Berlin. „The Voice“ setzt weiter auf Emotionen statt auf Qualität. Das scheint Sido inzwischen zu weit zu gehen. Er greift hart durch. Zu hart?

„The Voice of Germany“ bleibt auch in der achten Blind Audition der neuen Linie treu: Skurrile, zu Herzen gehende und unterhaltende Momente ausdehnen statt überragende Talente. Mit dramatischer Musik unterlegt, die auch bei gefühlskälteren Zuschauern die Emotionen wecken soll. Und das nervt.

Da wundert es nicht, dass am Ende ein von Sido gestörter Heiratsantrag die Schlagzeilen dominiert – und nicht etwa ein Hammer-Auftritt eines Kandidaten. Dass Sido den Antrag mitten auf der Bühne unterbrach, und dabei nicht mal darauf achtete, ob bereits die Ringe getauscht wurden, sorgte für Sprachlosigkeit. „Alter!“, schießt es lediglich aus Mark Forster heraus.

Dabei gab es sogar genug überzeugende Auftritte in der neuen „The Voice“-Folge – wenngleich auch hier wieder kräftig auf der Tränendrüse herumgedrückt wurde.

„The Voice“: Sido stört Heiratsantrag – Das Wichtigste in Kürze:

  • Bei „The Voice“ platzte Sido mitten in einen Heiratsantrag
  • Ihm war die Emotionalität auf der Bühne offensichtlich zu viel
  • Das kam bei seinen Kollegen und auch den Zuschauern nicht gerade gut an
  • Dabei verkommt „The Voice“ immer mehr zu einem DSDS-Abklatsch, bei dem eher die Geschichten der Kandidaten als sie selbst im Vordergrund stehen

Da ist zum Beispiel Bastian Springer, ein offenbar lebensfrohes Persönchen. Gerade erfährt man, dass er als selbstständiger Make-up-Artist arbeitet, da setzt ein dramatisch klingendes Klavier ein. ‚Nicht schon wieder‘, denkt man sich. Und schon wird ein altes Foto eingeblendet.

Da ist Bastian Springer im Krankenhaus. „Mit 18 bekam ich die Diagnose Lymphdrüsenkrebs und musste direkt eine Chemo beginnen“, erklärt er die Aufnahme. Auch wenn es einem wirklich Leid tut, dass Bastian so früh schon gegen eine solche Krankheit ankämpfen musste, so bleibt vor allen Dingen ein Gefühl: ‚Ist das jetzt „The Voice“? Gefühlsduselige Geschichten statt qualitätsvolle Auftritte?‘ Auch interessant: Darum tragen die „The Voice“-Coaches immer dasselbe Outfit.

Der Heiratsantrag ist auch auf diesem YouTube-Video zu sehen:

„The Voice of Germany“: Wie sehr werden die Stimmen geglättet?

Bastian Springer versuchte es bei der achten Blind Audition von „The Voice“ mit der Ballade „No Matter What“.
Bastian Springer versuchte es bei der achten Blind Audition von „The Voice“ mit der Ballade „No Matter What“. © André Kowalski | Sat.1 / ProSieben

Mit „No Matter What“, einer „Coming-out-Ballade” – wie Bastian sie nennt – von Calum Scott, liefert der 21-Jährige immerhin einen überzeugenden Auftritt. „Ich kann mich da total hineinversetzen, da ich selbst mein Coming-out vor wenigen Jahren hatte“, erklärt er. Also gleich zwei Geschichten in einem.

Trotz scheinbar perfektem Auftritt – er trifft die Töne, singt mit Gefühl, zeigt Variationen – drehen sich nur zwei Coaches um: Mark Forster und Sido. Da fragt man sich, wie viel bei der Nachbearbeitung der Blind Auditions wohl die Stimmen geglättet wurden, dass sich für solch einen Auftritt nur zwei Coaches umdrehen.

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Sido und Mark Forster benehmen sich wie beim Kindergeburtstag

Statt ein Jury-Urteil abzugeben, verschwindet Sido backstage. Und kommt wieder mit einer neuen Cap auf dem Kopf. Das Schild zeigt dabei merkwürdig nach oben, wie man es eigentlich nur von einem kennt: Mark. Der lässt sich natürlich auf den Spaß ein, zieht sich eine „coole Sido-Cap“ auf und tauscht die Oberteile mit dem Rapper. Das hat was von einem Kindergeburtstag, bei dem sich alle verkleiden und anschließend „Wer bin ich?“ spielen.

