Berlin. Elfenbeinjäger haben in einer Generation 86 Prozent der Waldelefanten ausgerottet. Ist den bedrohten Tieren überhaupt noch zu helfen?

Die mächtigen Stoßzähne lagen im Kofferraum, bereit zum illegalen Verkauf an gewissenlose Hehler. Doch eine Sondereinheit der südafrikanischen Polizei kam den drei Schmugglern im Auto zuvor. Nahe dem Flughafen der Küstenstadt Durban nahmen die Beamten die Kriminellen Mitte Februar fest – bevor diese mit dem Leid stolzer Elefanten Kasse machen konnten.

Doch der seltene Ermittlungserfolg wird kaum helfen, die Elefanten zu retten.

Angesichts des Millionengeschäfts mit dem Statussymbol Elfenbein sprechen Artenschutzexperten wie Arnulf Köhncke von einer „wirklich dramatischen Wildereikrise“ – und die hat tragische Konsequenzen. Die lizenzlose Jagd bringt eine ganze Elefantenart in akute Gefahr.

Die internationale Tierschutzvereinigung IUCN, die als Nichtregierungsorganisation seit 1964 die Rote Liste der bedrohten Arten führt, verzeichnet die Waldelefanten neuerdings in der Kategorie „vom Aussterben bedroht“ – der höchsten von drei Gefährdungsstufen.

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Waldelefanten leben in den Regenwäldern des Kongobeckens

Ihre Zahl sei innerhalb von drei Jahrzehnten um 86 Prozent geschrumpft. Das ist auch deshalb gravierend, weil Elefanten eine Schlüsselrolle für das afrikanische Ökosystem spielen.

Waldelefanten mit ihren auffallend großen und runden Ohren gehören zu den kleinsten Elefantenarten und leben in den immergrünen Gehölzen Zentral- und Westafrikas. Sie spielen „als Gärtner des Waldes eine zentrale Rolle für den Erhalt der Regenwälder des Kongobeckens“, berichtet Arnulf Köhncke, der als Leiter der Abteilung Artenschutz bei der Umweltstiftung WWF Deutschland regelmäßig in deren natürlichen Lebensraum reist.

Er warnt: „Ohne die Waldelefanten verändert sich die Zusammensetzung des Waldes so, dass dieser deutlich weniger Kohlenstoff speichern kann.“

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Wilderer töten pro Jahr Zehntausende Elefanten

Wie viele Waldelefanten in Afrikas wegen fortschreitender Rodung schrumpfenden Tropenwäldern noch unterwegs sind, ist schwer zu sagen. Die versteckt in dichtem Gestrüpp lebenden Rüsseltiere lassen sich kaum zählen.

Die letzte großangelegte IUCN-Schätzung beider auf dem Kontinent lebenden Elefantenarten – Waldelefant und Savannenelefant – fand vor fünf Jahren statt. Etwa 415.000 Tiere sollen damals in Afrika gelebt haben. Vor 50 Jahren waren es noch zwei Millionen Exemplare.

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    Elefanten haben derart viele Probleme, dass man sich fragt, ob ihnen überhaupt zu helfen ist. Der Zugang zu Frischwasser ist beschränkt, im Grenzgebiet von Simbabwe und Botsuana etwa starben innerhalb des letzten Jahres Hunderte Tiere an einer Vergiftung, die sie sich beim Trinken an einigen verbliebenen Wasserstellen zugezogen hatten.

    Vor allem der seit Jahren boomende Elfenbeinhandel bedeutet ein Todesurteil. Ungefähr 30.000 Elefanten fallen Jahr für Jahr Wilderern zum Opfer. „Der Elfenbeinhandel ist fest in der Hand global organisierter krimineller Netzwerke“, sagt Daniela Freyer von der Tierschutzorganisation Pro Wildlife. Boko Haram im Norden Nigerias und andere Terrorgruppen sollen sich darüber finanzieren.

    Elfenbein für den asiatischen Schwarzmarkt

    Gelegentliche Ermittlungserfolge wie zuletzt am Flughafen von Durban schaden den Auftraggebern kaum: „Nur etwa zehn Prozent des geschmuggelten Elfenbeins wird überhaupt entdeckt“, so Freyer. Waldelefanten sind wegen ihrer besonders harten Stoßzähne noch stärker gefährdet als andere Arten. Aus ihnen werden Figuren und Amulette für den asiatischen Schwarzmarkt hergestellt.

    Düstere Aussichten also. Immerhin, das Coronavirus ermöglicht den Elefanten eine Verschnaufpause: „In Südafrikas Krüger-Nationalpark etwa hat der Lockdown eindeutig dazu geführt, dass weniger Nashörner getötet wurden. Vermutlich gilt das auch für Elefanten dort“, schildert Freyer.

    Doch das ist nicht mehr als eine Momentaufnahme. Laut IUCN hat etwa die Hälfte aller Naturschutzgebiete in Afrika seit Pandemiebeginn ihren Kampf gegen Wilderei eingeschränkt oder gar ganz eingestellt. Seit keine Touristen mehr kommen, fehlt dafür das Geld.