Genf. Das Affenpocken-Virus verhalte sich ungewöhnlich, die Fall-Zahlen steigen. Die WHO diskutiert darüber, eine globale Notlage auszurufen.

2100 Fälle weltweit bis Mitte Juni, Tendenz steigend. 98 Prozent der Fälle in Ländern entdeckt, in denen das Virus bislang praktisch unbekannt war. Angesichts der Verbreitung der Affenpocken ist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nun doch etwas besorgt. Sie diskutiert aktuell darüber, eine „Notlage von internationaler Tragweite“ zu empfehlen.

Das Virus verhalte sich ungewöhnlich. Und es seien immer mehr Länder betroffen, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Bis zum 17. Juni waren der WHO gut 2100 Fälle gemeldet worden. In Deutschland verzeichnete das Robert Koch-Institut (RKI) bis Donnerstag (23.6.) fast 600 aus 14 Bundesländern. Weitere Ansteckungen seien auch hierzulande zu erwarten.

Affenpocken vor allem bei Männern – Gefahr der Fehlinterpretation

Affenpocken werden nach bisherigem Kenntnisstand hauptsächlich durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Nach WHO-Angaben sind 99 Prozent der bisher Betroffenen Männer bis 65 Jahre, die Sex mit Männern haben. Dies aber dürfe nicht zu Fehlinterpretationen führen: Generell kann sich laut WHO jeder infizieren, der engen körperlichen Kontakt mit Infizierten hat. Lesen Sie auch:Infizierter macht Deutschland schwere Vorwürfe

Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), zeigte sich zuletzt besorgt.
Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), zeigte sich zuletzt besorgt. © dpa | Salvatore Di Nolfi

Während zu den typischen Symptomen der Affenpocken eine Schwellung der Lymphknoten gehört, auf die ein Ausbruch von Läsionen im Gesicht, an den Händen und Füßen folgt, weisen viele Menschen, die vom jüngsten Ausbruch betroffen sind, weniger Läsionen auf. Diese Pusteln zeigten sich vor allem an Händen, Anus, Mund und Genitalien. Ein Unterschied, der wahrscheinlich mit der Art des Kontakts zusammenhängt.

Eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland schätzt das RKI nach wie vor als gering ein. Man beobachte die Situation aber weiter aufmerksam.

Expertinnen und Experten aus aller Welt beraten die aktuellen Erkenntnisse

Die WHO hat sich angesichts der Entwicklung zum Handeln veranlasst gesehen. „Wir wollen nicht warten, bis die Situation außer Kon­trolle geraten ist“, begründete WHO-Spezialist Ibrahima Socé Fall die Einberufung das Notfallausschusses. Dieser begann am Donnerstag mit der Beratung. Auch interessant:So verbreiten sich die Affenpocken weltweit

Der Ausschuss ist mit rund einem Dutzend unabhängiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt besetzt, die sich mit dem Affenpockenvirus besonders gut auskennen. Sie beraten per Videoschalte. Wer in den Ausschuss berufen wurde, teilte die WHO nicht mit. Die Fachleute prüfen bisherige Erkenntnisse und das Risiko einer größeren Bedrohung. Und sie formulieren Empfehlungen für nationale Gesundheitsbehörden. Welche Schlüsse diese daraus ziehen, bleibt ihnen selbst überlassen.

Erwartungen auf eine ­zeitnahe Entscheidung des Notfallausschusses, dämpfte die WHO am Donnerstag. „Der Ausschuss dürfte in den kommenden Tagen eine Mitteilung herausgeben“, teilte die Organisation mit Die Erklärung einer Notlage ist die höchste Alarmstufe, die die WHO zünden kann. Zuletzt hatte sie dies nach dem Ausbruch des Coronavirus getan. (fmg/dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.