Wien. Im Wiener Tatort „Unten“ werden Obdachlosen illegal Organe entnommen und verkauft. Echte Fälle sind zum Teil noch schockierender.

Ein Zufluchtsort für Menschen ohne Dach über dem Kopf soll das Obdachlosenheim sein. Für die mittellose Mutter Johanna Wallner (Sabrina Reiter) und ihren Sohn Tobi (Finn Reiter) wird es zu einem Alptraum – und nicht nur für sie. Dem Eingreifen der Kommissare sein Dank, dass Johanna Wallner dem Tod entkommt – anders als die 20 vermissten Obdachlosen.

Der Wiener „Tatort: Unten“ spielt in einer Szene, in der krumme Dinger zur Tagesordnung zu gehören scheinen. Die Obdachlosen führen ein Leben am Minimum. Tina (Maya Unger) und Indy (Michael Steinocher) finanzieren ihr Leben mit Drogengeschäften. Micha Schmidt (Klaus Huhle) entführt Hunde und sackt hinterher den Finderlohn ein.

Die eigentlichen Verbrechen aber begehen andere: der Leiter des Obdachlosenheims Frank Zanger und die Ärztin Steiner-Reeves (Jutta Fastian), die die Obdachlosen angeblich nur untersucht, bevor sie einen Schlafplatz bekommen. In Wahrheit verdienen sich die Zwei mit dem Handel von Organen einiges dazu. So verschwinden nach und nach Obdachlose aus dem Heim. Denn: Wer vermisst diese Menschen schon? So jedenfalls denken die beiden Täter. Der Plan scheint aufzugehen, bis Gregor Aigner (Jonathan Fetka), der selbst ins Obdachlosenmilieu abgestürzt ist, hinter das perfide Vorgehen kommt. Sein plötzlicher Tod setzt die Ermittlungen in Gang.

Die Wiener „Tatort“-Kommissare ermitteln in ihrem neuesten Fall wegen illegalem Organhandel.
Die Wiener „Tatort“-Kommissare ermitteln in ihrem neuesten Fall wegen illegalem Organhandel. © ARD Degeto/ORF/Superfilm/Philipp | ARD Degeto/ORF/Superfilm/Philipp

Wo liegt der Unterschied zwischen Organhandel und „Transplantationstourismus“?

Erst spät wird das zentrale Thema dieses „Tatorts“ klar: Organhandel beziehungsweise „Transplantationstourismus“. Was die Protagonisten hier treiben, ist selbstverständlich kriminell und strafbar. Der Handel mit Organen oder Geweben zur Transplantation ist in Deutschland durch das Transplantationsgesetz verboten. In § 232 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches (StGB) ist die Rede von Menschenhandel zum Zwecke der rechtswidrigen Organentnahme. Dieser wird mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

„Transplantationstourismus“ umschreibt die Fälle, in denen Patienten ins Ausland reisen, um sich dort ein illegal erworbenes Organ transplantieren zu lassen. Patientinnen oder Patienten auf der Warteliste zu bevorzugen, ist ebenfalls strafbar.

WHO warnt vor Organhandel mit globalem Ausmaß

Organhandel ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein großes Problem mit globalem Ausmaß. Schon in den 80er Jahren gab es Berichte dazu. Inder sollen damals ihre Nieren an ausländischen Patienten verkauft haben – aus finanziellen Gründen. Auch im Zusammenhang mit dem Kosovo-Konflikt kam es zu Organentnahmen. Wie später aufgedeckt wurde, entnahmen Mitglieder der Miliz „Kosovo Liberation Army“ in Albanien Gefangenen Organe und brachten diese ins Ausland.

Die „United Nations Global Initiative to Fight Human Trafficking“ (UN.GIFT) (eine Initiative zur Bekämpfung des Menschenhandels) unterscheidet drei Formen des illegalen Organhandels:

  • Wenn Personen durch Zwang oder Täuschung zur Organentnahme gebracht werden
  • Wenn sie sich aus finanziellen Gründen darauf einlassen und dann doch nicht wie vereinbart entlohnt werden
  • Wenn die Organe ohne ihr Wissen im Zug eines vermeintlich therapeutischen Eingriffs entnommen werden

In Deutschland werden am häufigsten Nieren transplantiert

Damit es gar nicht erst zu einem solchen Missbrauch kommt, gibt es in Deutschland das Transplantationsgesetz. Seit 1997 regelt es die Spende, die Entnahme, die Vermittlung und Übertragung von Organen. Die einzelnen Bereiche sind organisatorisch und personell voneinander getrennt.

Beteiligt sind hier die sogenannten Entnahmekrankenhäuser (die sich um die Organentnahme kümmern), Transplantationszentren (sind für die Übertragung der Organe zuständig), die Deutsche Stiftung Organtransplantation (koordiniert und organisiert) und Eurotransplant (Vermittlungsstelle für die Organe). Eurotransplant entscheidet, wer ein Organ bekommt und führt eine Warteliste mit den erkrankten Menschen.

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organspenden (DSO) wurde seit 1963 über 139.000 Organe in Deutschland transplantiert (Stand 31. Dezember 2019) – darunter Herz, Lunge, Niere, Leber, Bauchspeicheldrüse und Darm. Nieren stehen mit über 88.000 Transplantation an erster Stelle steht.

Unterschieden wird zwischen toten und lebenden Organspendern. Einem Verstorbenen dürfen allerdings nur dann Organe entnommen werden, wenn er zu Lebzeiten dem zugestimmt hat. Ohne diese Zustimmung des Spenders oder der Familienangehörigen (im Falle des Hirntodes) ist die Transplantation verboten. (jb)

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