Berlin Bei „Markus Lanz“ sprachen die Gäste über das Ergebnis des Corona-Gipfels. Stephan Weil hält Auslandsreisen für einen großen Fehler.
Während noch vor wenigen Tagen von Lockerungen die Rede war, steuert Deutschland jetzt auf einen harten Oster-Lockdown zu. Das macht laut Markus Lanz einfach nur „mütend“, also „müde“ und „wütend“. Gemeinsam mit seinen Gästen diskutierte der Moderator im ZDF-Talk am Dienstagabend über das Corona-Chaos der Politik.
Nach einem stundenlangen Konferenzmarathon einigten sich Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten auf die sogenannte „Osterruhe“. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil lobte zu Beginn per Videochat die Zusammenarbeit.
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„Gestern hatte ich den Eindruck, dass wir wirklich, ja, sehr gut miteinander gerungen haben, aber vor allen Dingen auch am Ende gut auf eine gemeinsame Linie uns verständigen haben können“, sagte Weil.
„Markus Lanz" – Das waren die Gäste:
- Stephan Weil (SPD): Politiker
- Robin Alexander: Journalist
- Mai Thi Nguyen-Kim: Autorin
- Prof. Hendrik Streeck: Virologe
- Prof. Stefan Kluge: Arzt
Weder „Welt“-Journalist Robin Alexander noch Moderator Markus Lanz konnten die Begeisterung teilen. „Wir sollten es jetzt nicht schöner reden, als es war, Herr Weil. So viel Einigkeit kann es da nicht gegeben haben“, konterte Lanz.
Markus Lanz: Robin Alexander nennt Corona-Gipfel „dysfunktional“
Der SPD-Politiker sprach von einem „politischen Kunststück“, das derzeit geleistet werden müsse. Demnach sei es besonders schwierig die ernstzunehmende Infektionslage sowie die Stimmung der Bevölkerung auszubalancieren.
Robin Alexander bezeichnete die Besprechungen der Ministerpräsidentenkonferenz als „demokratietheoretisch schwierig“ und „dysfunktional“. Alexander plädierte für offene und parlamentarische Debatten.
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„Es ist in einer Demokratie nicht nur wichtig, was entschieden wird, sondern wie entschieden wird“, so der Journalist. So sei vor allem die Vorbereitung und Offenlegung der Entscheidungen für Alexander gescheitert und damit in der derzeitigen Situation kontraproduktiv.
Talk bei „Lanz“: Mallorca-Urlaub trotz Lockdown
Stephan Weil wies die Vorwürfe zurück und verteidigte das Vorgehen. „Sie wissen genau, dass der Deutsche Bundestag selbst gesagt hat, das ist das Verfahren, das wir in einer solchen Pandemie für richtig halten“, erklärte der Ministerpräsident. Gerade eine solche Krisensituation, erfordere eine starke exekutive Abstimmung. Zudem betonte Weil, dass während der Pandemie eine sehr breite Berichterstattung stattfinde.
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Eine weitere Krisensituation stellt vor allem die Urlaubsdebatte da. Flüge nach Mallorca sind möglich, inländischer kontaktarmer Urlaub allerdings nicht. „Wie erklärt man das den Leuten?“, wollte Markus Lanz wissen. „Ich halte das für einen ganz großen Fehler“, entgegnete Stephan Weil. Der Ministerpräsident gab an, dass dies ein zusätzliches Risiko sei, das man gerade nicht brauche und auch nicht vernünftig begründen könne.
Warum man mit den verschärften Maßnahmen überhaupt bis Donnerstag warte, konnte Virologe Hendrik Streeck auch nicht erklären. Zwischenzeitlich gilt es laut Streeck außerdem weiterhin an Hygienekonzepten zu arbeiten, um die Problematik nicht weiterhin in den „privaten Graubereich“ zu verschieben. Dabei verwies Streeck auf das „Back to Life Festival“ in den Niederlanden - ein Pilotprojekt für die Wiederherstellung der Kulturszene.
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Markus Lanz: Schulöffnungen trotz fehlender Teststrategie
Auch die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim sprach lediglich von einem Bremseffekt. Nguyen-Kim akzentuierte allerdings, dass nicht nur die Superspreading-Events alleine das Problem seien, sondern vor allem auch private Kontakte.
„Irgendwann gehen die Masken doch runter“, so Nguyen-Kim. Dabei blickte die Journalistin nach England, wo derzeit nicht nur schneller geimpft wird, sondern auch schärfere Kontaktbeschränkungen im privaten Rahmen herrschen.
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Viel Kritik ernteten auch die Schulöffnungen. So hob Robin Alexander hervor, dass die Teststrategie zwar geplant gewesen sei, jedoch nicht umgesetzt werden könne. Dabei scheitere es vor allem an der Kommunikation. „Wenn die Kanzlerin der Meinung ist, die entscheidende Voraussetzung für Öffnungen sind Tests, dann funktionieren die Tests nicht“, sagte Alexander.
Auch Mai Thi Nguyen-Kim plädierte für eine strukturiertere Vorgehensweise. „Wenn uns die Kinder wirklich am Herzen liegen, dann würden wir eben nichts anderes öffnen, bis die Schulen und Kitas geöffnet werden können, mit den entsprechenden Schutzmaßnahmen“, betonte die Journalistin.
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