Berlin. Wenn jemand stirbt, ist ein Gericht für den Nachlass zuständig. Doch welches Gericht ist das? Die rechtlichen Vorgaben hierzu geben immer wieder Anlass zur Interpretation.

Für Nachlassangelegenheiten sind die Gerichte am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verstorbenen zuständig. Doch gilt das auch, wenn sich der Erblasser unter Beibehaltung seiner Wohnung in ein Hospiz begeben hat, wo er dann verstorben ist?

Nein, entscheidet das Kammergericht (KG) Berlin (Az.: 1 AR 1020/20). Der Aufenthalt in einem Hospiz begründet keinen gewöhnlichen Aufenthalt, berichtet die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Der Fall: Eine Frau erkrankte schwer. Aus dem Krankenhaus wird sie in eine "Beatmungs-WG" entlassen. Ihre Wohnung wird nicht aufgelöst. Nach drei Monaten soll entschieden werden, ob die Erblasserin in diese zurückkehren kann. Dazu kommt es nicht, da sie nach erneuten Krankenhausaufenthalten zur Palliativpflege aufgenommen wird, wo sie am nächsten Tag stirbt. Nach ihrem Tod ist fraglich, welches Gericht für ihre Nachlassangelegenheiten zuständig ist - das, wo ihre Wohnung lag oder das am Ort des Hospizes.

Das Urteil: Zuständig ist das Gericht am Ort der Wohnung, entschieden die Richter. Maßgeblich sei nicht der schlichte Aufenthalt, sondern der gewöhnliche Aufenthalt. Damit sei der Ort gemeint, an dem der Schwerpunkt der Bindungen einer Person liege. Der vorübergehende Aufenthaltswechsel habe den tatsächlichen Lebensmittelpunkt der Erblasserin, die auch über soziale Beziehungen verfügte, unberührt gelassen. Wird die bisherige Niederlassung - wie hier - nicht aufgehoben, setzt die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts voraus, dass dieser auf einige Dauer hin angelegt ist.

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