Rom. Umweltschützer sind begeistert. Ein Reptil sorgt am Strand in Kalabrien für Aufsehen. In ganz Italien vermehren sich die Tiere nun.

Die Gemeinde Cariati in Kalabrien am südlichsten Teil des italienischen Stiefels ist in Aufruhr: Eine Meeresschildkröte ist am weißen Sandstrand gesichtet worden und legt ihre Eier. Badende beobachteten, wie sie aus dem Meer langsam den Weg zum Strand fand, ein Loch grub und ihre Eier ablegte. Danach bedeckte sie die Grube mit Sand und kehrte ins Wasser zurück.

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„Dies ist ein seltenes und außergewöhnliches Ereignis: Dieser plötzliche Besuch bezeugt die gute Wasserqualität und die Sauberkeit unserer Strände“, freut sich Bürgermeister von Cariati, Cataldo Minó. Ein Teil des Strandes wurde abgeriegelt, um das Schildkrötennest zu schützen. Einige Aktivisten des Tierschutzverbands Legambiente achten darauf, dass niemand in seine kommt. Die warme Sonne brütet die Eier im Sand aus. Nach 40 bis 60 Tagen, wenn die kleinen Schildkröten völlig entwickelt sind, brechen sie durch die Schale. Bei Temperaturen über 30 Grad Celsius entstehen Weibchen, wenn es kühler ist, schlüpfen Männchen aus den Eiern.

Doppelt so viele Schildkrötennester in Italien: Das ist der Grund

Umweltschützer haben landesweit so viele Schildkrötennester wie noch nie bis Anfang August registriert. Von der Insel Lampedusa südlich von Italien bis Venetien in Norditalien haben die Aktivisten von Legambiente seit Sommerbeginn mindestens 293 Nester der Schildkrötenart Caretta caretta (Unechte Karettschildkröte) entdeckt. Das sind doppelt so viele wie im vergangenen Jahr.

Ein Grund dafür sind die hohen Temperaturen der vergangenen Wochen. Aufgrund der günstigen, warmen klimatischen Bedingungen könnten die Schildkröten nun auch immer weiter im Norden Italiens Brutstätten anlegen. Die meisten davon liegen allerdings weiterhin im Süden an den Küsten der Region Kalabrien, an der italienischen Stiefelspitze und auf Sizilien. Besonders gerne legen die Schildkröten-Mütter ihre Eier an den Küstenstreifen in Cilento, in der süditalienischen Region Kampanien ab. Dort gibt es einen Nationalpark. Legambiente begrüßt das Umdenken in vielen Gegenden Italiens.

Ein Meeresschildkröten-Baby krabbelt durch das seichte Wasser.
Ein Meeresschildkröten-Baby krabbelt durch das seichte Wasser. © Richard Ellis/ZUMA Press Wire/dpa

Italien: 500 Strände wurden schildkrötenfreundlicher gemacht

Ungefähr 500 Badeanstalten an Stränden wurden schildkrötenfreundlicher gemacht, zum Beispiel in der Toskana oder im beliebten Badeort Jesolo an der nördlichen Adria. Die Betreiber reinigen beispielsweise die Strände händisch statt mit schwerem Gerät und sorgen für weniger Lärm und Licht in der Nacht. Das Schlüpfen der jungen Schildkröten haben einige Tierschützer in Süditalien bereits in den vergangenen Jahren erlebt.

Noch nie haben die Tiere so weit nördlich ihre Eier gelegt

Instinktiv laufen die kleinen Schildkröten vom Nest auf das Meer zu. Wer das Wasser erreicht, wird schnell von den Wellen der See aufgenommen. Bei den Jungtieren bricht dann eine wahre Schwimm-Wut aus und sie paddeln über mehrere Tage und Hunderte von Kilometern in das Mittelmeer hinein, um in tiefere Gewässer zu gelangen.

Im Sommer 2021 sind auf einem Strand in Jesolo bei Venetien erstmals neun Schildkröten aus den Eiern geschlüpft. Dass Schildkröten in Jesolo aus den Eiern schlüpfen, ist präzedenzlos. Noch nie haben Meeresschildkröten so weit nördlich Eier gelegt. Das galt als das am weitesten nördliche Schildkrötennest der Welt.