Das sind die Coaches der neunten Staffel

Zu den Coaches der 9. Staffel von „The Voice of Germany
Zu den Coaches der 9. Staffel von „The Voice of Germany" gehören dieses Mal Rocksänger Rea Garvey, der Rapper Sido, Sängerin Alice Merton und Sänger und Songwriter Mark Forster. © dpa | André Kowalski
Mark Forster („Einmal“) ist zum dritten Mal Teil der Jury.
Mark Forster („Einmal“) ist zum dritten Mal Teil der Jury. © ProSieben/Sat,1/André Kowalski | ProSieben/Sat,1/André Kowalski
In der neuen Staffel feiert Sido („Tausend Tattoos“) seinen Einstand als Coach.
In der neuen Staffel feiert Sido („Tausend Tattoos“) seinen Einstand als Coach. © ProSieben/Sat,1/André Kowalski | ProSieben/Sat,1/André Kowalski
Alice Merton („No Roots“) ist ebenfalls neu dabei.
Alice Merton („No Roots“) ist ebenfalls neu dabei. © ProSieben/Sat,1/André Kowalski | ProSieben/Sat,1/André Kowalski
Der Sieger-Coach aus Staffel zwei, Rea Garvey („Kiss me“), sitzt nach dreijähriger Abstinenz wieder auf dem roten Stuhl.
Der Sieger-Coach aus Staffel zwei, Rea Garvey („Kiss me“), sitzt nach dreijähriger Abstinenz wieder auf dem roten Stuhl. © ProSieben/Sat,1/André Kowalski | ProSieben/Sat,1/André Kowalski
Die Moderatoren der Sendung: Lena Gercke und Thore Schölermann.
Die Moderatoren der Sendung: Lena Gercke und Thore Schölermann. © ProSieben/Sat,1/André Kowalski | ProSieben/Sat,1/André Kowalski
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„Mir fällt es schwer so zu sitzen, weil ich halt wirklich Eier habe“, kommentiert Sido seine neu auserkorene Sitzposition, die er sich von seinem Jury-Kollegen abgeschaut hat. Das ist die zweite Veränderung bei der Show: Dieses Jahr wird reichlich beschimpft und vor allen Dingen mit unschönen Worten argumentiert. Und manches will man einfach gar nicht wissen.

Rea Garvey bittet Sido und Mark um Ernsthaftigkeit

Nachdem sich Mark und Sido gegenseitig nachgeäfft haben, bittet Rea Garvey um Ernsthaftigkeit, das Talent bedankt sich sogar dafür bei ihm. Sido meint, dass er nicht jeden Ton getroffen habe, Mark Forster ist hingegen überzeugt: „Du bringst alles mit, was hier auf die Bühne gehört. Du hast von vorne bis hinten jeden Ton getroffen. Wenn du es schaffst, an dir zu arbeiten, dann kann das sehr weit gehen.“

Während man sich noch fragt, an was er denn arbeiten soll, wenn es doch so ein guter Auftritt war, hilft Alice Merton Bastian sich zu entscheiden. Die Wahl fällt auf Sido. In dasselbe Raster fällt der Auftritt von Domenico Antonio Straface.

„The Voice“ – Das sind die nächsten Sendetermine

  • Donnerstag, 10. Oktober: Blind Audition auf ProSieben
  • Freitag, 11. Oktober: Blind Audition auf ProSieben
  • Sonntag, 13. Oktober: Battle auf Sat.1

Ist ein TV-Heiratsantrag wirklich romantisch?

Zum Weiterkommen hat es nicht gereicht, aber für einen Heiratsantrag: „The Voice“-Kandidat Domenico Antonio Straface.
Zum Weiterkommen hat es nicht gereicht, aber für einen Heiratsantrag: „The Voice“-Kandidat Domenico Antonio Straface. © André Kowalski | Sat.1 / ProSieben

Mit seiner Version von Eros Ramazottis „Musica è“ kann er trotz „Opernvibrato“ – wie Mark sagt – die Coaches nicht überzeugen. Zu viele schiefe Töne, argumentiere sie. Trotz seines Misserfolgs hat der 24-Jährige einen Wunsch: seine Freundin auf die Bühne zu holen. Das wird ihm selbstverständlich gewährt.

