Berlin. Bei Lanz diskutierten die Gäste, wie sich der Nahost-Konflikt in Deutschland äußert und was gegen Antisemitismus getan werden kann.

Die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern nimmt weiterhin stetig zu. Bisher hat der andauernde Konflikt bereits über 200 Todesopfer gefordert. Während die internationale Gemeinschaft nach diplomatischen Lösungen sucht, protestieren Menschen europaweit auf den Straßen.

Welche Auswirkungen der Nahost-Konflikt auf jüdische und muslimische Gemeinden in Deutschland hat, diskutierte Markus Lanz mit seinen Gästen am Mittwochabend.

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Kevin Kühnert (SPD): Politiker
  • Omid Nouripur (Grüne): Politiker
  • Anna Staroselski: Lehramtsstudentin und Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland
  • Christoph Schwennicke: Journalist

„Markus Lanz“: Judenhass ist keine Israel-Kritik

Mit Blick auf die vergangenen pro-palästinensischen Demonstrationen in Deutschland, betonte die Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Anna Staroselski vor allem eines: Judenhass habe nichts mit Israel-Kritik zu tun. „Das ist reiner Judenhass, der findet jetzt auf offener Straße statt“, sagte Staroselski. Die Lehramtsstudentin kritisierte vor allem auch die sozialen Medien, die die Stimmung weiter aufheizten.

„Rufe wie ‚scheiß Juden‘ haben nichts mehr mit Israelkritik zu tun, sondern das ist klarer und purer Antisemitismus“, hob Staroselski hervor. Ihrer Meinung nach haben antisemitische Äußerungen allerdings nicht nur mit dem Nahost-Konflikt zu tun - auch auf Querdenker-Demonstrationen sei es immer wieder zu antisemitischen Äußerungen gekommen. Besonders kritisch sehe sie die Haltung, Jüdinnen und Juden in Deutschland für die aktuellen Geschehnisse verantwortlich zu machen.

Eine Pro-Palästina-Demo in Berlin Neukölln.
Eine Pro-Palästina-Demo in Berlin Neukölln.

„Lanz“: Nouripour sieht Verbindung zu türkischem Nationalismus

„Ich teile das total“, stimmte Grüne-Politiker Omid Nouripour zu. Kritik an der israelischen Regierung zu verüben sei absolut legitim, allerdings dürfe dies nicht in Antisemitismus abschweifen. Gleichzeitig müsse man herausfinden, woher antisemitische Haltungen kommen. „Gibt es da Leute, die dahinter zündeln? Das muss man sich genau angucken“, so der Politiker.

Nouripour vermutete, dass es Verbindungen zwischen türkischem Nationalismus und antisemitischen Äußerungen geben könnte. „Wenn ich mir anschaue, wie zum Beispiel der türkische Staatspräsident in den letzten Tagen über dieses Thema redet, kriegt man doch zunehmend das Gefühl, dass das was miteinander zu tun hat“, so der Grüne-Politiker.

Omid Nouripour wuchs laut eigenen Angaben selbst unter dem Einfluss von Antisemitismus im Iran auf und informierte sich erst in Deutschland über die Folgen des Holocausts. „Wir müssen versuchen den Leuten Angebote zu machen“, sagte Nouripour. Der Grüne-Politiker forderte auf politischer Ebene die Einführung des Islamunterrichts in den Schulen, damit Vorurteile abgebaut werden können und eine schulische Islamlehre möglich werde.

Kinder - unschuldige Opfer im Gaza-Konflikt

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    Jüdin bei „Lanz“: Stolpersteine putzen reicht nicht

    Auch Anna Staroselski forderte eine multiperspektivische Betrachtung des Antisemitismus. Für Staroselski sei es unverständlich, wie man den Holocaust-Gedenktag feiern könne, aber offenkundig antisemitische Aussagen zulasse. „Da erwarte ich von Politikern mehr als Stolpersteine putzen oder sich mit toten Jüdinnen und Juden auseinanderzusetzen, sondern in die Gegenwart zu blicken und da Antworten zu geben“, so Staroselski.

    Für SPD-Politiker Kevin Kühnert sei es eindeutig, dass man sich grundsätzlich gegen extremistischen Terror positionieren könne, da dieser sich wahllos gegen alle richte. Der Journalist Christoph Schwennicke kritisierte die Position der SPD.

    „Ich habe großes Verständnis, dass Parteien, die sich als links definieren, eher auf der Seite der Schwachen stehen“, sagte Schwennicke. Laut Schwennicke sei die Wahrnehmung, dass die Palästinenser die Schwachen seien aber ein „Irrweg“.

    „Markus Lanz“: Politiker plädiert für mehr Empathie

    Doch wie stark müssen sich deutsche Politikerinnen und Politiker positionieren? Für Moderator Markus Lanz ist das Ausdrücken von Besorgnis keine angemessene Reaktion. „Tut mir leid, das ist zu wenig“, sagte der Moderator. Grünen-Politiker Nouripour pflichtete ihm bei: Es muss endlich gehandelt werden. „Jetzt ist die Stunde in der man hinfährt und es vor Ort versucht.“

    Laut Anna Staroselski sei zusätzlich Präventionsarbeit notwendig, um das Bild der jüdischen Gemeinden in Deutschland abzubilden. „Jüdisches Leben in Deutschland ist unglaublich divers“, so die Studentin.

    Trotz aufgeheizter Stimmung plädierte der Grüne-Politiker Omid Nouripour am Ende der Sendung für mehr gegenseitiges Mitgefühl hinsichtlich der vielen Opfer: „Wir dürfen nicht die Empathie verlieren für diese Kinder, die da sterben. Und zwar auf beiden Seiten.“

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