Berlin. Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen seien zunehmend frustriert, sagte SPD-Politiker Roth bei Lanz. Er warnt vor Unruhen.

Können Waffen Frieden schaffen? Die Frage von Markus Lanz an seinen Gast Mariam Noori war gemünzt auf Afghanistan. Noori konnte – und sollte – aber ebenso die Ukraine meinen. „Wenn man Afghanistan betrachtet“, antwortete die „geschätzte NDR-Kollegin“ (Zitat Lanz) daher vorsichtig, „dann haben 40 Jahre Krieg zu einem dystopischen Szenario geführt.“

Gerade war die Hamburgerin, aufgewachsen in einer ukrainisch-afghanischen Familie, von einer dreiwöchigen Recherchereise durch ihr Geburtsland zurückgekehrt: Ein Jahr nach dem überhasteten NATO-Abzug stand die Wirtschaft des Taliban-geführten Landes nun vor dem Kollaps. Und ein Großteil der Bevölkerung vor dem Hungertod, so dass viele ihre Babys oder Organe verkauften, um zu überleben.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Michael Roth, SPD-Politiker
  • Gregor Peter Schmitz, Journalist
  • Margarete Klein, Politikwissenschaftlerin
  • Mariam Noori, Autorin

„Ohne den sowjetisch-afghanischen Krieg hätte es die Taliban nicht gegeben, sie sind ein Produkt des Krieges“, fasste sie zusammen. Wie zum besseren Verständnis ergänzte Markus Lanz flink: „Und der US-amerikanischen Waffenlieferungen.“ Ja, zumindest habe das riesige Waffenarsenal, das in Afghanistan über all die Jahre nicht abgebaut wurde, das Land extrem destabilisiert, bestätigte Noori. Lesen Sie mehr: Sechs Monate Ukraine-Krieg - eine Bilanz des Grauens

„Wieder viel gelernt heute“, sagte Markus Lanz am Ende, wie immer. Nur stimmte das an diesem Dienstag nicht. Seine eher naiven Fragen brachten keine neuen Einsichten, weder zur Außen- noch zur Innenpolitik. Auch interessant: Lebensmittel: Bauern erwarten weiter steigende Preise

Markus Lanz: Kein Geständnis zu Cum-Ex in Sicht

Mindestens bis zur Halbzeit hopste sein Lanz-Talk ziemlich wahllos von einem Innen-Politikum zum nächsten: Holocaustleugner im Kanzleramt. Masken im Regierungsflieger. Cum Ex und kein Ende, oder lieber noch: Immer noch kein Geständnis, dass Olaf Scholz als Erster Bürgermeister womöglich daran mitgewirkt haben könnte, dass der gigantische Steuerbetrug von 47 Millionen Euro in Hamburg nicht geahndet wurde und schließlich verjährte.

Besonders Gregor Peter Schmitz, Chefredakteur des „Stern“, wollte nicht glauben, dass sich der Bundeskanzler so gar nicht mehr an die Treffen mit dem Warburg-Banker erinnerte: „Es geht da nicht um irgendwelche Kaffeekränzchen. Es geht da um Treffen, bei denen es um die Existenz eines der größten Arbeitgeber Hamburgs geht“, begründete er.

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Trotzdem wirkten seine Ausführungen wenig überzeugend. Dass sein „Recherche-Team seit Jahren mit dem Fall beschäftigt“ ist, verkaufte er fast schon als Beleg, dass an der Annahme, Olaf Scholz hätte etwas zu verbergen, etwas dran sein müsse. „Die Unschuldsvermutung gilt auch für ihn, natürlich“, sagte Schmitz. Aber: „Er selbst trägt überhaupt nichts zur Aufklärung bei“, stellte der Journalist fest, „deshalb muss er mit diesen ständigen Verdächtigungen leben“.

Markus Lanz: SPD-Politiker zeigt Verständnis für Scholz' Gedächtnislücken bei Cum Ex

Da war vor allem Michael Roth als SPD-Vertreter gefordert, zu erklären, warum der Kanzler handelte, wie er handelte. Viel mehr als Verständnis für dessen Erinnerungslücken konnte aber auch er nicht anbringen: „Das kommt vor“, erklärte er. Deshalb gebe es den Untersuchungsausschuss. Er selbst habe „überhaupt keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass sich der Bundeskanzler damals nichts zuschulden hat kommen lassen“.

Als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag wollte Michael Roth ohnehin lieber erklären, wieso es wichtig war, sich von autokratischen Regimen unabhängig zu machen, auch von China. „Das braucht Zeit und geht nicht ohne Schmerzen“, erklärte er. Aber auch die Wirtschaft werde verstehen, dass der faire und freie Handel mit demokratischen Systemen sicherer sei. Scholz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verhandelten in den vergangenen Tagen in Kanada über eine engere Kooperation bei der Energieversorgung - begleitet von einer großen Wirtschaftsdelegation.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (r, Grüne), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, in Toronto.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (r, Grüne), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, in Toronto. © Kay Nietfeld/dpa

Ukraine-Krieg bei Lanz: Droht im Herbst ein „hybrider Krieg“?

„Ein Teil der psychologischen Kriegsführung Russlands besteht darin, dass sie uns unter Druck setzen wollen“, erläuterte Roth, deshalb müssten wir so schnell wie möglich vom Gas weg. Er warnte vor einem "heißen Herbst". Der gesellschaftliche Frieden sei in Gefahr. Menschen mit mittleren Einkommen, die weniger von den Entlastungspaketen zu spüren bekämen, seien zunehmend frustriert. Margarete Klein stimmte seiner Analyse zu. Die versierte Osteuropa-Expertin prognostizierte für den Herbst, dass Putin versuchen werde, mit einem „hybriden Krieg“ die Mitte der westlichen Gesellschaft anzugreifen. Also auf digitalen Wegen Ängste schüren, um die Mittelschicht zu destabilisieren. Der deutsche Mittelstand fürchtet indes angesichts der hohen Preise für Gas, Öl und Strom eine Pleitewelle.

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Der Anschlag auf die russische Kriegsbefürworterin Darja Dugina, Tochter des Putin-Propagandisten Alexander Dugin, wirft für sie vor allem viele Fragen auf: Verdächtig schnell habe man mit einem Asow-Kämpfer einen vermeintlich passenden Täter ermittelt, sagte Klein. Dann habe der Kreml von Sabotage gesprochen. Sie hingegen hält es für wahrscheinlicher, dass der russische Geheimdienst FSB das Attentat selbst verübt habe - um Putin die Legitimation zu liefern, die Ukraine an ihrem Nationalfeiertag am Mittwoch zu attackieren. Und um die Opposition im eigenen Land noch mehr zu gängeln. „Ob der Anschlag jemals aufgeklärt wird, ist fraglich.“

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

„Markus Lanz“ – So liefen die vergangenen Sendungen

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.