Kaum ist die Dame auf der Bühne, fällt der Frankfurter schon auf die Knie und macht ihr einen Heiratsantrag. „Das ist mein Leben, Vanessa. Vielen Dank für deine Unterstützung“, sagte Domenico. Und setzt dann an: „Willst du mich heiraten?“ Das ist ja irgendwie süß, aber mal ehrlich, was ist an so einem Heiratsantrag auf der Bühne einer Castingshow so romantisch? Nur weil tausende Menschen zuschauen?

Heiratsantrag von Sido gestört – Kollegen sind entsetzt

Das scheint sich auch Sido zu denken, der ungeduldig auf die Bühne geht und nachfragt, ob sie denn ja gesagt hätte, dann könnten sie ja jetzt gehen. Herzlichen Glückwunsch. Hast du Ja gesagt? Sehr gut. Dann begleite ich euch noch ein Stück runter. Dann könnt ihr hinter der Bühne noch ein bisschen rumkuscheln“, sagte er. Dabei hat Domenico noch nicht mal den Ring angesteckt.

Nachdem das vollbracht ist und Sido währenddessen wie ein Türsteher neben dem Paar steht, verlassen die beiden die Bühne.

Entsetzt reagieren die Jury-Kollegen auf dieses Verhalten. Mark Forster bekommt von Sido nur ein „Dann musst du dir eben überlegen, wo du das machst“, als er hämisch fragt, ob er wollen würde, dass er von Sido auf diese Weise bei seinem Heiratsantrag gestört werden wolle. „Aber Dicker, ab jetzt – Sido, der Romantikengel.“

Es scheint, als habe sogar Sido mittlerweile zu viel von dieser Emotionen-Kanone, die dieses Jahr im Einsatz ist. Man könnte meinen, dass die Produktion die Geschichten in Kategorien einteilt.

Sido wird im Netz angegriffen

Von den Nutzern wird Sido kritisiert – aber es gibt auch Stimmen, die die Aktion gutheißen. Hier eine Auswahl der Kommentare:

  • „Wieso hat niemand #Sido gestoppt? Sender-Entscheider sollten ihn direkt ersetzen.“
  • „Sowas passiert, wenn man einen Konzeptrapper aus seinem Block hochgejubelt hat, d. Block aber noch in ihm ist. Ein Moment, in dem d. echte Maske fällt.“
  • „Ich feiere Sido dafür! So was ist immer nur peinlich mit anzusehen.“

Romantik hatten wir nun schon, traurige Krankheit plus Coming-out auch, da fehlt doch noch was: eine skurrile Geschichte. Die liefert Judith Jensen.

„Bei Neumond mach’ ich viel Neues“ – ah, ja

Judith Jensen überzeugte alle Coaches. Ob es an ihrer Gesichtsbemalung gelegen hat?
Judith Jensen überzeugte alle Coaches. Ob es an ihrer Gesichtsbemalung gelegen hat? © André Kowalski | Sat.1 / ProSieben

„Als Künstlerin bin ich sehr spirituell“, erklärt sie ihr Mond-Gesicht. Ja, Mond-Gesicht. Denn sie hat sich diverse Mondphasen auf die Stirn gemalt. „Bei Neumond mach‘ ich viel Neues und bei Vollmond manifestiere ich Sachen“, erklärt die 22-Jährige.

Zumindest scheint der Mond am Sonntagabend für sie richtig zu stehen. Für ihre emotionsgeladene Version von „Steine“ drehen sich nämlich alle Coaches um. Am Ende entscheidet sie sich für Alice.

„The Voice“ zerrt an den Nerven der Zuschauern

Nach dieser Sendung braucht man wahrlich kein Reality-TV mehr. Als Mark Forster dann auch noch verzweifelt, weil sich partout kein Talent für ihn entscheiden möchte, ist das Nervenkostüm langsam, aber sicher ausgereizt. Kurz vor Ende bekommt er endlich ein neues Teammitglied (Der Auftritt war nicht besonders überragend, Mark dreht sich als einziger um).

Damit ist zumindest seine Welt wieder in Ordnung. Die des Zuschauers muss sich noch von der Neuausrichtung der Show erholen.

„The Voice“: Ganze Folge anschauen

Sie haben die aktuelle Folge von „The Voice“ verpasst? Hier können Sie sich die ganze Folge anschauen.

Die Kritiken zu früheren „The Voice“-Shows zum Nachlesen: