Göttingen/Berlin. Zum Start ins neue Jahr wollen viele Deutsche auf Alkohol verzichten und einen „Dry January“ verbringen. Wie viel bringt die Abstinenz?

  • An Weihnachten und Silvester trinken viele Menschen mehr Alkohol
  • Deswegen wollen viele einen sogenannten Dry January einlegen und auf alkoholische Getränke verzichten
  • Wir erklären, was die Alkohol-Pause im Körper verändert

Nach den Weihnachtsfeiertagen und der Silvesterparty nehmen sich viele Deutsche jedes Jahr aufs Neue vor, in den folgenden Wochen kürzer zu treten. Nach der Weihnachtsgans, dem Silvester-Raclette und reichlich Bier, Wein und Sekt an den Feiertagen ist bei vielen Fasten angesagt. Vor allem den Alkohol wollen viele Menschen zum Jahresbeginn weglassen.

Der Trend hat sogar einen eigenen Namen: „Dry January“ - oder auf Deutsch übersetzt „trockener Januar“. Eingeführt hat ihn die britische Wohltätigkeitsorganisation Alcohol Concern, die 2014 erstmalig den Aufruf startete, einen Monat lang auf Alkohol zu verzichten. Das Konzept kam so gut an, dass es sogar von der britischen Regierung aufgenommen wurde. Im Januar 2015 wurde der „Dry January“ als offizielle Gesundheitskampagne aufgerufen. Lesen Sie auch: CO2-Steuer - Beim Heizen droht 2021 eine böse Überraschung

„Dry January“: Alkoholverzicht als psychologische Probe

Seitdem ist der „Dry January“ ein Trend, der auch in Deutschland immer mehr Anhänger gewinnt. 2017 gaben in einer Forsa-Umfrage für die Krankenkasse DAK 12 Prozent der Befragten an, dass sie 2018 weniger Alkohol trinken möchten. Warum also nicht mit einem rauschfreien Monat in das neue Jahr starten?

Seinen Alkoholkonsum überhaupt erstmal kritisch zu reflektieren, das hält Christina Rummel von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) für eine gute Idee. Der Verzicht sei auch eine psychologische Probe: „Wenn man in diesem Dry January merkt, dass man es nicht schafft, seinen Alkoholkonsum zu reduzieren, kann dies ein Anstoß sein, sich Hilfe zu holen.“ In diesem Fall hätte der Vorsatz auf jeden Fall einen Effekt.

Positive Auswirkungen des Dry January nur schwer nachweisbar

Aber wirkt sich der kurzzeitige Alkoholkonsum auch sonst positiv auf den Körper aus? Das sei nur schwer nachweisbar: „Die Evidenz ist gering, es gibt kaum Studien“, sagt Christian Sina, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Lübeck. Lesen Sie auch: 2021 - Das ändert sich bei Hartz IV, Rente und Steuern

Trotzdem befürworten Experten einen Verzicht. Denn es gilt der Grundsatz: Je weniger Alkohol, desto besser. Das Krankheitsrisiko für Erwachsene ist laut DHS für Frauen ab zwölf Gramm reinem Alkohol pro Tag nachweislich erhöht. Das entspricht etwa 0,3 Litern Bier. Bei Männern ist der Schwellwert doppelt so hoch. Welchen Alkohol man trinkt, spielt keine Rolle.

Leber braucht Zeit, um sich zu erholen

Umso wichtiger dafür bei diesen Zahlen: „Auch wenn man weniger trinkt, ist das Risiko für gesundheitliche Folgen nicht gleich Null“, sagt Volker Ellenrieder, Direktor der Klinik für Gastroenterologie der Universitätsmedizin Göttingen. Wer aber mehr Alkohol trinkt, kann damit seinem Körper schaden - vor allem der Leber.

„Je mehr man vorher getrunken und die Leber geschädigt hat, desto mehr Zeit braucht das Organ, um sich zu erholen“, erklärt Ellenrieder. Ein Verzicht auf Alkohol kann deshalb zumindest einigen Menschen helfen - vier oder acht Wochen Verzicht seien gut.

Exzessiver Alkoholkonsum kann zu Lebensgefahr führen

Gefährlich an Lebererkrankungen sei, dass sie häufig kaum auffallen. „Die Leber tut nicht weh. Müdigkeit ist der Schmerz der Leber“, sagt Volker Ellenrieder. Denn fehlende Entgiftung könne für Ablagerungen im Gehirn und damit für Müdigkeit sorgen. Allerdings verträgt die Leber viel und hat ein hohes Regenerationspotenzial. Das kann man nutzen, indem man ihr eine Weile Ruhe gönnt.

Zu viel Alkohol ist aber auch für andere Organe gefährlich. „Chronischer Alkoholkonsum kann auch zu Entzündungen der Bauchspeicheldrüse führen“, sagt Ellenrieder. Akut kann Alkohol bekanntlich die Konzentration, Koordination und Emotionen beeinflussen. Und egal, ob chronisch oder akut - exzessiver Alkoholkonsum kann auch zu Lebensgefahr führen. „Alkohol ist immer riskant für die Gesundheit“, betont auch Christina Rummel.

Dry January: Abnehmen durch Abstinenz

Erstmal tut es den Organen also gut, zeitweise auf Alkohol zu verzichten. Zudem hat die Abstinenz kurzfristige Effekte: Alkohol ist kalorienreich. Wer eine Zeit lang nicht trinkt, kann Übergewicht abbauen. Die Schlafqualität verbessert sich, und der Blutdruck sinkt.

Ob das funktioniert, ist aber abhängig von Begleiterkrankungen und der sonstigen Ernährung, betont sagt Christian Sina, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Lübeck. Wer auf Alkohol verzichtet, sich aber trotzdem weiter mit Ungesundem den Bauch vollschlägt, wird kaum positive Effekte spüren – oder dem Körper sogar weiter schaden.

Kurzzeitiger Verzicht ist kein Freifahrtschein

Manch einer glaubt zudem, sich durch den zeitweisen Alkoholverzicht einen Freifahrtschein für den Rest des Jahres zu erarbeiten. Den versäumten Alkohol später aufzuholen, ist aber nicht sinnvoll. “Es macht keinen Unterschied, ob man jeden Tag ein bisschen oder die ganze Menge an einem Tag trinkt“, erklärt Volker Ellenrieder. Die Experten empfehlen eher, die vorgegebenen täglichen Höchstmengen an Alkohol einzuhalten. Und selbst dann wird noch zu zwei komplett alkoholfreien Tagen in der Woche geraten. (dpa/tmn/ba)