Madrid. Lotto und der „Gordo“ gehören in Spanien zu Weihnachten dazu. Mit diesen Tricks versuchen Spieler, die richtige Losnummer zu ermitteln.

Die Künstliche Intelligenz (KI) dringt immer weiter vor. Sogar manche Lottospieler versuchen inzwischen, die Gewinnzahlen mit der Hilfe des Algorithmus vorauszusagen. Bei Spaniens weltberühmter Weihnachtslotterie hat dies gerade eine gigantische Hysterie ausgelöst. Angefangen hat alles mit der Vorhersage einer spanischen Zeitung – und der KI-Anwendung ChatGPT.

Die Zeitung hatte angekündigt, dass der Hauptgewinn „El Gordo“ – auf Deutsch: „der Dicke“ – laut ChatGPT in diesem Jahr auf die Losnummern 02695 oder 03695 fallen könnte. Die Folge: Hunderte von Glücksrittern stürmten die Lottogeschäfte. Doch die Medienmeldung war eine Ente, denn auch die KI kann weder in die Zukunft schauen noch die Gewinnzahlen für eine Lotterie prognostizieren.

„Es tut mir leid, aber ich vermag keine zukünftigen Ereignisse vorhersagen und auch keine Lotterieergebnisse“, antwortet der Chatbot auf die Frage nach den möglichen Gewinnnummern des spanischen Weihnachtslottos. Dann folgt noch der nüchterne Ratschlag: „Wenn du an der Lotterie teilnehmen möchtest, empfehle ich, ein Los zu erwerben und auf dein Glück zu hoffen. Viel Erfolg!“

Lotto in Spanien: So viel kostet ein Lottoschein

Die KI kann dem Glück also nicht nachhelfen. Den Lotto-Hype konnte diese Tatsache allerdings nicht stoppen: „Es war der Wahnsinn“, berichtet Susana Irles, die in der Mittelmeerstadt Elche eine Lottoverkaufsstelle hat. „Alle wollten diese Losnummern haben.“ Schlangen bildeten sich vor dem Geschäft, das Telefon lief heiß. In wenigen Stunden waren die Loszettel mit den angeblichen Gewinnzahlen ausverkauft. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Viele jener, die leer ausgingen, fragten verzweifelt, ob man nicht noch mehr Nummernlose drucken könnte – dabei ist das nicht erlaubt. Jede der fünfstelligen Losnummern in Spaniens Weihnachtslotterie wird dieses Jahr genau 1850 Mal als Zehntellos (auf Spanisch: décimo) ausgegeben. Der Losschein kostet in den offiziellen Verkaufsstellen 20 Euro, im internationalen Internethandel oft deutlich mehr. Die Ausgabe lohnt sich im Falle eines Gewinns.

Denn sollte die Hauptprämie auf die gekaufte Losnummer fallen, gewinnt jeder Lottoschein 400.000 Euro. So lautet zumindest das Werbeversprechen. In Wirklichkeit wird den Glückspilzen aber erheblich weniger Geld ausgezahlt: 328.000 Euro, weil der spanische Fiskus auf alle Lottogewinne über 40.000 Euro eine 20-prozentige Glückssteuer erhebt. Dennoch gehört Spaniens Gordo-Lotterie zu den größten und populärsten Weihnachtsziehungen der Welt und zieht Glücksspieler aus ganz Europa über den Onlinehandel an. Das liegt vor allem an zwei Dingen.

Spanien: Weihnachtslotterie ist in ganz Europa beliebt – aus diesen Gründen

Zum einen ist die mathematische Wahrscheinlichkeit, mit der Hauptprämie bedacht zu werden, beim Gordo größer als bei vielen anderen Lotterien. Insgesamt gibt es 100.000 Losnummern von 00000 bis 99999. Die rechnerische Gewinnchance liegt also theoretisch bei 1 zu 100.000.

Zudem wirbt Spaniens staatliche Lottogesellschaft mit astronomischen Prämiensummen, die das Geschäft ankurbeln. So werden dieses Jahr laut offiziellen Angaben üppige 2,59 Milliarden Euro an Prämien ausgeschüttet. Allein auf den Gordo, den Haupttreffer, kommen insgesamt 740 Millionen Ausschüttungsgelder.

Das ist zwar faktisch richtig und klingt verführerisch. Allerdings macht die spanischen Weihnachtslotterie ihre Gewinner wegen der großen Stückelung der prämierten Losnummern nur im Ausnahmefall zu Millionären. Das hält die Teilnehmer aber nicht davon ab, ihrem Glück mit speziellen Tricks auf die Sprünge zu helfen.

Ein Mann trägt Anzug und Hut – mit aufgedruckten Lottoscheinen.
Ein Mann trägt Anzug und Hut – mit aufgedruckten Lottoscheinen. © Paul White/AP/dpa | Unbekannt

Lotto: Diese besonderen Losnummern sind in Spanien bereits ausverkauft

Viele der Lottospieler halten etwa nach Losnummern Ausschau, in denen sich ihre Geburtsdaten oder Hochzeitstage spiegeln. Auch historische Ereignisse dienen als Inspiration. Populär dürfte dieses Jahr etwa der 31. Oktober sein, an dem Spaniens 18-jährige Thronfolgerin Leonor ihren Verfassungseid ablegte und schwor, „Spanien und allen Spaniern zu dienen“. Die passende Loszahl dafür; 03110.

Auch Wahrsager sollen bei der Suche nach der Glückszahl helfen. Einer von ihnen heißt David Hernando. Er versicherte in den sozialen Netzwerken, dass ihm die Nummer 73920 erschienen sei. „Ich habe die Gewinnnummer in einem Traum gesehen“, versicherte er. Auch diese Losnummer war in kurzer Zeit in ganz Spanien ausverkauft. Kein Wunder also, dass auch ChatGPT in diesem Jahr als Lotto-Orakel herhalten musste.

Die Fachleute bei Spaniens staatlicher Lottogesellschaft dürften schon viele Geschichten darüber gehört haben, wie Menschen mit Aberglauben, himmlischer Hilfe oder mathematischen Formeln versucht haben, das Schicksal zu überlisten. Deswegen dürfte auch in der Lottozentrale in Madrid niemand darüber überrascht sein, dass nun auch die KI bemüht wird – wenn auch ohne Erfolg. Zum Glück: „Wenn die KI die Gewinnzahlen voraussagen könnte, wäre dies das Ende der Lotterie“, sagt ein Sprecher.

  • Lesen Sie auch:Lotto: Diese neuen Regeln verringern die Gewinnchance massiv

Lotto in Spanien: Schüler verkünden Gewinner aus speziellem Grund

Bei Spaniens Weihnachtslotterie bleiben die Gewinnzahlen also weiterhin in der Hand der Schicksalsgöttin Fortuna. Sie allein entscheidet, welche der 100.000 Losnummern auf den Kugeln in der riesigen Trommel den Gordo gewinnt. Nur eine kleine Gruppe aus Glücksbringern könnte den Lottospielern am Ende doch noch helfen.

Jedes Jahr agieren die Schülerinnen und Schüler der traditionsreichen Madrider Schule San Ildefonso, einem früheren Waisenhaus, als kleine Unterstützer. Die Schulkinder verkünden am 22. Dezember, zwei Tage vor Heiligabend, in einer Lotto-TV-Show singend die Gewinnzahlen. Auch wenn sie dabei wahrscheinlich ähnlich wenig vorhersagen können wie ChatGPT – sie klingen zumindest freundlicher.