Berlin. Die Entspannung des Ukraine-Konflikts liegt noch in weiter Ferne. Über mögliche Lösungsansätze diskutierten die Gäste bei “Lanz“.

Die EU ist im Rahmen des Ukraine-Konflikts weiter in Alarmbereitschaft. Trotz vermeintlicher Truppenabzüge Russlands scheinen die Spannungen noch immer nicht gelöst. Gibt es also überhaupt noch die Hoffnung auf eine diplomatische Lösung? Dieser Frage widmete sich die Runde bei "Markus Lanz" am Donnerstagabend.

Als "Schikane" bezeichnete die Journalistin Kerstin Münstermann die strengen Einreiseregeln, die bei dem Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz gefordert wurden. Die Journalistin begleitete den Kanzler beim Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin.

Ganze drei PCR-Tests innerhalb von vier Tagen waren die Voraussetzung, um überhaupt in den Flieger nach Moskau zu steigen. Eine vierte PCR-Testung erfolgte anschließend in Moskau selbst. Der Vorgang sei laut Münstermann "Teil einer Repression, einer Einschüchterung".

Und für Putin ist Repression und Einschüchterung fast schon wie Ballsport – zumindest, wenn es nach der Journalistin Anna Lehmann geht. "Das eine ist so Spieltheorie, zu überlegen wie reagieren Menschen auf bestimmte Situationen, wie reagieren sie auf Druck?", so Lehmann.

"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:

  • Norbert Röttgen, CDU-Außenpolitikexperte
  • Kerstin Münstermann, Journalistin
  • Anna Lehmann, Journalistin
  • Rüdiger von Fritsch, Ex-Diplomat

"Lanz": Norbert Röttgen zweifelt an Truppenabzug

Was Putin mit der Ukraine treibe, das treibe er mit uns allen. Und diese Spieltheorie Putins sorgt laut Lehmann für eine Menge Angst, analysierte die Journalistin. "Ich finde, es sind gerade sehr viele Emotionen im Spiel, auch sehr ungesunde Emotionen."

Die ungesunden Emotionen scheinen jedoch zunächst kein Ende zu haben. CDU-Politiker Norbert Röttgen zeigte sich angesichts der aktuellen Situation skeptisch. "Man kann es nicht verifizieren, also beweisen, dass überhaupt etwas passiert, ist", sagte er zum Thema Truppenrückzug. Röttgen verwies auf die Hackerangriffe, die nur wenige Stunden nach der Ankündigung des Rückzugs erfolgten. "Wir sehnen uns nach Hoffnung", so Röttgen.

Vor wenigen Jahren sah es mit der Hoffnung noch ganz gut aus. Dass Putin im Jahr 2001 vom "Bau des europäischen Hauses" im Deutschen Bundestag sprach, scheint angesichts der aktuellen Lage eher wie eine falsche Erinnerung. "Worum geht es eigentlich?", fragte der Moderator in die Runde und eröffnete eine Diskussion, bei der er kaum noch selbst zu Wort kam. Die Runde verselbständigte sich in eine Analyseeinheit über Russlands Werdegang.

"Markus Lanz": Wurde Russland vernachlässigt?

Anna Lehmann betonte besonders, dass russische Sicherheitsinteressen in den vergangenen 30 Jahren zunehmend ignoriert wurden. Dadurch sei der Konflikt, insbesondere mit Blick auf die Nato-Osterweiterung, nur verschärft worden. Lesen Sie mehr: Hat Putin recht? Was der Westen Russland versprach

Ex-Diplomat Rüdiger von Fritsch ließ das Argument nicht auf sich sitzen. "Ich denke, kein Land hat sich mehr bemüht, das zu tun als Deutschland. Wir sind diejenigen gewesen, die gedrängt haben die G7 zu G8 zu erweitern", sagte von Fritsch.

Für Norbert Röttgen steckt vor allem das "Imperiale Bestreben" hinter der Expansion Russlands. "Es geht um die Stabilität des Machtsystems Putins", analysierte Röttgen. Man wolle die Macht ausdehnen und Staaten von dem demokratischen und marktwirtschaftlichen Prinzip abbringen.

Röttgen bei "Lanz": Das Problem liegt bei Putin

Für die Journalistin Anna Lehmann ist eine Voraussetzung für die Entspannung des Konflikts die Umsetzung des Minsker Abkommens. Europa dürfe sich zudem nicht immer hinter den USA verstecken.

"Am Ende muss es natürlich darum gehen, eine gemeinsame europäische Sicherheitsarchitektur zu entwickeln – mit Russland", so Lehmann. Rüdiger von Fritsch plädierte für die Feststellung von Gemeinsamkeiten, ohne militärische Aggressionen.

Ganz so harmonisch, zeigte sich Norbert Röttgen allerdings nicht. "Das sind unsere westlichen Wünsche, so stellen wir uns das vor", mahnte er. "Es ist nicht das, was Wladimir Putin will", sagte Röttgen weiter. Der CDU-Politiker machte nochmal am Ende der Sendung klar: Für ihn liegt das Problem bei Putin selbst. Lesen Sie mehr: Ukraine-Konflikt: Wie teuer Benzin im Kriegsfall werden könnte

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Journalistin bei "Lanz": Russland sitzt am längeren Hebel

Die Journalistin Anna Lehmann argumentierte, dass Russland am längeren Hebel sitze. Russland befinde sich in der "maximal komfortabelsten Position". "Ich diktiere dir sozusagen die Bedingungen, ich diktiere wer sozusagen zu mir kommt", sagte Lehmann.

Trotz intensiver Debatten über die Entwicklung Russlands, bohrte Moderator Markus Lanz nochmal genauer bei Norbert Röttgen nach: "Wie fällt Ihr Urteil über Olaf Scholz aus?". "Er hat das cool gemacht. Das war eine schwierige Mission und meine Meinung ist, dass er das gut gemacht hat", entgegnete der Politiker.

Lob für Olaf Scholz gab es auch von Kerstin Münstermann, wenn um Perspektiven für die Lösung des Ukraine-Konflikts geht. "Ich finde es interessant, dass Scholz ununterbrochen die wirklich große wirtschaftliche Hilfe Deutschlands gegenüber der Ukraine betont, hat", sagte Münstermann. Auch interessant: Aktien, Gold, Anleihen: Wie sich die Ukraine-Krise auswirkt

"Markus Lanz" – So liefen die vergangenen Sendungen