Berlin. Markus Lanz diskutierte am Mittwoch mit seinen Gästen, was Putins Teilmobilmachung und erneute Atomwaffen-Drohung zu bedeuten haben.

Auf vieles wollte Annalena Baerbock an diesem Mittwochabend bereitwillig antworten, nur auf den einen „neuralgischen Punkt“ partout nicht: „Ab wann liefern wir den Leopard-2?“, hakte Markus Lanz mehrmals hartnäckig bei der Bundesaußenministerin nach. Laut einem Zeitungsinterview, das sie kürzlich gegeben hatte, war sie dafür, der Kanzler dagegen.

Statt darauf einzugehen, verkündete sie erst einmal erfreut, dass der lang erhoffte Ringtausch „jetzt erst beginnt“: Am Vortag war die Vereinbarung finalisiert worden, berichtete sie, mit der Slowenien modernisierte, sofort einsatzbereite Kampfpanzer sowjetischer Bauart in die Ukraine liefern konnte – gegen Austausch moderner westlicher.

Weil aber „die nächsten Wochen und Monate vor dem Winter entscheidend“ sein werden, wollte sie die Entscheidung, welche Panzer die Ukraine darüber hinaus erhalten konnte, wenigstens nicht auf die lange Bank schieben: „Moderne westliche Systeme machen einen Unterschied, sind deshalb essenziell, um Menschenleben zu retten“, begründete sie. Allerdings: „Die nächsten Schritte können wir nur gemeinsam mit den Partnern gehen.“

Gleich zu Beginn von „Markus Lanz“ aus New York zugeschaltet, wo sie tagsüber an der 77. UN-Generalversammlung mit Vertreter aus fast 193 Ländern teilgenommen hatte, nahm sich die Außenministerin gute 20 Minuten Zeit, um in anschaulichen Details zu erklären, wie sie die Kriegsentwicklung beurteilte. Und welche Maßnahmen sie auf den Weg gebracht hatte, um die Ukraine – außer mit massiven Waffenlieferungen – vor Ort zu unterstützen: Sanktionen, ein Entminungsprogramm, Wiederaufbau-Hilfe von Schulen. Lesen Sie auch: Wie der Westen mit Putin abrechnet

„Markus Lanz“ – Das waren die Gäste:

  • Annalena Baerbock (Grüne), Bundesaußenministerin
  • Claudia Major, Sicherheitsexpertin
  • Eva Quadbeck, Journalistin
  • Gerald Knaus, Soziologe

„Markus Lanz“: „Putin will Angst schüren“

Vor allem aber wollte sich Annalena Baerbock bei „Markus Lanz“ nicht Bange machen lassen durch die beunruhigende Putin-Rede am Morgen: Darin hatte der russische Präsident nicht nur die Teilmobilmachung mit 300.000 Reservisten angekündigt. Mit einem finsteren „kein Bluff“ hatte er auch angedroht, das Atomwaffenarsenal einzusetzen, sollte das russische Territorium bedroht werden.

Zwar wollte sie sich nicht an einer „Kaffeesatzleserei“ beteiligen, was die „Bluff“-Bemerkung bedeuten sollte. „Was Putin am Ende erreichen will, weiß Putin allein“, meinte sie nur. Auch interessant: Atomdrohung und Mobilmachung: Wie weit geht Putin?

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Aber der russische Präsident kam in der Ukraine nicht voran, erklärte die Bundesaußenministerin ungerührt. Deshalb schürte er Angst als ein weiteres Element seines hybriden Krieges, „in der Hoffnung, dass die Unterstützung des Westens für die Ukraine abnimmt.“

Bei der nuklearen Frage stand die Weltgemeinschaft aber „absolut geschlossen“ gegen ihn, versicherte sie und setzte mit einem süffisanten Lächeln hinzu: „Das weiß auch der russische Präsident.“

Auch die Sicherheitsexpertin Claudia Major bezweifelte, dass Wladimir Putin seine Atomwaffen-Drohung wahr machen würde. „Damit würde er sein Ziel verfehlen, den Westen von einer Intervention abzuhalten“, analysierte sie. Seine Nuklear-Drohungen, schon oft vor wichtigen West-Treffen verwendet, waren bisher „rhetorische Drohungen, die militärisch nicht hinterlegt waren“, erklärte sie bei „Markus Lanz“.

Putins Teilmobilisierung hilft nur auf lange Sicht

Zwar erkannte sie in Putins Rede eine Eskalation, zugleich aber auch ein „Zeichen von Schwäche“: Denn die angekündigte Teilmobilisierung bedeutete „keine schnelle Steigerung der Kampfkraft“, erläuterte sie. „Die Leute müssen eingezogen, ausgebildet, eingerüstet werden – das hilft, wenn überhaupt, nur langfristig.“

Gerald Knaus, österreichischer Soziologe und Politikberater, sah das ähnlich: „Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen“, forderte er, sondern auf Putins Drohung „reagieren wie die Ukraine: entschlossen.“

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Seiner Meinung nach stand Putin selbst inzwischen unter hohem Druck: Einerseits wusste niemand, was innenpolitisch passieren würde, wenn „Leute eingezogen werden, denen man bisher gesagt hatte, das betrifft euch nicht“, erklärte er. Andererseits gab es die Ultranationalisten, die ihm offen vorwarfen, bisher zu human, zu schwach gegen die Ukraine vorgegangen zu sein. Und die nun forderten, „die zivile Infrastruktur noch brutaler anzugreifen“.

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Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.