Berlin. Eine neue Studie unter Leitung des Charité-Virologen Christian Drosten untersucht, welche Corona-Infizierten besonders ansteckend sind.

  • Gibt es mit Corona infizierte Personen, die besonders ansteckend sind?
  • Eine neue Studie unter Leitung des Charité-Professors Christian Drosten geht dieser Frage auf den Grund
  • Lesen Sie hier die Ergebnisse

Gibt es Menschen oder Personengruppen, die mit dem Coronavirus infiziert und besonders ansteckend sind? Bislang gibt es auf diese Frage keine abschließende Antwort.

Eine aktuelle Studie der Berliner Charité und anderer wissenschaftlicher Institutionen unter Leitung des Virologen Christian Drosten liefert nun neue Erkenntnisse. Sie ist in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Science“ erstveröffentlicht worden.

Team um Drosten bestimmt Viruslast in 25.000 Proben

Die Forscherinnen und Forscher des internationalen Teams bestimmten für die Studie für mehr als 25.000 Proben die Viruslast in PCR-Proben und schätzten dann die Ansteckungsfähigkeit der positiv getesteten Personen ab, wie die Charité in einer Mitteilung schreibt.

Außerdem konnten sie in mehr als 4300 Fällen, in denen jeweils mehrere Proben vorlagen, die Entwicklung der Viruslast im Rachen dokumentieren.

Die Viruslast meint die Zahl der Erbgutkopien des Coronavirus Sars-CoV-2. Sie beschreibt also die Virusmenge im Rachen – und erlauben Voraussagen über die potenzielle Infektiosität.

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Corona: Viruslast unterscheidet sich nicht wesentlich nach Alter

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten herausfinden, ob sich die Viruslast je nach Altersgruppe, Virusvariante oder Stärke der Symptome unterscheidet – und ob damit auch eine unterschiedliche Ansteckungsfähigkeit einhergeht.

In der Analyse zeigte sich, dass sich die Viruslast bei Menschen zwischen 20 und 65 Jahren nicht wesentlich voneinander unterschied. Im Schnitt enthielten die Abstriche 2,5 Millionen Erbgutkopien.

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Unterschiedliche Probennahme bei Kindern und Erwachsenen

Kinder von 0 bis 5 Jahre zeigten die niedrigste Viruslast: 800.000 Erbgutkopien. Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass Kinder deutlich weniger ansteckend sind, als Erwachsene.

Studienleiter Drosten weist darauf hin, dass die Proben bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich entnommen werden: „Bei Kindern werden deutlich kleinere Abstrichtupfer eingesetzt, die weniger als halb so viel Probenmaterial in die PCR-Testung einbringen“, so Drosten. Lesen Sie auch: Studie: Nasenspray reduziert Coronaviren fast vollständig

Außerdem würden bei ihnen statt der schmerzhaften tiefen Nasen-Rachen-Abstriche oft einfache Rachenabstriche gemacht, in denen sich noch mal weniger Virus finde.

Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie, Charité Berlin, nimmt an einer Pressekonferenz zur aktuellen Lage um die Corona-Pandemie teil.
Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie, Charité Berlin, nimmt an einer Pressekonferenz zur aktuellen Lage um die Corona-Pandemie teil. © dpa

Drosten: „Ungefähr gleich große Infektiosität aller Altersgruppen“

Für Kinder zwischen 0 und 5 Jahren ermittelte das Forscherteam eine Infektiositätsrate von 80 Prozent des Wertes von Erwachsenen. Schüler und Heranwachsende kamen an den Wert der Erwachsenen heran. Lesen Sie auch: Corona-Impfungen für Kinder: Wann sie kommen könnten

Drosten betont jedoch: „Diese datenbasierten Schätzungen der Infektiosität muss man noch mal nach oben korrigieren wegen der unterschiedlichen Probennahme bei Kindern. Und weiter: „Mein anfänglicher Eindruck einer ungefähr gleich großen Infektiosität aller Altersgruppen hat sich bestätigt, nicht nur hier, sondern auch in anderen Studien.“

Neun Prozent weisen außergewöhnlich hohe Viruslast auf

Das Forscherteam untersuchte außerdem einen Zusammenhang zwischen der Symptomatik und Viruslast. Ergebnis: Auch Menschen ohne Symptome einer Coronainfektion können eine sehr hohe Viruslast aufweisen.

Mehr noch: In etwa neun Prozent der Fälle wiesen die Wissenschaftler eine außergewöhnlich hohe Viruslast von einer Milliarde Erbgutkopien oder mehr nach – und mehr als ein Drittel dieser Menschen hatte keine oder nur milde Symptome. Lesen Sie auch: Corona: Virologe Drosten gibt Prognose für den Sommer ab

„Diese Daten liefern eine virologische Grundlage für die Beobachtung, dass nur eine Minderheit der Infizierten den größten Teil aller Übertragungen verursacht“, sagte Drosten. Dass sich hierunter so viele Menschen ohne relevante Krankheitssymptome fänden, mache klar, warum Maßnahmen wie Abstandsregeln und die Maskenpflicht für die Kontrolle der Pandemie so wichtig seien, so der Virologe.

Britische Variante ist infektiöser

Die Infektiosität von Menschen, die sich mit der zuerst in Großbritannien aufgetretenen Virusvariante B.1.1.7 angesteckt haben, schätzten die Forscherinnen und Forscher in ihrer Studie auf das 2,6-Fache.

„Auch wenn Laborversuche es bisher noch nicht abschließend erklären können: Das B.1.1.7-Virus ist infektiöser als andere Varianten“, so Drosten.

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