweise mal mit den Werbepausen zurückhielt, war Wagners schwacher Auftritt die perfekte Gelegenheit, schnell einen weiteren Drink zu holen. Ähnlich erging es einem, als Sotiria „Herz“ sang – mit Zeilen wie „Ich wünsche mir ein Feuer, das im Herzen brennt, das heller scheint als alles, was mein Alltag kennt“ wahrlich kein lyrischer Erguss und der vorletzte Platz (23 Punkte).

Spanien hatte den ersten Free ESC gewonnen

Wie beim Original vergaben jedes Land nach den Auftritten Punkte an die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer: von eins bis acht sowie zehn und zwölf. Vergeben wurden diese unter anderem von Model Sylvie Meis für die Niederlande, Rapper Eko Fresh für die Türkei und Model Monica Ivancan für Kroatien. In Deutschland, Österreich und der Schweiz konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer via Telefon oder SMS abstimmen. Allerdings nicht für ihr Heimatland.

Gewinner des ersten „Free ESC“ war Nico Santos. Mit dem Song "Like I Love You" holte er im vergangenen Jahr den Titel für Spanien. Er erhielt für seinen Auftritt insgesamt 104 Punkte. Auf Platz 2 schaffte es die niederländische Country-Sängerin Ilse DeLange mit "Changes" (88 Punkte). Für den Mond trat Der Astronaut (alias Max Mutzke) verkleidet im "Masked Singer"-Kostüm an und kam auf Platz 3 (85 Punkte). Für Deutschland sang auch damals schon Helge Schneider und platzierte sich auf dem vierten Platz mit 76 Punkten.